Feuer und Glas - Der Pakt
zum Schweigen zu brin-gen.
Weitaus größere Sorge bereitete ihm, dass seine Hände noch immer bebten, als er die Tür schon eine ganze Weile hinter sich geschlossen hatte. Vielleicht würden sie ja zur Ruhe finden, wenn all das, was er für sein Werk brauchte, erst einmal in voller Pracht vor ihm bereitlag.
Salvatore öffnete den Beutel und entnahm ihm Feuerstein, eine halbierte Markasitkugel, Zunder und ein paar trockene Zweiglein.
Wo in der Taverne sollte er das Glutnest bereiten?
Die Entscheidung fiel ihm nicht leicht, denn hinter den groben Aromen von Zwiebeln und Asche glaubte er plötzlich Savinias feinen Duft auszumachen. Im Traum war sie letzte Nacht in seinen Armen gelegen, hatte gelacht und sich von ihm küssen lassen – bis sie sich plötzlich in eine gelbliche Schlange verwandelt hatte, die er schreiend abgeschüttelt hatte, bevor sie zubeißen konnte.
Mit bleiernen Beinen ging er in den Gastraum. Der Anblick der leeren Tische und Bänke stimmte ihn noch trübsinniger. Wie oft hatte er hier gesessen und durch die Tür gespäht, um einen Blick von ihr zu erhaschen!
An jenem Tisch hatte er seine Pläne gesponnen, von einer goldenen Zukunft an Savinias Seite, die ihn endlich die Unbilden der Vergangenheit vergessen machen wollte!
Er hatte doch alles versucht. Ihre Schuld, dass sie ihn schnöde zurückgewiesen hatte.
Er schüttelte sich.
Diese hinterlistige Hexe Milla musste ihm bei ihrer Begegnung unbemerkt ein Gift eingeträufelt haben, das nun in seinen Adern kreiste.
Warum sonst konnte er auf einmal nicht mehr klar sehen?
An den groben Wänden schienen seltsame Schatten zu tanzen, die ihn narrten, denn sobald er näher kam, lösten sie sich auf, formierten sich aber neu, wenn er sich ein Stück entfernt hatte. Seine Hand fuhr über sein Gesicht, wieder und wieder. Doch was wie ein feines Spinnennetz auf ihm lag, ließ sich nicht wegwischen.
Er durfte sich trotz allem nicht verwirren lassen. Zu viel stand für ihn auf dem Spiel.
Taumelnd kehrte Salvatore in die Küche zurück, schlug Feuerstein und Markasit aneinander, bis die Funken flogen, die er auf den darunter ausgebreiteten Zunder regnen ließ.
Feuer flammte auf.
In diesem Augenblick liebte er es, auch wenn er es ein Leben lang gefürchtet hatte.
Er griff in sein Wams. Der Beutel mit dem Schwarzpulver wog schwer in seiner Hand. Rund ein Zehntel davon verteilte Salvatore auf einen Teller. Zunächst zögerte er, trat ein Stück zurück, um die Menge zu begutachten, schüttete schließlich aber noch einen ordentlichen Nachschlag dazu. Es gab keinen Grund zu sparen, denn die restlichen Schwarzpulvervorräte hatten seit dem Diebstahl seine Wamstaschen nie mehr verlassen.
Dann holte er die präparierte Lunte aus dem Beutel, die er besonders lang gelassen hatte, um sich gefahrlos in Sicherheit zu bringen. Der alte Pino hatte ihm das Wichtigste darüber verraten, eine ganze Weile vor dem Vorfall mit den Pechfässern, ein törichter, in die Jahre gekommener Angeber, der mit seinem Wissen vor ihm geprahlt hatte.
Fast zärtlich drapierte er sie nun auf dem Schwarzpulver.
Sobald sie brannte, würde sie stechenden Gestank verbreiten. Salvatore konnte es kaum erwarten, ihn endlich in der Nase zu haben.
Aus der hintersten Ecke drang plötzlich tiefes Grollen.
Salvatores Nackenhaare stellten sich auf. Hatte ihn jemand bei seinem Treiben beobachtet? Oder waren ihm die Schatten vom Gastraum bis in die Küche gefolgt?
Er nahm all seinen Mut zusammen und trat die Kiste beiseite.
Ein grauer Kater schoss heraus, das Nackenfell gesträubt, der Schwanz peitschend.
»Gefällt dir mein Feuer ebenso gut wie mir?«, rief Salvatore. Sein Lachen klang schrill vor Erleichterung. »Warte, mein Kleiner, bald wird es noch viel munterer züngeln!«
Das Tier stieß einen dumpfen, klagenden Ton aus, wie er es noch nie zuvor gehört hatte. Dann war der Kater mit einem geschmeidigen Satz auf das Fensterbrett gesprungen.
Salvatores Stirn glühte wie im Fieber, und seine Kehle war so trocken, dass ein ganzes Wasserfass nötig gewesen wäre, um diesen Brand zu löschen.
»Jetzt«, flüsterte er. »Jetzt! Schau ganz genau her. Denn wenn du zu ihnen gehörst, sollst du auch schön brennen …«
In panischer Angst traktierten die scharfen Krallen des Katers den Fensterspalt. Zusätzlich kam der kleine Kopf zum Einsatz, stieß und schubste, bis sich die Lücke genügend verbreitert hatte.
Mit einem Satz sprang der Kater hinaus.
Der Luftzug, der in die Küche
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