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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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drückte mich gegen die Wand und bemühte mich, über den Lärm meines wild pochenden Herzens hinweg etwas zu hören. Schließlich schlich ich vorsichtig zur Tür. Bei jedem Schritt ließ ich den einen Fuß sinken, verlagerte allmählich das Gewicht, hielt dann inne und tastete mit bloßen Zehen nach der nächsten Ritze zwischen den Brettern, ehe ich den anderen Fuß auf den Boden setzte.
    Als ich bei der Tür war, blieb ich stehen, das Ohr gegen die dünne Füllung gelegt. Ich meinte leise Geräusche zu hören, war aber nicht sicher. Kam es von unten, oder atmete da jemand auf der anderen Seite der Tür?
    Schließlich hatte ich genug von diesem Unfug, packte den Kerzenhalter fester, riß die Tür auf und stürzte auf den Flur.
    Ich stürzte im wahrsten Sinn des Wortes - nach zwei Schritten stolperte ich über etwas, fiel mit dem Gesicht voran zu Boden und schlug mir den Kopf an etwas ziemlich Hartem an.
    Ich setzte mich auf, preßte beide Hände an die Schläfen und kümmerte mich nicht darum, daß ich jeden Moment ermordet werden konnte.
    Die Person, über die ich gefallen war, fluchte gedämpft. Durch den Nebel von Schmerz wurde mir bewußt, daß der Mann (für einen solchen hielt ich ihn aufgrund seiner Größe und seines Schweißgeruchs) aufgestanden war und nach den Riegeln des nächsten Fensterladens tastete.
    Plötzlich wehte ein Schwall frischer Luft herein. Ich zuckte zusammen und schloß die Augen. Als ich sie wieder öffnete, konnte ich den Störenfried im Licht der Sterne sehen.
    »Was machst du denn hier?« fragte ich anklagend.
    Gleichzeitig erkundigte sich Jamie, ähnlich anklagend: »Wieviel wiegst du, Sassenach?«

    Immer noch ein bißchen benebelt, antwortete ich »Hundertzwanzig Pfund«, bevor ich daran dachte, »Warum?« zu fragen.
    »Du hast mir fast die Leber zerquetscht«, antwortete Jamie, zaghaft das betroffene Gebiet befühlend.
    »Außerdem hast du mich höllisch erschreckt.« Er reichte mir die Hand und zog mich auf die Beine. »Bist du in Ordnung?«
    »Nein, ich habe mir den Kopf angestoßen.« Ich rieb mir die fragliche Stelle und schaute mich benommen auf dem leeren Flur um. »Aber woran wohl?«
    »An meinem Kopf«, erwiderte Jamie brummig.
    »Geschieht dir recht«, sagte ich boshaft. »Was schleichst du auch vor meiner Tür herum?«
    Jamie betrachtete mich unwirsch.
    »Von Herumschleichen kann keine Rede sein. Ich habe geschlafen - oder es wenigstens versucht.« Er rieb an dem, was eine Beule an seiner Schläfe zu werden versprach.
    »Du hast hier geschlafen?« Ich blickte verblüfft den kahlen Flur entlang. »Du suchst dir wirklich die merkwürdigsten Plätze für die Nacht aus. Erst einen Stall und jetzt das…
    »Vielleicht interessiert es dich, daß sich in der Schankstube eine kleine Gruppe von englischen Dragonern aufhält«, sagte Jamie kühl. »Sie haben etwas zuviel getrunken und vergnügen sich ein bißchen grob mit Frauen aus dem Ort. Da es nur zwei sind, die Männer aber zu fünft, schienen einige geneigt, sich nach oben zu begeben und weitere … äh, Gespielinnen zu suchen. Ich nahm an, daß du auf solche Aufmerksamkeiten gerne verzichten würdest.« Jamie wandte sich in Richtung Treppe.
    »Wenn ich mich getäuscht habe, so bitte ich dich um Verzeihung. Ich hatte nicht die Absicht, dich zu stören. Gute Nacht.«
    »Warte einen Moment.« Jamie blieb stehen, wandte sich jedoch nicht um, so daß ich um ihn herumlaufen mußte. Er blickte höflich, aber distanziert auf mich herab.
    »Danke«, sagte ich. »Das war sehr freundlich von dir. Es tut mir leid, daß ich auf dich getreten bin.«
    Da lächelte Jamie, und in sein Gesicht trat wieder der gewohnte Ausdruck guter Laune.
    »Es ist kein Schaden entstanden, Sassenach«, sagte er. »Wenn die Kopfschmerzen verschwunden und die gebrochenen Rippen verheilt sind, werde ich wieder ganz der alte sein.«

    Er drehte sich um und stieß die Tür zu meiner Kammer auf, die durch meinen überhasteten Abgang zugefallen war, weil der Baumeister des Gasthofes anscheinend ohne Senkblei gearbeitet hatte. Es gab in dem ganzen Gebäude keinen einzigen rechten Winkel.
    »Leg dich wieder ins Bett«, schlug Jamie vor. »Ich bleibe hier.«
    Ich schaute mir den Boden an. Die Eichendielen waren nicht nur hart und kalt, sondern auch übersät mit Flecken, die von Verschüttetem und sonstigem Unrat, über den ich nicht einmal nachdenken mochte, herrührten. Geputzt hatte man hier lange nicht mehr.
    »Draußen kannst du nicht schlafen«, sagte ich.

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