Feuer Und Stein
abgebissen.
»Und darf ich fragen, woher Sie das wissen wollen?« erkundigte er sich.
»Äh - Ihre Stimme. Ja, Ihr Akzent«, sagte ich hastig. »Eindeutig aus Sussex.«
Randalls schöngeschwungene dunkle Brauen berührten nun fast die Locken seiner Perücke.
»Weder meine Hauslehrer noch meine Eltern wären sonderlich entzückt zu hören, daß meine Sprache meinen Geburtsort verrät, Madam«, sagte er trocken. »Aber da Sie sich so gut auf unsere Dialekte verstehen …« - Randall wandte sich dem Mann zu, der an der Wand lehnte -, »können Sie zweifellos auch ergründen, woher mein Korporal stammt. Korporal Hawkins, wären Sie so freundlich, etwas zu rezitieren? Ganz nach Ihrem Belieben«, fügte er hinzu, da er die Verwirrung in der Miene seines Untergebenen sah. »Ein paar volkstümliche Verse vielleicht?«
Der Korporal, ein junger Mann mit einem dummen, fleischigen Gesicht und breiten Schultern, blickte auf der Suche nach einer Eingebung wild im Raum herum. Dann richtete er sich auf und hub an:
»Die dralle Meg, sie wusch meine Kleider
Und stiebitzte sie leider.
Als ich lange gewartet mit bloßen Füßen,
Mußte sie’s büßen.«
»Äh, das genügt, Korporal. Ich danke Ihnen.« Randall entließ den Korporal mit einem Winken, woraufhin dieser sich schwitzend gegen die Wand sinken ließ.
»Nun?« Randall wandte sich mir fragend zu.
»Äh - Cheshire«, riet ich.
»Fast. Lancashire.« Randall betrachtete mich scharf. Er trat ans Fenster und spähte hinaus. Wollte er sehen, ob Dougal seine Meute mitgebracht hatte?
Plötzlich wirbelte er herum und herrschte mich an: » Parlez-vous français? «
» Très bien «, antwortete ich prompt. »Warum?«
Randall legte den Kopf schief und musterte mich.
»Ich will verwünscht sein, wenn ich glaube, daß Sie Französin sind«, sagte er. »Die Französin, die Engländer nach ihren Dialekten auseinanderhalten kann, muß erst noch geboren werden.«
Randalls vollendet manikürte Finger trommelten auf die Tischplatte. »Wie lautet Ihr Mädchenname, Mrs. Beauchamp?«
»Hören Sie, Hauptmann«, sagte ich und lächelte so charmant, wie ich nur konnte, »unser Frage- und Antwortspiel ist sicher unterhaltsam, aber ich würde es doch gerne abschließen und Vorkehrungen für die Fortsetzung meiner Reise treffen. Ich bin schon längere Zeit aufgehalten worden und -«
»Mit Ihrer Leichtfertigkeit erweisen Sie Ihrer Sache keinen guten Dienst, Madam«, unterbrach mich Randall mit zusammengekniffenen Augen. Ich hatte das oft bei Frank beobachtet, wenn er über etwas verstimmt war, und meine Knie wurden ein bißchen weich. Ich legte, um mich zu wappnen, die Hände energisch auf die Schenkel.
»Es gibt keine Sache, der ich einen Dienst erweisen müßte«, sagte ich dreist. »Ich stelle keine Forderungen an Sie, die Garnison oder die MacKenzies. Ich möchte lediglich in Frieden meine Reise fortsetzen. Und ich sehe keinen Grund, warum Sie etwas dagegen haben sollten.«
Randall funkelte mich an. »Nein? Bedenken Sie einen Augenblick meine Position, Madam, dann werden Ihnen meine Einwände vielleicht ein wenig klarer. Vor einem Monat setzte ich mit meinen Leuten einer Bande unbekannter schottischer Diebe nach, die mit einer kleinen Rinderherde von einem Gut nahe der Grenze das Weite suchten, als -«
» Das haben Sie also getan!« rief ich. »Ich habe mich bereits gefragt, worum es ging.«
Hauptmann Randall atmete schwer; dann entschied er sich offenbar dafür, nicht zu sagen, was ihm auf der Zunge lag, und fuhr mit seiner Geschichte fort:
»Im Laufe dieser Verfolgungsjagd begegne ich einer halbbekleideten Engländerin - an einem Ort, wo sich kein Frauenzimmer aufhalten sollte, nicht einmal in Begleitung -, die sich gegen meine Fragen sträubt, mich angreift…«
»Erst haben Sie mich angegriffen!« sagte ich hitzig.
»… und dann flieht, gewiß nicht ohne Beihilfe, nachdem ihr Komplize mich hinterhältig bewußtlos geschlagen hat. Meine Leute und ich haben das Gebiet aufs gründlichste durchsucht, Madam, und ich versichere Ihnen, es fand sich keine Spur von Ihrem ermordeten Diener, Ihrem geplünderten Gepäck und Ihrem abgelegten Gewand - kurz, es gab kein Zeichen dafür, daß an Ihrer Geschichte auch nur ein Körnchen Wahrheit ist!«
»Ach?« sagte ich matt.
»Ja. Ferner sind in diesem Gebiet innerhalb der letzten vier Monate keine Straßenräuber gesichtet worden. Und jetzt , Madam, erscheinen Sie in Gesellschaft des, sagen wir, Kriegsministers der MacKenzies, und
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