Feuer Und Stein
die Stirn.
»Sie haben keine Vermögenswerte in Frankreich, oder?« fragte er und blickte mich besorgt über den Kneifer hinweg an.
Ich schüttelte den Kopf, und er atmete hörbar auf. »Dann müssen Sie nur noch hier unten unterschreiben. Anschließend leisten Dougal und Rupert ihre Unterschrift als Zeugen.«
Der Advokat stellte das Tintenfaß auf den Tisch, das er mitgebracht hatte, zog den Gänsekiel aus seiner Tasche und hielt ihn mir feierlich entgegen.
»Was soll das?« erkundigte ich mich. Es war eine rein rhetorische Frage, denn auf der ersten Seite stand in Schönschrift klar und deutlich: EHEVERTRAG.
Dougal unterdrückte einen ungeduldigen Seufzer.
»Sie wissen recht gut, was das soll«, sagte er knapp. »Und wenn Sie keine andere Idee haben, wie Sie Randall entkommen können, dann werden Sie unterschreiben. Wir haben nicht viel Zeit.«
An Ideen mangelte es mir sehr, obwohl ich mir eine Stunde lang den Kopf zermartert hatte. Es schien, als sei diese Posse meine einzige Wahl.
»Aber ich möchte nicht heiraten!« sagte ich störrisch. »Und Jamie vielleicht auch nicht! Wie ist es damit?«
Dougal tat dies als unwichtig ab.
»Jamie ist Soldat«, sagte er, »er wird tun, was ich ihm befehle. Und Sie ebenso, es sei denn, ein englischer Kerker ist Ihnen lieber.«
Ich funkelte Dougal an.
»Ich möchte mit ihm reden«, sagte ich. Dougal hob die Augenbrauen.
»Mit Jamie? Warum?«
» Warum? Weil Sie mich zwingen, ihn zu heiraten - und soweit ich das überblicken kann, haben Sie es ihm noch nicht einmal gesagt!«
Für Dougal war das offenbar unerheblich, doch er gab schließlich nach und ging, begleitet von Ned Gowan und Rupert, um Jamie aus dem Schankraum zu holen.
Kurz darauf erschien Jamie. Allein. Er machte verständlicherweise einen verwirrten Eindruck.
»Dougal möchte, daß wir heiraten. Hast du das gewußt?« fragte ich.
Jamies Gesicht hellte sich auf. »Aye. Das habe ich gewußt.«
»Aber«, fuhr ich fort, »ein junger Mann wie du wird doch sicher - äh, ich meine, gibt es keine andere, für die du dich interessierst?« Jamie stutzte einen Moment, dann schien er zu begreifen.
»Oh, du meinst, ob ich jemandem versprochen bin? Nein, ich habe einem Mädchen nicht viel zu bieten.« Er beeilte sich weiterzusprechen, als hätte er das Gefühl, seine Worte klängen verletzend. »Das heißt, ich habe kein nennenswertes Vermögen und zum Leben nicht mehr als den Sold eines Soldaten.«
Jamie rieb sich das Kinn und betrachtete mich zweifelnd. »Und dann ist da noch die Sache mit dem Kopfgeld. Kein Vater möchte, daß seine Tochter einen Mann heiratet, der jederzeit festgenommen und gehenkt werden kann. Hast du daran gedacht?«
Ich winkte verächtlich ab, um Jamie zu zeigen, daß ich dies im Vergleich zu der ganzen monströsen Idee für eine Bagatelle hielt. Ein letzter Versuch blieb mir.
»Stört es dich, daß ich nicht mehr - äh, unschuldig bin?« Jamie zögerte einen Moment, ehe er antwortete.
»Nein«, sagte er bedächtig. »Wenn es dich nicht stört, daß ich es noch bin…« Er grinste über meinen Gesichtsausdruck - der Mund stand mir weit offen - und machte sich auf den Weg zur Tür.
»Ich denke, einer von uns sollte wissen, was wir tun«, meinte er. Die Tür schloß sich leise hinter ihm; damit war die Brautwerbung wohl beendet.
Als die Papiere unterzeichnet waren, stieg ich behutsam die
steile Treppe zur Wirtsstube hinunter und ging geradewegs zum Schanktisch.
»Whisky«, sagte ich zu dem faltigen Alten dahinter. Er schaute mich mit seinen wäßrigen Augen strafend an, doch ein Nicken von Dougal bewog ihn dazu, mir eine Flasche und ein Glas zu geben.
Das Zeug brannte in der Kehle, aber bald empfand ich eine gewisse, wenn auch unechte Gelassenheit. Meine Umgebung begann mir gleichgültig zu werden, gleichzeitig nahm ich jedes Detail mit besonderer Intensität wahr; das kleine bunte Glasfenster über dem Tresen, durch das das Licht farbige Schatten auf den rüpelhaften Wirt warf; den Griff eines Schöpflöffels aus Kupfer, der neben mir an der Wand hing; die grünschillernde Fliege, die sich am Rande einer klebrigen Pfütze auf dem Tisch abmühte. Mitfühlend schob ich sie aus der Gefahrenzone.
Dann gewahrte ich die erhobenen Stimmen hinter der verschlossenen Tür auf der anderen Seite des Raumes. Dougal war dort verschwunden, vermutlich, um sich mit der zweiten Vertragspartei abzusprechen. Es freute mich zu hören, daß mein zukünftiger Mann jetzt Radau schlug, obwohl er es zuvor
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