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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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»Wohin gehen wir, um alles in der Welt?«
    Zu meiner erheblichen Verwunderung fuhr er mit verzerrtem Gesicht zu mir herum und stieß mich vom Pfad. Als ich den Mund öffnete, um zu protestieren, hielt er ihn mir zu, drückte mich auf die Erde und warf sich auf mich.
    Nicht schon wieder! dachte ich und versuchte verzweifelt, den Mann abzuschütteln. Dann hörte ich, was er gehört hatte, und lag still. Stimmen riefen hin und wider, begleitet von Geplatsche und Getrampel. Englische Stimmen, kein Zweifel. Ich kämpfte erbittert, um freizukommen. Ich schlug meine Zähne in die Hand des Mannes und hatte noch Zeit festzustellen, daß er Salzhering mit den Fingern gegessen hatte; dann traf mich etwas am Hinterkopf, und mir wurde schwarz vor Augen.
     
    Die gemauerte Kate ragte plötzlich aus dem Abendnebel auf. Die Fensterläden waren fest verriegelt, und man sah nicht mehr als
einen dünnen Streifen Licht. Da ich keine Ahnung hatte, wie lange ich ohnmächtig gewesen war, wußte ich auch nicht, wie weit dieser Ort vom Craigh na Dun und von Inverness entfernt war. Wir saßen zu Pferd, ich vor meinem Häscher, und meine Hände waren an den Sattelknauf gebunden. Da es keine Straße gab, kamen wir nur langsam vorwärts.
    Ich nahm an, daß ich nur kurz weggetreten war; außer einer kleinen Beule hatte der Schlag auf den Schädel keine nachteiligen Wirkungen gezeitigt. Mein Häscher, ein wortkarger Bursche, hatte auf all meine Fragen, Forderungen und beißenden Kommentare mit einem schottischen Allzwecklaut geantwortet, der sich phonetisch am besten mit »Mmmpf« wiedergeben läßt. Hätte ich Zweifel an seiner Nationalität gehabt, dieser Laut hätte genügt, sie zu zerstreuen.
    Meine Augen hatten sich, während das Pferd durchs steinige Gelände stolperte, allmählich an das Zwielicht gewöhnt, und so war es ein Schock, plötzlich in einen Raum zu treten, der von gleißender Helligkeit erfüllt schien. Der Schein trügte jedoch - der Raum wurde tatsächlich nur von einem Kaminfeuer, mehreren Kerzen und einer gefährlich altmodischen Öllampe erleuchtet.
    »Was hast du da, Murtagh?«
    Der Mann mit dem Frettchengesicht faßte meinen Arm und drängte mich in den Feuerschein.
    »Ein englisches Frauenzimmer; wenn man danach geht, wie sie redet, Dougal.« Es waren mehrere Männer im Raum, und alle starrten mich an, einige neugierig, andere unverkennbar lüstern. Mein Kleid war im Laufe des Nachmittags an einigen Stellen aufgerissen, und ich überprüfte hastig den Schaden. Als ich an mir hinabschaute, sah ich durch einen Riß ganz deutlich die Rundung einer Brust, und ich war mir sicher, daß die Männer es auch sahen. Wenn ich versuchte, die zerfransten Ecken zusammenzuraffen, würde ich nur noch mehr Aufmerksamkeit darauf lenken; und so schnitt ich einem der Männer aufs Geratewohl eine Grimasse und hoffte, dadurch entweder ihn oder mich auf andere Gedanken zu bringen.
    »Ob Engländerin oder nicht, hübsch ist sie«, sagte der Mann, der am Feuer saß, einer von der dicken, schmierigen Sorte. Er hielt ein großes Stück Brot in der Hand und legte es nicht weg, als er sich erhob und zu mir herüberkam. Er drückte mein Kinn hoch
und wischte mir die Haare aus dem Gesicht. Ein paar Brotkrumen fielen in meinen Ausschnitt. Die anderen Männer drängten sich um mich, eine formlose Masse aus Plaids und Bärten, die streng nach Schweiß und Alkohol roch. Erst jetzt fiel mir auf, daß sie alle Kilts trugen - merkwürdig selbst für diesen Teil der Highlands. Handelte es sich hier um das Jahrestreffen eines Clans oder um eine Wiedersehensfeier alter Kameraden?
    »Komm her, Mädel.« Ein hochgewachsener Mann mit dunklem Bart, der an dem Tisch beim Fenster saß, winkte mich herbei. Seinem herrschaftlichen Gebaren nach zu schließen, schien er der Anführer dieser Horde zu sein. Die anderen machten widerwillig den Weg frei, als Murtagh mich vorwärtszog.
    Der dunkle Mann betrachtete mich gründlich und mit ausdrucksloser Miene. Er sah gut und nicht unfreundlich aus. Doch zwischen seinen Brauen waren Falten der Anspannung eingegraben, und er wirkte wie jemand, dem man besser nicht in die Quere kam.
    »Wie heißen Sie, Mädel?« Die Stimme war ziemlich hell für einen Mann seiner Größe, nicht der tiefe Baß, den ich angesichts seiner breiten Brust erwartet hätte.
    »Claire«, sagte ich und entschied mich dafür, meinen Mädchennamen zu gebrauchen. »Claire Beauchamp.« Wenn die Burschen auf Lösegeld aus waren, wollte ich ihnen nicht

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