Feuer Und Stein
Mannes behutsam fort. Ein anderer zog dessen Plaid beiseite; darunter kam ein dreckverschmiertes, blutbeflecktes Leinenhemd zum Vorschein. Ein kleiner Bursche mit buschigem Schnurrbart trat mit einem Messer hinter den Jungen, faßte den Kragen des Hemdes und schlitzte Brust und Ärmel auf, so daß es von der Schulter herabsank.
Ich keuchte, wie mehrere Männer auch. Die Schulter war verletzt; eine tiefe, schartige Schramme verlief oben, und Blut rann in stetigem Strom über die Brust des jungen Mannes. Noch schockierender wirkte das Schultergelenk. Hier erhob sich ein furchtbarer Höcker, und der Arm hing in unmöglichem Winkel herunter.
»Mmmpf«, knurrte Dougal. »Ausgerenkt. Armer Kerl.« Der junge Mann blickte zum ersten Mal auf. Er hatte ein markantes, freundliches Gesicht, so schmerzverzerrt und stoppelig es im Moment auch war.
»Als mich die Musketenkugel aus dem Sattel gehoben hat, bin ich mit ausgestreckter Hand gefallen«, sagte er. »Bin mit meinem ganzen Gewicht drauf gelandet, und da hat’s gekracht, und der Arm war draußen.«
»Ja, da hat es in der Tat gekracht.« Der Bursche mit dem Schnurrbart, ein Schotte und, dem Akzent nach zu urteilen, gebildet, betastete die Schulter, woraufhin der Junge gepeinigt das Gesicht verzog. »Die Wunde macht keine Schwierigkeit. Ein glatter Durchschuß, und sie ist sauber - blutet auch genug.« Der Mann nahm ein schmutziges Tuch und tupfte das Blut damit ab. »Ich weiß nur nicht, was wir mit dem ausgekugelten Arm machen sollen. Wir brauchen einen Wundarzt, um ihn wieder einzurenken. So kannst du nicht reiten, oder, Jamie?«
Musketenkugel? dachte ich verständnislos. Wundarzt?
Der junge Mann schüttelte den Kopf. Sein Gesicht war kalkweiß. »Tut schon furchtbar weh, wenn ich stillsitze. Nein, reiten kann ich wirklich nicht.« Er schloß die Augen und grub die Zähne in die Unterlippe.
Murtagh meldete sich ungeduldig zu Wort. »Zurücklassen können wir ihn nicht, hab ich recht? Die Rotröcke sind keine Meister, wenn es darum geht, im Dunkeln nach Spuren zu suchen, aber sie werden die Kate früher oder später finden. Und Jamie kann sich mit diesem Riesenloch in der Schulter kaum als unschuldiger Kätner ausgeben.«
»Keine Bange«, sagte Dougal knapp. »Ich habe nicht vor, ihn zurückzulassen.«
Der Mann mit dem Schnurrbart seufzte. »Dann hilft alles nichts - wir müssen versuchen, den Arm wieder einzurenken. Murtagh und Rupert, ihr haltet ihn fest, und ich probiere es.«
Mitfühlend beobachtete ich, wie er den Arm des jungen Mannes beim Handgelenk und beim Ellenbogen faßte und ihn aufwärts zu schieben begann. Der Winkel war völlig falsch; es mußte ihm rasende Schmerzen bereiten. Schweiß strömte dem jungen Mann übers Gesicht, aber außer einem leisen Stöhnen gab er keinen Laut von sich. Plötzlich sank er vornüber, und nur der eiserne Griff, mit dem die Männer ihn hielten, verhinderte, daß er zu Boden fiel.
Einer nahm den Stöpsel aus einer ledernen Feldflasche und drückte sie ihm an die Lippen. Der Dunst des hochprozentigen Alkohols zog bis zu mir herüber. Der junge Mann hustete und würgte, schluckte aber trotzdem; die bernsteingelbe Flüssigkeit tropfte auf die Überreste seines Hemdes.
»Bereit für einen zweiten Versuch, Junge?« fragte der Mann mit den schütteren Haaren. »Vielleicht sollte Rupert es jetzt probieren«,
schlug er vor und wandte sich dem dicken Grobian mit dem schwarzen Bart zu.
Rupert rieb sich geschäftig die Hände, dann packte er den Arm des jungen Mannes, offenbar in der Absicht, ihn mit Brachialgewalt einzurenken; es war klar, daß dabei Knochen splittern würden wie morsches Holz.
»Lassen Sie das!« Vergessen war jeder Gedanke an Flucht, verdrängt von der Empörung der Heilkundigen; ich trat vor, ohne die verdutzten Blicke der Männer ringsum zu beachten.
»Was soll das heißen?« blaffte der Bursche mit den schütteren Haaren, deutlich verärgert über meine Einmischung.
»Das soll heißen, daß Sie ihm den Arm brechen, wenn Sie es so machen«, blaffte ich zurück. »Gehen Sie bitte beiseite.« Ich stieß Rupert fort und griff nach dem Arm des Patienten. Er schien so überrascht wie die anderen, leistete jedoch keinen Widerstand.
»Sie müssen den Oberarmknochen in den richtigen Winkel bringen, sonst gleitet er nicht ins Schultergelenk zurück«, sagte ich keuchend, während ich das Handgelenk hinauf und den Ellbogen einwärts zog. Der junge Mann war kräftig gebaut; sein Arm war bleischwer.
»Jetzt
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