Feuer Und Stein
hatte lange Schöße, kein Revers und war mit einem Schnürverschluß versehen. Die Aufschläge waren gut fünfzehn Zentimeter breit und braungelb gefüttert, und an einer Epaulette blinkte eine goldene Tresse. Es war ein Dragonerrock, ein Offiziersrock. Dann dämmerte es mir - natürlich, das war ein Schauspieler von der Truppe, die ich auf der anderen Seite des Waldes gesehen hatte. Obwohl mir der Säbel, den er sich jetzt umband, sehr viel realistischer schien als alle Requisiten, die mir je zu Augen gekommen waren.
Ich drückte mich gegen die Rinde des Baumes hinter mir und fand sie beruhigend fest. Ich verschränkte zum Schutz meine Arme.
»Wer sind Sie, verdammt noch mal?« fragte ich erneut. Diesmal war es ein Krächzen, das selbst in meinen Ohren erschrocken klang.
Der Mann ignorierte meine Frage, als hätte er mich nicht gehört. Er ließ sich reichlich Zeit, seinen Rock zu schnüren. Erst als er damit fertig war, wandte er mir seine Aufmerksamkeit zu. Er verbeugte sich ironisch, die Hand auf dem Herzen.
»Madam, ich bin Jonathan Randall, Hauptmann des Achten Dragonerregiments Seiner Majestät, und Ihnen stets zu Diensten.«
Ich rannte los. Keuchend brach ich durch die grüne Wand aus Eichen und Erlen, achtete nicht auf Dornen und Nesseln, Steine, abgebrochene Zweige und alles, was mir im Weg lag. Ich hörte einen Ruf, doch ich war viel zu aufgelöst, um zu ergründen, aus welcher Richtung er kam.
Ich floh blindlings. Zweige zerschrammten mir Gesicht und Arme, und ich knickte mehrmals um, als ich in Löcher trat und über Steine stolperte. Ich dachte nicht nach, ich wollte nur noch weg von diesem Mann.
Dann traf mich etwas Schweres im Rücken, und ich stürzte und landete mit einem dumpfen Aufprall, der mir den Atem raubte, auf dem Boden. Grobe Hände drehten mich um, und über mir kniete Hauptmann Jonathan Randall. Er atmete schwer und hatte bei der Verfolgungsjagd seinen Säbel verloren. Er war zerzaust und beschmutzt und gründlich verärgert.
»Was, zum Teufel, haben Sie sich dabei gedacht, so einfach wegzulaufen?« fragte er herrisch. Eine dunkle Locke hing ihm in die Stirn, wodurch er Frank beunruhigenderweise noch ähnlicher sah.
Er beugte sich herab und packte mich bei den Armen. Immer noch nach Atem ringend, versuchte ich ihn abzuschütteln, aber es gelang mir nur, ihn über mich zu ziehen.
Er verlor das Gleichgewicht und fiel der Länge nach auf mich. Doch sein Ärger schien überraschenderweise zu verfliegen.
»Oh, aus der Richtung weht also der Wind?« sagte er leise lachend. »Nun, ich wäre dir nur zu gerne gefällig, Liebchen, bloß fügt es sich leider so, daß du eine recht ungünstige Zeit gewählt hast.« Mit seinem Gewicht drückte er meine Hüften zu Boden, und ein spitzer Stein bohrte sich schmerzhaft in mein Kreuz. Ich wand mich. Der Mann preßte seinen Unterleib gegen meinen, und seine Hände drückten meine Schultern nach unten. Ich öffnete entrüstet den Mund.
»Was fällt Ihnen…«, begann ich, doch er senkte den Kopf und küßte mich, meinen Protest erstickend. Seine Zunge drang in meinen Mund ein, erkundete mich mit frecher Vertraulichkeit, wanderte umher, stieß, zog sich zurück und unternahm einen neuen Ausfall. Dann ließ er so plötzlich von mir ab, wie er begonnen hatte.
Er tätschelte mir die Wange. »Sauber, Liebchen, sauber. Später vielleicht, wenn ich die Muße habe, mich dir richtig zu widmen.«
Inzwischen konnte ich wieder atmen, und ich nutzte die Gelegenheit, Randall ins Ohr zu schreien. Er zuckte zusammen, als hätte ich einen weißglühenden Draht durch sein Trommelfell gebohrt. Dann hob ich das Knie und stieß es in seine ungeschützte Flanke, was ihn, alle viere von sich gestreckt, ins Laub beförderte.
Ich rappelte mich unbeholfen auf. Er rollte sich flink vom Boden ab und kam neben mir zu stehen. Ich blickte wild in die Runde, suchte einen Ausweg, aber wir waren am Fuße eines jener hohen Granitfelsen, die in den Highlands so oft abrupt aus der Erde ragen. Randall hatte mich an einem Punkt festgenagelt, wo das Gestein eine Art Gelaß bildete. Mit ausgebreiteten Armen stand er in der Lücke und versperrte mir den Weg zum Hang. Auf seinem hübschen, dunklen Gesicht lag ein Ausdruck, der von Zorn und Neugier sprach.
»Mit wem warst du zusammen?« herrschte er mich an. »Mit diesem Frank? Ich habe keinen Mann jenes Namens in meiner Kompanie. Oder ist das einer, der irgendwo in der Nähe wohnt?« Er lächelte spöttisch. »Du riechst nicht nach
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