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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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kommt das Schlimmste«, warnte ich ihn. Ich schloß meine Hand um den Ellbogen, bereit, ihn nach oben zu schieben.
    Die Mundwinkel des jungen Mannes zuckten; beinahe hätte er gelächelt. »Viel ärger als jetzt kann’s nicht weh tun. Nur zu.« Inzwischen lief auch mir der Schweiß übers Gesicht. Einen Arm wieder einzurenken, ist selbst unter günstigsten Umständen harte Arbeit. Und bei diesem großen und breiten Mann, dessen Arm schon seit Stunden ausgekugelt war, kostete es mich alle Kraft, die ich hatte.
    Plötzlich gab die Schulter ein leises Knirschen von sich, und der Arm war wieder eingerenkt. Der Patient blickte verdattert drein. Ungläubig hob er die Hand, um seine Schulter zu betasten.
    »Es tut nicht mehr weh!« Ein Grinsen des Entzückens und der Erleichterung breitete sich über sein Gesicht, und die Männer spendeten Applaus.
    »Das kommt noch.« Ich schwitzte vor Anstrengung, war jedoch mit dem Ergebnis zufrieden. »Das Gelenk wird noch eine Weile sehr empfindlich sein. Sie dürfen es zwei, drei Tage überhaupt nicht belasten; und wenn Sie es wieder tun, dann sehr vorsichtig. Hören
Sie sofort damit auf, wenn Sie Schmerzen bekommen, und machen Sie jeden Tag warme Umschläge.«
    Der Patient lauschte respektvoll meinem Rat; die anderen Männer dagegen musterten mich mit Blicken, die erstaunt bis argwöhnisch waren.
    »Ich bin Schwester«, erklärte ich, weil ich irgendwie das Gefühl hatte, mich rechtfertigen zu müssen.
    Dougal und Rupert beäugten mich verständnislos. Dann sahen sie einander an. Schließlich blickte mir Dougal wieder ins Gesicht und zog die Augenbrauen hoch.
    »Wie dem auch sei«, sagte er. »Ob Bet- oder Bettschwester, Sie scheinen einiges Geschick im Heilen zu haben. Ist es Ihnen möglich, die Wunde des Jungen so zu versorgen, daß er zu Pferd sitzen kann?«
    »Ich kann die Wunde verbinden, ja«, erwiderte ich schroff. »Vorausgesetzt, Sie haben Verbandsmaterial. Aber was soll das mit der Bet- oder Bettschwester? Und wie kommen Sie auf die Idee, ich könnte Ihnen helfen wollen?«
    Man ignorierte mich wieder einmal; Dougal drehte sich einfach um und sprach in einer Sprache, die ich für Gälisch hielt, zu einer Frau, die in der Ecke kauerte. Da ständig Männer um mich herumstanden, hatte ich sie vorher nicht bemerkt. Sie war, fand ich, seltsam angezogen, trug einen zerlumpten Rock und eine Bluse mit langen Ärmeln, halb bedeckt von einer Art Leibchen. Alles, einschließlich ihres Gesichts, wirkte ein wenig schmuddelig. Doch als ich in die Runde blickte, stellte ich fest, daß es in der Kate nicht nur keinen Strom, sondern auch kein fließendes Wasser gab; das könnte den Dreck entschuldigen.
    Die Frau sprang hastig auf, machte einen Knicks, trippelte an Rupert und Murtagh vorbei, wühlte in einer bemalten Truhe beim Feuer herum und förderte schließlich einen Stapel verlotterter Stofffetzen zutage.
    Ich berührte die Sachen mit spitzen Fingern. »Nein, das geht nicht«, sagte ich. »Die Wunde muß erst desinfiziert und dann mit sauberem Stoff verbunden werden, wenn es hier schon keinen sterilen Mull gibt.«
    Ringsum hoben sich Brauen. »Desinfiziert?« fragte der Mann mit den schütteren Haaren. Er sprach es sehr sorgfältig aus.
    »Allerdings«, antwortete ich mit fester Stimme; ich hielt ihn
trotz seiner gebildeten Sprache für etwas einfältig. »Jeder Schmutz muß aus der Wunde entfernt werden. Und sie muß mit einer Lösung behandelt werden - das tötet Keime ab und fördert den Heilungsprozeß.«
    »Mit was für einer Lösung?«
    »Zum Beispiel mit Jod.« Da die Gesichter, die ich vor mir hatte, immer noch verständnislos dreinblickten, versuchte ich es noch einmal. »Ein anderes Antiseptikum geht auch. Karbolverdünnung meinetwegen«, schlug ich vor. »Oder sogar Alkohol.« Erleichterte Blicke. Endlich hatte ich ein Wort gefunden, das die Männer zu kennen schienen. Ich seufzte vor Ungeduld. Ich wußte, daß das Hochland primitiv war, aber das hier war fast unglaublich.
    »Hören Sie«, sagte ich so ruhig, wie ich nur konnte. »Warum bringen Sie ihn nicht einfach in die Stadt? Es kann nicht weit sein, und ich bin sicher, daß es da einen Arzt gibt, der sich um ihn kümmert.«
    Die Frau gaffte mich an. »Welche Stadt?«
    Dougal ignorierte mich erneut und ging leise zur Tür. Die Männer verstummten, als er in der Nacht verschwand.
    Kurz darauf war er wieder da. Er brachte den Mann mit den schütteren Haaren und dem kalten, durchdringenden Duft von Kiefern mit. Als er die

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