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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Richtung, »Gott weiß, warum.«
    Lady Annabelle sagte sanft: »Kommen Sie, meine Liebe. Es ist besser, wenn er noch ein bißchen allein bleibt.« Ich überließ Sir Marcus das Verbinden und ging hinter ihr die schmale Treppe hinauf zu meinem Zimmer.
     
    Ich schreckte aus einem Traum von sich endlos nach oben windenden Treppen hoch, an deren Fuß das Entsetzen lauerte. Erschöpfung zog mich zurück in die Kissen, und meine Beine schmerzten, aber ich richtete mich doch wieder auf und tastete nach der Kerze und den Zündhölzern. So weit von Jamie entfernt, fühlte ich mich unwohl. Was, wenn er mich brauchte? Und was, wenn die Engländer kämen, während er dort unten allein und unbewaffnet lag? Ich preßte mein Gesicht gegen das kalte Fenster und beruhigte mich etwas, als ich sah, daß der Schnee noch immer vom Wind gegen die Scheiben getrieben wurde. Solange der Sturm andauerte, waren wir einigermaßen sicher. Ich zog mir einen Morgenmantel über, nahm die Kerze und meinen Dolch in die Hand und ging zur Treppe.
    Im Haus war es still, abgesehen vom Knistern des Feuers. Jamie schlief oder hatte zumindest die Augen geschlossen. Ich setzte mich leise auf den Teppich vor dem Kamin, um ihn nicht zu wecken. Seit jener verzweifelten Begegnung im Verlies des Wentworth-Gefängnisses waren wir jetzt zum ersten Mal allein. Ich hatte das Gefühl, als wären seitdem Jahre vergangen. Ich musterte Jamie wie einen Fremden.

    Es schien ihm körperlich nicht allzuschlecht zu gehen, wenn man die Umstände in Betracht zog, aber dennoch machte ich mir Sorgen. Mit all dem Whisky, den er während der Operation getrunken hatte, hätte man ein Pferd umlegen können, und er hatte noch eine ganze Menge davon in sich, obwohl er sich übergeben hatte. Jamie war nicht der erste Held, der mir unterkam. Die Männer hielten sich zwar in der Regel zu kurz im Feldhospital auf, als daß die Krankenschwestern mit ihnen hätten bekannt werden können, aber hie und da sah man einen Mann, der zu wenig sprach oder zu viele Witze riß.
    Im großen und ganzen wußte ich, wie man ihnen helfen konnte. Hatte ich Zeit und war es einer von denen, die gerne reden, um die Dunkelheit in Schach zu halten, dann setzte ich mich zu ihm und hörte zu. War einer sehr still, dann berührte ich ihn hin und wieder im Vorbeigehen und wartete auf den Monent, wo ich ihn aus sich herausholen und ihm beim Austreiben der Dämonen beistehen konnte.
    Früher oder später würde Jamie mit jemandem sprechen. Wir hatten Zeit. Aber ich hoffte, daß nicht ich es sein würde.
     
    Er war nur bis zur Taille zugedeckt, und ich beugte mich nach vorne, um seinen Rücken zu untersuchen. Es war unglaublich, was ich da sah. Die Einschnitte wiesen eine Regelmäßigkeit auf, die mich sprachlos machte. Er muß wie eine Schildwache dagestanden haben, als ihm diese Wunden zugefügt wurden. Ich warf einen kurzen Blick auf seine Handgelenke - keine Einschnitte. Er hatte also Wort gehalten und sich nicht gewehrt. Er hatte alles bewegungslos über sich ergehen lassen und so das Lösegeld für mein Leben bezahlt.
    Ich wischte mir die Augen am Ärmel ab. Er würde es wohl kaum schätzen, dachte ich, wenn meine Tränen auf seinen niedergestreckten Körper fielen. Ich setzte mich zurück, und meine Röcke raschelten leise. Bei diesem Geräusch öffnete er die Augen, ohne besonders erschreckt auszusehen. Er lächelte mich an, schwach und erschöpft, aber es war ein echtes Lächeln. Ich öffnete den Mund und merkte plötzlich, daß ich nicht wußte, was ich sagen sollte. Es war unmöglich, ihm zu danken. »Wie geht es dir?« war lächerlich. Keine Frage, daß er höllische Schmerzen litt. Während ich darüber nachdachte, sprach er zuerst.
    »Claire? Bist du in Ordnung, Liebes?«
    »Ob ich in Ordnung bin? Mein Gott, Jamie!« Tränen stiegen
mir in die Augen, und ich schniefte. Langsam, als wäre sie von Ketten beschwert, hob er die linke Hand und streichelte mir über das Haar. Er zog mich an sich heran, aber ich wich zurück, weil mir plötzlich klar wurde, wie ich aussah: das Gesicht zerkratzt, die Haare struppig und voller Harz.
    »Komm her«, sagte er. »Ich möchte dich einen Augenblick halten.«
    »Aber ich bin mit Blut und Erbrochenem beschmiert«, protestierte ich und machte einen erfolglosen Versuch, meine Haare in Ordnung zu bringen.
    Er schnaubte leise durch die Nase. Das war alles, was seine gebrochenen Rippen an Lachen zuließen. »Gott im Himmel, Sassenach, es ist mein Blut und mein Erbrochenes.

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