Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Ich fürchtete, ihm weh zu tun, aber noch mehr fürchtete ich das Zittern. Ich beugte mich über ihn, schlang ihm die Arme um die Schultern und hielt ihn so fest, wie ich konnte, wiegte ihn hin und her in der Hoffnung, ihn beruhigen zu können. Ich hatte eine Hand an seinem Nacken und preßte meine Finger tief in die Muskelstränge, um den Krampf zu lösen. Schließlich fiel sein Kopf erschöpft nach vorne auf meinen Schoß.
    »Es tut mir leid«, sagte er eine Minute später mit seiner normalen Stimme. »Ich wollte das nicht. Die Wahrheit ist, daß ich sehr große Schmerzen habe und entsetzlich betrunken bin. Ich habe kaum noch Kontrolle über mich.« Wenn ein Schotte zugibt, daß er betrunken ist, dann heißt das etwas, dachte ich. Das zeigte nur, wie groß seine Schmerzen wirklich waren.
    »Du brauchst Schlaf«, sagte ich weich. »Es friert mich«, murmelte er. Das Feuer brannte noch hell, und er war mit mehreren Decken zugedeckt, aber seine Finger fühlten sich kalt an.
    »Du hast einen Schock«, sagte ich sachlich. »Du hast verdammt viel Blut verloren.« Ich schaute herum, aber die MacRannochs und ihre Dienstboten waren alle zu Bett gegangen. Murtagh war, wie ich annahm, noch immer draußen im Schnee und hielt Wache. Was immer die Herrschaften hier denken mochten, ich stand auf, zog mein Nachthemd aus und kroch zu Jamie unter die Decke. So behutsam wie möglich drückte ich mich an ihn und gab ihm etwas von meiner Wärme ab. Er drehte sein Gesicht zu mir, und ich strich ihm über die Haare und rieb zart über die noch immer verkrampften Muskeln. »Leg den Kopf hin«, sagte ich und erinnerte mich an Jenny und ihren Jungen.
    Jamie lachte leise auf. »Das hat meine Mutter immer gesagt, wenn sie mich trösten wollte.«
    »Sassenach«, sagte er einen Augenblick später.
    »Mm?«
    »Wer in Gottes Namen ist John Wayne?«
    »Du bist es. Schlaf ein.«

37
    Die Flucht
    Am Morgen sah er etwas besser aus, obwohl die Blutergüsse über Nacht dunkler geworden waren. Er seufzte tief, zuckte zusammen und atmete dann sehr viel vorsichtiger aus.
    »Wie fühlst du dich?« Ich legte ihm eine Hand auf die Stirn, die kühl und feucht war. Gott sei Dank kein Fieber. Er verzog das Gesicht.
    »Sassenach, ich kann dir sagen, es tut weh.«
    Er streckte mir die linke Hand entgegen. »Hilf mir auf; ich bin steif wie ein Brett.«
    Am Vormittag hörte es auf zu schneien. Der Himmel war noch immer wolkenverhangen, und es sah nach noch mehr Schnee aus, aber die Wahrscheinlichkeit, daß man uns suchen würde, war jetzt größer, so daß wir kurz vor Mittag aufbrachen. Unter ihren schweren Umhängen starrten Murtagh und Jamie vor Waffen. Ich hatte nichts bei mir außer einem Dolch, und der war gut versteckt. Es paßte mir gar nicht, aber ich sollte mich als englische Geisel ausgeben, falls es zum Schlimmsten käme.
    »Aber sie haben mich im Gefängnis doch gesehen«, argumentierte ich. »Sir Fletcher kennt mich doch schon.«
    Murtagh, der auf Lady Annabelles poliertem Tisch ein ganzes Waffenarsenal ausgebreitet hatte, nagelte mich mit einem düsteren Blick fest. »Genau das ist der Punkt, Mädel. Wir müssen unter allen Umständen verhindern, daß man dich einsperrt. Es nützt keinem was, wenn wir alle in Wentworth landen.«
    Er lud eine Pistole mit verziertem Kolben. »Sir Fletcher wird uns an einem solchen Tag kaum selbst verfolgen. Wenn wir irgendwelche Rotröcke treffen, dann werden sie dich wohl kaum kennen. Und wenn sie uns aufgreifen, dann sagst du, wir hätten dich entführt, und du überzeugst die Kerle davon, daß du nichts mit diesen
beiden schottischen Wegelagerern zu tun hast.« Er nickte Jamie zu und wandte sich seiner Schüssel mit warmer Milch und Brot zu.
    Sir Marcus und ich hatten Jamies Hüften und Schenkel so dick wie möglich verbunden und ihm eine abgetragene dunkle Reithose angezogen, auf der man keine verräterischen Blutflecken sehen würde. Lady Annabelle hatte ein Hemd ihres Mannes am Rücken aufgeschnitten, damit Jamies bandagierte Schultern Platz fänden. Aber auch so konnte das Hemd vorne nicht geschlossen werden, und der Verband um seine Brust spitzte heraus. Er hatte sich nicht kämmen lassen, weil ihm sogar die Kopfhaut weh tat, und sah wüst und abgerissen aus; rote Haarzotteln standen um das zerschundene, mit blauen Flecken übersäte Gesicht, und ein Auge war zugeschwollen.
    »Wenn Sie festgenommen werden«, warf Sir Marcus ein, »dann sagen Sie, daß Sie ein Gast von uns sind und bei einem Ausritt entführt

Weitere Kostenlose Bücher