Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
gedankenvoll. Einige Augenblicke war es still, nur das Knistern des Feuers war zu hören, und weder Lady Annabelle noch ich machten eine Bewegung.
    »Wenn es Sie tröstet«, sagte Sir Marcus unvermittelt, die Augen auf der Karaffe, »er ist tot.«
    »Sind Sie sicher?« Jamies Stimme war ausdruckslos.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, wie es jemand überleben soll, von dreißig Rindern niedergetrampelt zu werden. Er hat in den Gang hinausgeschaut, um festzustellen, woher der Lärm kam; bevor er die Türe wieder schließen konnte, hat ihn ein Horn am Ärmel erwischt, und er ist draußen auf dem Gang auf den Boden gefallen. Sir Fletcher und ich haben auf der Treppe gestanden und uns abseits gehalten. Natürlich war Sir Fletcher sehr erregt; er hat ein paar Männer hingeschickt, aber die konnten gar nicht in seine Nähe kommen vor lauter brüllenden, trampelnden Rindern. Beim heiligen Jesus, Mann, das hätten Sie sehen sollen!« Sir Marcus lachte herzhaft und packte die Karaffe am Hals. »So ein Mädel wie Ihre Frau gibt’s nur einmal!« Er schüttete sich den Becher voll und goß ihn hinunter, wobei er sich, weil er immer noch lachte, ein wenig verschluckte.
    »Jedenfalls«, fuhr er hustend fort und klopfte sich auf die Brust, »war von ihm nicht mehr viel übrig, wie das Vieh draußen war, als eine Puppe in blutigen Fetzen. Sir Fletchers Männer trugen ihn
weg, und falls noch ein Funken Leben in ihm war, dann nicht mehr lange. Wollen Sie noch was, Junge?«
    »Ja, danke.«
    Ein Weilchen war es still, dann sagte Jamie: »Nein, ich kann nicht sagen, daß es mich tröstet, aber danke, daß Sie es mir gesagt haben.« Sir Marcus sah ihn scharf an.
    »Mmmpf. Sie werden es nicht vergessen. Bemühen Sie sich erst gar nicht. Wenn Sie können, dann lassen Sie es einfach heilen wie den Rest Ihrer Wunden. Kratzen Sie nicht daran, und es wird sauber verwachsen.« Der alte Krieger hielt seinen sehnigen Unterarm hoch, um eine Narbe zu zeigen, die im Zickzack vom Ellbogen bis zum Handgelenk verlief. »Mit Narben kann man leben.«
    »Kann sein. Mit manchen Narben vielleicht.« Anscheinend war Jamie etwas eingefallen, und er drehte sich mühselig auf eine Seite. Sir Marcus setzte sein Glas mit einem Ausruf ab.
    »Vorsicht, Junge! Sie stoßen sich noch eine Rippe in die Lungen.« Er half Jamie, sich auf seinen rechten Ellbogen zu stützen, und stopfte ihm eine Decke in den Rücken.
    »Ich brauche ein kleines Messer«, sagte Jamie schweratmend. »Ein scharfes, wenn Sie eins griffbereit haben.« Ohne eine Frage zu stellen, ging Sir Marcus mit schwerem Schritt zu der französischen Anrichte aus poliertem Walnußholz und suchte laut klappernd in den Schubladen herum, bis er schließlich ein Obstmesser mit Perlmuttgriff zum Vorschein brachte. Er warf es in Jamies gesunde Hand und setzte sich mit einem Knurren wieder hin.
    »Glauben Sie nicht, daß Sie schon genug Narben haben?« fragte er. »Wollen Sie noch ein paar hinzufügen?«
    »Nur eine.« Jamie balancierte wackelig auf einem Ellbogen und zielte mit dem rasierklingenscharfen Messer auf eine Stelle unterhalb der linken Brust. Sir Marcus’ Hand schoß hervor und hielt Jamie am Handgelenk.
    »Besser, Sie lassen sich helfen, Mann. Sie könnten jeden Augenblick drauffallen.«
    Nach einer kurzen Pause gab Jamie das Messer widerstrebend zurück und lehnte sich zurück. Er berührte die Brust ein paar Zentimeter unter der Brustwarze.
    »Hier.« Sir Marcus griff sich eine Lampe von der Anrichte und stellte sie auf den Stuhl. Aus der Entfernung konnte ich nicht erkennen, was er da so intensiv betrachtete; es sah wie eine kleine
rote Brandwunde aus, die beinahe kreisrund war. Er nahm noch einen kräftigen Schluck aus seinem Whiskyglas, stellte es dann neben der Lampe ab und drückte die Messerspitze gegen Jamies Brust. Ich muß wohl eine unwillkürliche Bewegung gemacht haben, denn Lady Annabelle packte mich am Arm und mahnte mich, leise zu sein. Sir Marcus drückte die Messerspitze noch weiter ins Fleisch und machte plötzlich eine schnelle Drehbewegung, so wie man aus einem reifen Pfirsich eine faule Stelle schneidet. Jamie stöhne einmal auf, und ein dünnes rotes Rinnsal lief an seiner Brust hinunter und sickerte in die Decke. Er rollte sich auf den Bauch und drückte die Wunde gegen die Matratze.
    Sir Marcus legte das Obstmesser weg. »Nehmen Sie Ihre Frau ins Bett, Mann, sobald Sie dazu fähig sind, und lassen Sie sich von ihr trösten. Frauen tun das gerne«, sagte er und grinste in unsere

Weitere Kostenlose Bücher