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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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gesagt?«
    »Na ja, vielleicht sind es auch fünfzehn, wenn du meinst. O Gott, Sassenach, bring mich nicht wieder zum Lachen, meine Rippen verkraften das nicht.« Mit einem Rockzipfel wischte ich ihm die Tränen ab und gab ihm einen Schluck Wasser, dabei stützte ich seinen Kopf mit dem Knie.
    »Das habe ich auch nicht gemeint«, sagte ich.
    Er wurde ernst, griff nach meiner Hand und drückte sie. »Ich weiß«, sagte er. »Du brauchst nicht drum herum zu reden.« Er atmete vorsichtig ein und stöhnte leicht. »Ich hatte recht, es hat weniger weh getan, als ausgepeitscht zu werden.« Er schloß die Augen. »Aber es hat noch sehr viel weniger Spaß gemacht.« Ein bitteres Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Jedenfalls werde ich eine Zeitlang keine Verstopfung haben.« Ich fuhr zurück, und er biß die Zähne zusammen. »Es tut mir leid, Sassenach. Ich… dachte nicht, daß es mir so viel ausmachen würde. Aber das, was du meinst… ist in Ordnung. Ich bin nicht verletzt.«
    Ich achtete darauf, daß meine Stimme ruhig und sachlich klang. »Du mußt es mir nicht erzählen, wenn du nicht willst. Aber vielleicht verschafft es dir ein wenig Erleichterung…« Meine Stimme wurde matt, und es entstand eine peinliche Stille.
    »Ich will nicht.« Seine Stimme klang bitter und entschieden. »Ich möchte niemals mehr daran denken, aber das könnte ich wohl nur erreichen, wenn ich mir die Kehle durchschneide. Ich will es dir nicht erzählen, genausowenig, wie du es hören möchtest…, aber ich glaube, ich muß es loswerden, bevor ich daran ersticke.« Die Worte sprudelten jetzt in einem bitteren Ausbruch hervor.
    »Er wollte, daß ich auf dem Boden krieche und ihn anflehe. Und,
bei Gott, ich habe es getan. Ich habe dir einmal gesagt, Sassenach, daß du jeden brechen kannst, wenn du bereit bist, ihm genügend Schmerz zuzufügen. Er war dazu bereit. Er zwang mich, auf dem Boden zu kriechen und ihn anzuflehen. Er zwang mich zu noch schlimmeren Dingen, und irgendwann wollte ich nur noch sterben.«
    Er war still und starrte ins Feuer. Dann fuhr er mit einem tiefen Seufzer und schmerzverzerrtem Gesicht fort:
    »Ich wünschte, du könntest mir Erleichterung verschaffen, denn es ist eine schwere Last. Aber es ist nicht wie ein giftiger Dorn, den man, wenn man ihn zu fassen bekommt, sauber herausziehen kann.« Er spannte die Finger an und streckte sie flach aus. »Es ist nicht einmal so, als wäre etwas gebrochen. Wenn du es einrichten könntest, Stück für Stück, so wie du es mit meiner Hand gemacht hast, dann würde ich die Schmerzen gerne ertragen.« Er ballte die Finger zur Faust zusammen und zog die Stirn in Falten.
    »Es ist… schwer zu erklären. Es ist… es ist wie… Ich glaube, jeder hat einen winzigen Platz in sich, etwas ganz und gar Privates, das er für sich behält. Es ist wie eine kleine Festung, in der der allerprivateste Teil von einem lebt - vielleicht ist es die Seele, vielleicht etwas, was einen zu der Person macht, die man ist und die einen von den anderen unterscheidet.« Er fuhr sich mit der Zunge unbewußt über die geschwollenen Lippen, während er nachdachte.
    »Dieses Stückchen zeigt man niemals, höchstens jemandem, den man sehr liebt.« Die Hand entspannte sich und schmiegte sich um mein Knie. Jamies Augen waren geschlossen. »Es fühlt sich jetzt so an, als… als wäre meine kleine Festung mit Schießpulver gesprengt worden. Es ist nichts davon übrig außer Asche und einem rauchenden Firstbalken, und dieses kleine nackte Ding, das dort einmal gelebt hat, ist draußen im Freien und wimmert vor Angst; es versucht sich unter einem Grashalm oder einem Blatt zu verstecken, aber… aber… es gelingt ihm nicht.« Seine Stimme brach, und er drückte das Gesicht in meinen Rock. Ich war hilflos und konnte nichts anderes tun, als ihm über die Haare zu streicheln. Plötzlich hob er den Kopf, das Gesicht war zerfurcht und aschfahl. »Ich war dem Tod schon einige Male nahe, Claire, aber ich wollte niemals wirklich sterben. Diesmal wollte ich es. Ich…« Die Stimme versagte ihm, er hörte auf zu sprechen und umklammerte mein Knie. Als er weitersprach, war seine Stimme hoch und merkwürdig atemlos, als wäre er weit gelaufen.

    »Claire, bitte … es ist nur, Claire, halte mich fest. Wenn ich jetzt wieder anfange zu zittern, Claire, dann halte mich, ich kann nicht anders.« Tatsächlich begann er am ganzen Körper zu zittern, und er wimmerte und ächzte, als auch die gebrochenen Rippen davon ergriffen wurden.

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