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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Gefäß aus blaßgrünem Kristall. Die Flüssigkeit darin wirkte durch das Glas türkis, doch beim Ausschenken zeigte sich, daß der Wein einen warmen Goldton hatte und ein überaus köstliches Bukett. Der Geschmack hielt, was die Farbe verhieß, und ich schloß glückselig die Augen und kostete das Aroma genüßlich aus, bevor ich den Schluck bedauernd die Kehle hinunterrinnen ließ.
    »Gut, nicht wahr?« Die tiefe Stimme klang amüsiert, und als ich die Augen öffnete, sah ich, daß Colum mich wohlgefällig anlächelte.
    Ich wollte etwas erwidern und entdeckte, daß der zarte Geschmack trügerisch war - der Wein war stark genug, um eine leichte Stimmbandlähmung zu bewirken.
    »Wunder … wunderbar«, sagte ich schließlich mit einiger Mühe.
    Colum nickte. »Ja. Es ist Rheinwein. Sie kennen ihn nicht?« Ich schüttelte den Kopf, während er meinen Pokal erneut füllte. Er hielt seinen eigenen beim Stiel, drehte ihn vor seinen Augen, so daß das Licht der Flammen den Wein erglühen ließ.
    »Trotzdem wissen Sie, was ein guter Tropfen ist«, sagte Colum und neigte sein Glas, um den vollen, fruchtigen Duft zu genießen. »Aber das liegt wohl nahe, wenn man französischer Herkunft ist. Oder halbfranzösischer, genauer gesagt«, berichtigte er sich lächelnd. »Aus welchem Teil Frankreichs kommt Ihre Familie?«

    Ich zögerte einen Moment, dachte dann: »Bleib bei der Wahrheit«, und antwortete: »Es ist eine alte und eher entfernte Verbindung, die Verwandten, die ich dort habe, kommen aus dem Norden, aus der Nähe von Compiègne.« Da ging mir auf, daß meine Verwandten zur Zeit tatsächlich in der Nähe von Compiègne waren.
    »Aha. Aber Sie selbst sind nie dort gewesen?«
    Ich hob mein Glas und schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte ich. »Ich bin noch nie einem meiner französischen Verwandten begegnet.« Ich stellte fest, daß Colum mich genau beobachtete. »Das habe ich Ihnen bereits gesagt.«
    Colum nickte, nicht im mindesten aus der Fassung gebracht. »Ja.« Seine Augen waren von einem schönen, samtigen Grau, und er hatte dichte schwarze Wimpern. Ein sehr attraktiver Mann, dieser Colum MacKenzie, wenigstens bis zur Taille. Mein Blick wanderte an ihm vorbei zu der Gruppe, die dem Kamin am nächsten saß. Ich sah Colums Frau Letitia inmitten mehrerer Damen, die alle in ein angeregtes Gespräch mit Dougal MacKenzie vertieft waren. Ebenfalls ein sehr attraktiver Mann - und kerngesund.
    Ich konzentrierte mich wieder auf Colum und entdeckte, daß er geistesabwesend einen der Bildteppiche an der Wand betrachtete.
    Ich riß ihn abrupt aus seiner momentanen Unaufmerksamkeit heraus und fuhr fort: »Und ich habe Ihnen bereits gesagt, daß ich gerne so bald wie möglich nach Frankreich weiterreisen würde.«
    »Ja«, bestätigte Colum freundlich und griff zur Karaffe. Ich hielt meinen Pokal fest und deutete mit einer Geste an, daß ich nur einen kleinen Schluck wollte, aber Colum füllte ihn wieder fast bis zum Rand.
    »Nun, Mistress Beauchamp, und ich habe Ihnen bereits gesagt«, begann er, »daß Sie zufrieden sein müssen, ein wenig bei uns zu verweilen, bis geeignete Vorkehrungen für Ihre Weiterreise getroffen werden können. Es besteht kein Grund zur Eile. Wir haben Frühling, und es sind noch Monate bis zu den Herbststürmen, die die Fahrt über den Kanal gefährlich machen.« Colum musterte mich schlau.
    »Aber wenn Sie mir die Namen Ihrer französischen Verwandten nennen, könnte ich ihnen eine Nachricht übermitteln lassen, so daß sie auf Ihr Kommen vorbereitet sind.«
    Damit war mir der Wind aus den Segeln genommen, und ich
hatte kaum eine andere Wahl, als »Gut, vielleicht später« zu murmeln und mich mit der Begründung zu entschuldigen, vor Beginn der Darbietung müsse ich noch ein stilles Örtchen aufsuchen. Der Satz ging an Colum, wenn auch nicht die ganze Partie.
    Meine Begründung war kein reiner Vorwand gewesen, und einige Zeit wanderte ich suchend durch die dunklen Flure der Burg. Als ich mich zurücktastete, den Pokal immer noch in der Hand, entdeckte ich den beleuchteten Durchgang zum Saal, merkte jedoch, daß ich am anderen Ende des Raumes gelandet war. Unter den derzeitigen Umständen war mir das gar nicht so unrecht, und ich schlenderte unauffällig herum, mischte mich unter die Menschen, während ich auf eine der Bänke an der Wand zusteurte.
    Als ich einen Blick zum oberen Ende des Saales warf, sah ich einen schmächtigen Mann. Nach der kleinen Harfe zu urteilen, die er in der Hand hielt,

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