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Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Titel: Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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zuzuschnappen, versucht er es erneut, die Augen bleiben sicherheitshalber geschlossen. »Miss Kent, das ist Ihre letzte Chance. Das wäre dann Ihre Dritte und damit genau zwei mehr, als jedem Schwachkopf in diesem Unternehmen jemals zugestanden wurden. Ich verlange eine Begründung, weshalb Sie sich anmaßen, in einem derartigen Aufzug in meinem Büro zu erscheinen!«
    Endlich scheint ihr der Ernst der Lage aufzugehen, denn sie antwortet doch tatsächlich, wenngleich ziemlich gedämpft. »Ich habe keine passenden Schuhe zu der neuen Kleidung. Daher musste ich mich hier umziehen. Aber ich konnte meine Stiefel nicht dazu tragen … Sir.«
    Erschöpft massiert er seine Schläfen und nickt. »Jetzt kommen wir der Sache schon näher. Und wieso wählten Sie nicht eines der anderen Ensembles, die ich Ihnen zukommen ließ?«
    »Weil ich auch zu denen keine passenden Schuhe besitze ... Sir.« Diesmal kein Arschloch–Sir.
    Plötzlich kursiert eine verachtenswerte Zahl in Andrews Kopf. Verachtenswert, aufgrund des Vorzeichens ...
    – 1,45.
    $ minus 1,45!
    ›Norton, du bist so ein riesiger Idiot!‹
    Verwirrt sieht er das Mädchen an. »Warum haben Sie nichts gesagt?«
    »Was hätte ich denn sagen sollen, Sir?«
    Ja, Norton, du Trottel. Was hätte sie denn sagen sollen? He?
    Mit mäßigem Interesse erwidert sie seinen Blick, es fehlt nur noch das beiläufige Trommeln ihrer Finger auf dem Tisch. Und? Antwort! Norton!
    Ein Klopfen an der Tür unterbricht die unerträglich peinliche Situation und lässt ihn aufsehen. »Ja?«
    Kurz darauf steht ein Mann im Raum.
    Smith!
    Den hat Andrew vergessen! Verdammt! Neben all dem Gebrüll, Atemtechnikübungen außerhalb seines Schlafzimmers und sonstigen Phänomenen, die ihm heute bereits widerfahren sind, vergisst er seit Neuestem auch verboten viel. Erneut betrachtet er Miss ich erwarte eine Antwort! Kent. Unmöglich kann sie sich ohne Schuhe diesem intriganten Versager präsentieren. Seiner Miene ist allerdings nichts von alledem zu entnehmen, als er das übliche knappe Nicken bemüht. »Smith?«
    Neugierig schaut er zu dem Mädchen ... und strandet dort, die Augen werden groß, Andrews zeitgleich riesig. Seine visuelle Botschaft ist unzweideutig: Wage es, sie anzusprechen, und ich schlage dich windelweich. Wage es, sieanzu rühren, und du bist tot, Ratte!
    Dem flohverseuchten Nager entgeht die akute Gefahr. »Ich nahm an, wir hätten einen Termin, Sir.« Beiläufig nähert er sich, wobei er ausschließlich Miss unschuldig und schuhlos , Kent anstarrt.
    Nachdem er warnend zu dem vor Schreck leichenblassen Geschöpf gesehen hat, tritt Andrew eilig um seinen Schreibtisch, stellt sich genau zwischen Stuhl und Tisch und verdeckt damit die Sicht auf das Desaster darunter. Auf Miss Kent übrigens auch.
    Prompt reckt Smith den Hals – in seinem Gesicht liefern sich Aufregung und Enttäuschung einen erbitterten Kampf. »Das Memo sollte mir bereits um acht vorliegen«, bemerkt Andrew eisig.
    »Das Memo ... ja« Der Kretin hat sich in beachtlicher Geschwindigkeit gefangen. »Es liegt derzeit bei meiner Assistentin und soll Ihnen in der kommenden halben Stunde zugestellt werden.« Zentimeter für Zentimeter verlagert er beim Sprechen das Gewicht, um ein weiteres Mal einen Blick auf das Mädchen zu erhaschen. Andrew folgt seiner Bewegung in synchron gespiegelter Abfolge. Schließlich schielt der Bastard in einem Akt der Verzweiflung an seinem Chef vorbei – und ist erfolgreich. Der Umfang der Augen vergrößert sich erneut und er fährt sich zu allem Überfluss mit der Zunge über die Unterlippe. Das lässt bei dem Vorstandschef der ehrenwerten Holding das nächste Phänomen des Tages eintreten:
    Mordlust.
    »In fünf Minuten auf meinem Schreibtisch «, wispert er.
    Flüchtig verharrt Smith, dann nickt er und verlässt eilig das Zimmer. Nicht jedoch, ohne die Kleine noch einmal mit eindeutiger Absicht gemustert zu haben.

    Stille beherrscht den Raum mit der flauschigen blauen Auslegeware.
    Es hat den Eindruck, als würde keiner der beiden atmen. Andrew hat die Lider geschlossen, das Haupt gesenkt und übt sich angestrengt im Massieren seiner Schläfen.
    Erst nach einer geraumen Weile mustert er die scheinbar erstarrte Miss Kent aus dem Augenwinkel. »Sie gehen hinaus und warten bis Gail mit Ihren Schuhen eingetroffen ist!«
    Kaum ist das letzte Wort gesprochen, schießt die junge Frau auch schon aus dem Stuhl empor, stürzt in atemberaubender Geschwindigkeit an ihm vorbei in Richtung Tür und ...

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