Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
Josie! Sie hat sich da rauszuhalten! Denn es ist seine Angelegenheit! Seine! Und sie will ganz gewiss nicht die Wahrheit erfahren! Die könnte sie mit ihrem kleinen Gehirn gar nicht verarbeiten. Sicher, von ihrer Perspektive aus ist es einfach: Huh, Andrew hat Albträume . Wir müssen darüber reden und dann wird alles gut. Wieder so eine beschissene Therapeuten–Ansicht. Sie ist keinen Deut besser als alle anderen und glaubt den ganzen dämlichen Scheiß, der den lieben langen Tag auf dem verdammten Discovery Channel läuft! Nur für sie selbst scheint ihre Wunderrezeptur nicht erforderlich, nicht wahr? Das ist selbstverständlich etwas anderes. Weil Josephine Kent natürlich mehr weiß als die übrigen Frauen. Sie hat nämlich als Einzige die grausame Wahrheit durchschaut.
Alle Männer sind Schweine! Oh, Andrew. Ich liebe dich! Sofern du mir NICHT ZU NAHE KOMMST! Solange du dich ANSTÄNDIG BENIMMST! Und verdammt noch mal deine Hose zulässt! Und dein Hemd auch. Damit ich mir einreden kann, du wärst irgendein Plüschhase, den ich in den Arm nehmen kann, wenn mir danach ist. Huch, was? Du bist ein Mann? Einer von den beschissenen, folternden Schweinen, die ja nichts anderes im Sinn haben, als mit ihrem Ding in mir HERUM ZU STOCHERN? Nein, so will ich dich nicht! Du widerst mich an. Und wage es nicht, mir zu nahe zu kommen! Machst du es trotzdem, dann atme ich einfach nicht mehr! Ha! Du wirst schon sehen, was du davon hast. Also entweder, du gewöhnst dir ab, ein Mann zu sein oder ich verlass dich für immer! Und zwar in Richtung nirgendwo! Was, das passt dir nicht? Pech gehabt, du Arschloch!
Verzweifelt versucht er seinen Zorn unter Kontrolle zu bekommen und irgendwie dafür zu sorgen, dass er nicht explodiert. Weil Andrew nicht genau einschätzen kann, was geschehen wird, wenn das eintrifft. Was es auch ist, es wird nicht gut sein. Derzeit ist er gefährlich. Viel, viel zu riskant, sich in ihrer Nähe aufzuhalten. Nicht umsonst meidet er die Wut seit vierundzwanzig Jahren wie die verdammte Pest. Und er mag vielleicht im Moment eine Scheißwut auf Josie haben, doch er will ihr trotzdem nicht wehtun. Aber das wird er, wenn er hier nicht endlich verschwindet.
Sofort!
Andrew erhebt sich, macht kehrt, ohne sie eines Blickes zu würdigen und marschiert mit hölzernen Beinen, geballten Fäusten, zusammengepressten Zähnen und nach vorn geneigtem Kopf zur Treppe.
Josie unternimmt keine Anstalten, ihn aufzuhalten.
Letzter Ausweg
I n seinem Schlafzimmer angekommen marschiert Andrew nonstop weiter Richtung Dusche. Sein Hemd ist jetzt nicht nur mit Fett garniert, sondern darüber hinaus mit Wein getränkt – ganz zu schweigen von Haar und Gesicht. Er kann ohne Übertreibung behaupten, nie zuvor so abartig gestunken zu haben.
Der Versuch, sich mit geballten Händen seiner Sachen zu entledigen, scheitert kläglich. Insgeheim verflucht er sich, weil er die Knöpfe wieder geschlossen hat. Gegenwärtig gelingt es ihm weder, seine Fäuste zu lösen noch die Kiefer auseinander zu eisen. Denn genau diese beiden Dinge verhindern derzeit sein Brüllen. Es will raus, und zwar so vehement, bis wirklich alles draußen ist. Hat er einmal begonnen – davon ist er überzeugt –, wird er ziemlich lange beschäftigt sein. Über die Jahre hat sich so einiges angesammelt.
Aber er hat sich unter Kontrolle.
Andrew hat sich ja immer unter Kontrolle; was auch geschieht, selbst wenn Josie ihm sein verdammtes Scheißherz aus der Brust reißt.
Nein, er beherrscht sich.
Nicht wahr? »Natürlich!«, zischt er durch die Zähne. »Sicher beherrsche ich mich! Das tue ich ständig! Weil ich Andrew bin: der Idiot, der alles erträgt und alles hinnimmt!«
Der Versuch das Hemd zu öffnen scheitert jämmerlich und er ist kurz davor, sich eine beschissene Schere zu besorgen, entscheidet sich jedoch im letzten Moment dagegen.
Nicht, dass die Gefahr besteht, Josie zu verletzen. Mitnichten! Die Wahrheit ist, passt er nicht auf, befindet sich das Ding ganz schnell in seinem Oberschenkel, Bauch oder im Arm. Es gab Augenblicke, in denen es wirklich knapp wurde. Niemand kann sich vorstellen, welche Attraktivität ein Brieföffner bekommt, wenn man so hundemüde ist, dass einem andauernd die Tränen kommen und wie wundersam und erleichternd die Aussicht scheint, sich irgendetwas Spitzes und Scharfes in den Körper zu stoßen.
So ging es ihm, als sein Dad Sarah heiratete. Damals war es ein Steakmesser, das ihm wie die Erlösung in Perfektion erschien. Er
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