Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Andrew muss einen hohen Preis für ein paar Antworten bezahlen. Einen verdammt Harten. Wieder schluckt er. »Jede Nacht.«
    Auch das überrascht sie nicht, und er beeilt sich, seine Frage nachzuschieben. »Wie fühlst du dich, wenn ich dich berühre?«
    »Wenn du traurig bist, ist es okay, wenn du das andere willst, nicht.«
    Oh, okay, Josie. Ab jetzt heult er beim Sex. Rotz und Wasser! Kein Problem! Das ist also des Rätsels Lösung: Andrew muss dabei traurig sein. Mit gespitzten Lippen wiegt er seine Chancen ab. Nun, bis zu dem Moment, in dem er kommt, geht das vielleicht, aber dann ...
    Josies Stimme bringt ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. »Wie lange hast du diese Albträume?«
    Verflucht! Mit unbewegter Miene hebt er die Schultern. »Eine Weile.«
    »Andrew!«
    Das ist nicht gut! Überhaupt nicht gut! Doch er braucht Antworten, sie muss aufrichtig sein, verdammt! Daher bleibt ihm nichts übrig, als es ihr gleichzutun. Er senkt den Kopf und konzentriert sich, und als er schließlich wieder aufschaut, ist sein Gesichtsausdruck hart und die Stimme klingt hohl.
    »Seitdem ich vier Jahre alt bin.«
    Ihr Blick weitet sich vor Entsetzen und er beeilt sich weiterzumachen. Andrew hasst es, wenn sie ihn auf diese Art betrachtet. »Wie fühlst du dich, wenn ich dich küsse?«
    Das Ablenkungsmanöver funktioniert, denn sie grinst. »Hervorragend.«
    Erleichterung! Wenigstens das.
    »Kannst du besser schlafen, wenn ich bei dir bin?«
    »Ja.«
    »Warum glaubst du, dass Männer dich quälen wollen?«
    Sie blinzelt und die Erwiderung kommt zögernd. »Ich weiß es einfach.«
    Oh nein, Baby. »Woher weißt du das?«
    Josie hebt die Schultern. »Ich habe wirklich keine Ahnung. Ich weiß es.«
    Sie ist ehrlich, das merkt er. Und schon ist Josie wieder an der Reihe.
    »Wie viele Frauen hast du vor mir geliebt?«
    »Keine.«
    Er ignoriert das Aufleuchten ihrer Iriden, zu konzentriert auf seine nächste Frage. »Wie glaubst du, läuft Sex im Grunde ab?«
    Ihre Augen werden groß, sie erbleicht und senkt hastig den Kopf. Er wartet geduldig, sie hat ihm auch Zeit gegeben. Als sie wieder aufsieht, blitzen ihre Pupillen und sie klingt bemerkenswert eisig. »Grausam.«
    Grausam? Aha. Fein! Josie betrügt, aber Andrew hat nicht die Absicht, sie damit davonkommen zu lassen …
    »Wie viele Freunde hast du?«
    Er runzelt die Stirn. Freunde? Was soll er mit denen? »Keine.«
    »Was bedeutet grausam in Bezug auf Sex für dich?«
    Das ist ein Treffer! Das Blitzen verstärkt sich und jetzt spricht sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Erwartest du wirklich von mir, dass ich das ausspreche?«
    »Ja.« Das ist schließlich der Sinn des gesamten Theaters.
    Sie nickt langsam und schiebt die Unterlippe vor.
    »Es ist grausam, weil man sich erniedrigen, missbrauchen und quälen lassen muss«, zischt sie plötzlich. Mit einem Mal ist da nur tödliches Gift. »Die Frau ist gezwungen, zu ertragen, wie er mit diesem ... Ding in ihr herumstochert. Das nenne ich echt grausam!«
    Bevor Andrew sich von seinem Schock erholen kann, schießt sie die nächste – die ultimative – Frage hinterher. Und ihre Revanche fällt unter Garantie treffender aus, als seine.
    »Wovon träumst du jede Nacht, seitdem du vier Jahre alt bist?«
    Langsam legt sich eine eiserne Kralle um den Hals und drückt ihm die Luft ab.
    ›Willkommen in der Realität, Norton du Riesenidiot! Hattest du ernsthaft geglaubt, du beantwortest hier ein paar seichte Fragen, um sie bei Laune zu halten und bekommst im Gegenzug ihre Seele vor dir ausgebreitet? Okay, scheint, dass dein prächtiger Plan nicht vollständig aufgehen wird, was? Sieh zu, dass du das jetzt ganz schnell wieder in die richtigen Bahnen lenkst, mein Junge. Beende das! Sofort!‹
    JA. Und wie bitteschön soll er das anstellen? Sie wird seine Lüge durchschauen. Aber die ist die einzige Alternative. Die Wahrheit liegt in einer Dimension, fernab von allen Menschen, in seinem persönlichen Nirwana. Niemand außer ihm wird es betreten und mit Sicherheit nicht Josie! Nichts und niemand wird je davon erfahren. Niemals!
    Erst jetzt fällt ihm auf, dass er sie immer noch wie ein Fisch auf dem Trockenen anstarrt. Sein Mund ist leicht geöffnet und die Atmung geht seltsam schwer. Er zwingt mechanisch den Kopf hin und her und seinen Kehlkopf zum Funktionieren. »Ich kann mich nie daran erinnern.«
    Sofort taucht der Zweifel in ihrer Miene auf. Daher setzt er die Befragung eilig fort. »Mit wem hast du schon über Sex