Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
umgeworfen?«
Alle drei nicken.
»Warum hat Stephen seinen Sohn nicht einfach mitgenommen? Das wäre doch am naheliegendsten gewesen.«
Mitleidige Blicke treffen ihn und Claudia ist so gnädig, verbal anzufügen. »Es ging ihm zu schlecht.«
»Also fing es nicht erst am Samstag an?«
»Er sah schon am Freitag mies aus«, erklärt Sebastian.
Andy stutzt. »Moment Letzten oder Vorletzten?«
»Vorletzten.«
»Und was genau fing da an?«
»Er sah wirklich mies aus.«
Sehr aufschlussreich ist das alles nicht. »Diese Josie ... Ist sie immer noch im Krankenhaus?«
Claudia schüttelt den Kopf verneint. »Sie wurde entlassen.«
»Und warum ist Josie nicht bei ihm?«
»Stephen meinte, es wäre nicht gut für sie, ihn so zu sehen.« Ach, meint Stephen das? »Wie oft war er denn hier?«
Ihre ausdruckslosen Mienen erübrigen jede Antwort. Arschloch! »Und diese Josie wollte eigentlich kommen?«
Dreimal Schulterzucken. Sie wissen es nicht.
»Hat Andrew nach Josie gefragt?«
Claudia schüttelt den Kopf.
»Haben sie vielleicht Beziehungsprobleme?«
»Nein. Nicht, wie du denkst«, erwidert Frank.
Andy mustert ihn. „Also wollen sie zusammen sein?“
Widerstrebend stimmt er zu.
Nacheinander betrachtet der Arzt die müden Gesichter. Sehr viel mehr wird er momentan wohl nicht in Erfahrung bringen ... was Mist ist. Auf jeden Fall muss diese Josie hierher. Er versteht überhaupt nicht, warum sie sich nicht einfach über Stephens Anweisungen hinweggesetzt hat. Er ist der Schwiegervater, klar, doch sie schließlich ein erwachsener Mensch! In dieser Sekunde fährt ein Auto vor.
»Bleibt sitzen«, weist Andy das Dreamteam an. »Ich lasse meinen alten Kumpel selbst herein.« Niemand macht Anstalten zu widersprechen.
Die Tür ist offen, bevor geklopft werden kann. »Stephen!«, strahlt Andy. »Schön, dass du dich zu einem Besuch bei deinem Sohn aufraffen konntest.«
Er lächelt zwar nicht, allerdings registriert der Therapeut durchaus, dass sein Freund wie immer makellos gekleidet ist. Designeranzug, glatte Rasur, ordentlich getrimmtes Haar, ausnehmend attraktiv, auch wenn er inzwischen nicht mehr der Jüngste ist. Mr. Norton scheint keine gravierenden Probleme zu wälzen. »Andy, was ist ...«
»Nichts«, kontert der beschwingt. »Ich will dich nur hier haben, um einige Dinge entscheiden zu können.«
Die Stirn seines ehemaligen Studienkollegen legt sich in tiefe Falten, aber er nickt.
»Komm!« Andys Strahlen wird breiter. »Gehen wir am besten zu Andrew hinauf. Dann kannst du ihn begrüßen.«
»Ja.« Es kommt zögernd und Stephen unternimmt den Versuch, zum Dreamteam zu schielen. Sieht er sie nun, wäre leider der ganze Spaß verdorben, weshalb Andy ihm eilig die Sicht versperrt und zur Treppe weist. »Nach dir. Du kennst doch bestimmt den Weg.«
Gemeinsam erklimmen sie die überdimensional große Stiege. Andy spürt jetzt schon den Muskelkater. Was in diesem Haus an Wänden gespart wurde, hat man in ausufernde Stufen investiert. »Und, was hast du in den letzten Tagen so getrieben?«
Norton Senior bedenkt ihn mit einem raschen Blick. »Ich habe mich um Andrews Freundin gekümmert.«
Anerkennend nickt Andy. »Das finde ich hervorragend! Arbeitsteilung ist immer was Gutes. Wie ich hörte, geht es ihr wieder besser?«
Sein alter Freund lächelt. »Ja. Seit Dienstag verzeichnen wir deutliche Fortschritte.«
Sie sind im Flur angelangt. Andys begeistertes Strahlen wird stetig breiter. Stephen hat nämlich nicht den geringsten Schimmer, wo sich das Schlafzimmer seines Sprösslings befindet. Angekommen an der Tür zur Bruchbude, lacht der Therapeut leise, als sie den Raum betreten, läuft er jedoch etwas langsamer.
Kaum hat der Gehirnchirurg die Schwelle überschritten, erstarrt er und weicht zurück, von hinten packt Andy seine Schultern. »Keine Angst«, wispert er an seinem Ohr. »Das ist nur der erste Schock, man gewöhnt sich daran. Komm näher, damit du deinen Sohn in ganzer Pracht bewundern kannst! Du willst doch nichts verpassen.« Sein Strahlen ist innerhalb der letzten fünf Sekunden gestorben.
»Entweder du bewegst dich freiwillig oder ich schleife dich zum Bett!«, zischt Andy, als sein Begleiter so gar keine Anstalten unternimmt, sich zu rühren.
Zögernd macht er einen Schritt vorwärts, unterstützt von seinem Kumpel, der mit festem Griff im Rücken schiebt. Angekommen bei der Beinaheleiche, schlägt Stephen eine Hand vor den Mund. »Oh Gott!«
»Was denn?«, erkundigt Andy sich ungerührt.
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