Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
auf die Bestsellerliste katapultiert.
In Wahrheit bildet Andrew nur die Spitze des Eisberges; genau genommen gibt es in dieser rosaroten Bilderbuchfamilie nicht einen, der ohne psychische Beeinträchtigungen geblieben ist. Weder Stephen noch die Mädchen und auch nicht Sarah. Sebastian ist später zu ihnen gestoßen und deshalb relativ glimpflich davongekommen.
Relativ glimpflich!
Der Riese ist zu weich um das Ganze unbeschadet zu verkraften. Er mag aussehen wie ein mordlüsterner Goliath, tatsächlich ist er jedoch ein Theoretiker, einer von jenen Nerds, die sich in der Bibliothek oder im Museum verkriechen. Kein Haudegen, kein Draufgänger – dieses Erlebnis hat ihn stark mitgenommen.
Frank Johnson war nie wirklich Chauffeur des Jungen. Außerdem setzt ihm seine äußerst illustre Vergangenheit zu.
Andrew und Frank, das allein ist schon eine Sache für sich. An den beiden wird Andy noch seine helle Freude haben.
Am geringsten betroffen ist Austin Hargreve, was wohl größtenteils daran liegt, dass der am wenigsten persönlichen Kontakt zu der Familie pflegen wird. Besonders in den folgenden Wochen, in denen die Krise am größten ist. Er kümmert sich auf andere Art um sie.
Es ist gut, dass sich die Katastrophen nur nach und nach vor Andy ausbreiten, ansonsten wäre er möglicherweise nach zwei Stunden panisch davongelaufen und hätte seine Feigheit mit dem Tod bezahlt.
Doch irgendwann wird er auf die Anfänge seines zweiten Lebens zurückblicken und resümieren, einen guten Job gemacht zu haben.
Nein, er wird sich nicht an die Regeln halten, obwohl Andy das nicht unbedingt in die Kategorie ‚Fehler’ einordnen würde. Sicher gelingt es ihm nicht, Distanz zu wahren, das ist bei Andrew und Josie ebenso unmöglich wie bei dem Rest der seltsamen Versammlung. Niemand kann auch nur im Entferntesten ermessen, wie unendlich dankbar er eines Tages dafür sein wird!
Ja, ihm hallen die Worte seines Dozenten noch in den Ohren. »Keine persönliche Beziehung zu dem Patienten. Das ist unprofessionell und beeinträchtigt Ihre Objektivität.«
Er kennt all die dämlichen Kodizes auswendig – zwangsläufig. Aber der Typ ist Lehrer! Ein Phrasendrescher, ein ahnungsloser Theoretiker, der nicht weiß, wie sich manchmal ein Fall darstellen kann. Gern würde Andy sehen, wie der knietief in dieser Jauche steht und dabei unbeteiligt bleibt. Ehrlich, da wäre er zu gern anwesend.
Geht nämlich nicht, jedenfalls nicht für einen wie Andy.
Doch zuerst folgt die nächste Stunde.
Andy bekommt das Bett für Andrew und die Infusionen – Stephen ist schnell. Einmal beschwingt in den Hintern getreten und der Mann funktioniert. Mithilfe des Dreamteams bettet der Therapeut den Jungen in eines der Zimmer in der ersten Etage um. Jetzt kann er ihn endlich ordentlich an den Handgelenken fixieren, ohne ihn zu quälen. Mit einigen Anstrengungen legt er einen Zugang, um ihm die erste Infusion zu verabreichen. Was bedeutet: Er löst den Verband am rechten Arm – Gott sei Dank hat Andrew sich die Vene nicht der Länge nach aufgeschlitzt. Das meiste ging in das umliegende, inzwischen reichlich entzündete Fleisch – platziert die Nadel und versorgt die Wunde fachmännisch, auch wenn es nicht leicht ist, der Mann existiert nur aus Haut und Knochen.
Und dann ist die Zeit für den nächsten Schock heran. Wie bereits angedeutet: Sie kommen Schub um Schub ...
Andy sitzt mit dem Dreamteam auf der Couch. »Ihr habt einen großartigen Job gemacht und jetzt sind dringend ein paar Stunden Ruhe angebracht. Ihr schwingt euch in das schmucke Cabriolet und fahrt an den Strand. Jeder Ort ist geeignet, solange er meilenweit von einem Krankenhaus entfernt ist.«
»Nein! Ich werde ...« Frank.
»Aber Andrew ...« Sebastian.
»Ich weiß nicht ...« Claudia.
Überrascht ist Andy nicht. Inzwischen sind sie so abhängig von dem Irrsinn, dass sie sich etwas Normales nicht mehr vorstellen können. »Ich verstehe eure Sorge, die ist äußerst lobenswert und edel und so weiter. Doch jeder braucht mal Feierabend, auch ihr, sonst funktioniert das nicht. Abschalten, auf andere Gedanken kommen. Ihr könnt Andrew nämlich nicht helfen, wenn ihr selbst zu fertig seid. Keine Angst, bei eurer Rückkehr ist immer noch genug Mist vorhanden, der wird sich in der Zwischenzeit schon nicht verabschieden. Jetzt will ich, dass ihr euch ein paar coole Stunden macht. Unter freien Himmel. In der Sonne! Okay?«
Widerwillig nicken Sebastian und Claudia, aber Frank starrt
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