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Feueraugen I. Das Dorf

Feueraugen I. Das Dorf

Titel: Feueraugen I. Das Dorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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'Ausgestoßenen'. Von ihrer Burg aus überfielen sie Dörfer und einzelne Gehöfte. Die Sage erzählt, dass diese Menschen früher in einer großen Stadt gelebt haben. Dort behandelte man sie unrecht, verfolgte sie wegen eines anderen Glaubens und trieb sie schließlich davon. Sie wissen selbst, wie Sagen entstehen. Diese hatte einen Ursprung im edlen Glauben an das Gute und an das Recht. Es hieß, dass diese Leute jene bestraften, die Unrecht getan hatten.
    Später kam dann wieder eine andere Version hinzu: Es seien Mörder und Räuber gewesen ... dementsprechend die Abänderung ihrer Taten. Unwichtig - jedenfalls soll der ältere Tu Gent zu diesen gestoßen sein, um später mit ihnen zusammen seine Vertreibung zu rächen."
    "Ich sag's ja - diese Sagen ... ts-ts!" Zeramov schmunzelt.
    "Nach dem Überfall der Rächer spaltete sich die Dorfgemeinschaft!" nimmt der Krämer seine Erzählung erneut auf. "Die beiden Familienzweige der Tu Gents machten sich gegenseitig verantwortlich für das Massaker. Die Nachkommen des älteren Bruders bauten den alten Hof wieder auf, die des jüngeren zogen einige Meilen weiter nach Süden und errichteten dort die ersten Häuser des heutigen Dorfes."
    "Aha! Und bis 1943 lebten die Nachkommen des älteren Bruders draußen auf dem Hof, der dann wieder überfallen wurde." folgert Zeramov.
    "Richtig." der Krämer nickt ihm zu. "Aus den Tu Gents wurden mit den Jahren die Gents und mit dem Überfall auf den Hof starb der Name schließlich aus. – Tut mir leid, wenn ich ihnen zu den Leuten auf der Burg Revengate nicht mehr erzählen konnte. Es gibt eine Anzahl von Geschichten, die aber alle irgendwie dasselbe Thema haben. Offenbar wurde früher jedes unaufgeklärte Verbrechen den Ordensbrüdern angelastet. Dabei hat man nie eine Burg gefunden. Revengate ist wahrscheinlich ebenso sagenumwoben wie andernorts das Ungeheuer von Loch Ness. Aber in der Fantasie der Leute gab es die 'Ausgestoßenen' auf der Burg. Ihr Zeichen soll ein Auge mit einer Flamme in der Pupille gewesen sein – daher die Bezeichnung 'Feueraugen'."
    "Nehmen wir also an, diese Sage hat irgendwo einen Kern der Wahrheit, dann könnte die Sage aus der Zeit der Glaubenskriege stammen – mit den Wurzeln in noch viel weiter zurückliegender Vergangenheit." versucht X zu kombinieren.
    "Wenn damals etwas passiert ist, was man sich nicht erklären konnte ... oder wollte, dann wurde es den Feueraugen-Brüdern zugeschrieben. Ist doch sehr geschickt." ergänzt Zeramov. "Erstaunlich in jedem Fall ist, dass es auf dieser Ebene so oft schier undurchdringlichen Nebel hat. Der ältere Tu Gent Bruder macht ihn sich zunutze und verschwindet im Schutz der Nacht. Jahrhunderte später ereignet sich ein Vorfall, der wieder mit dem Nebel zu tun hat: Kalfater und Nagor bleiben draußen, Nagor kehrt erst zehn Jahre später zurück ... als Wrack. Und heute früh ist unser Rodolphe spurlos verschwunden."
    "Wie war das eigentlich bei ihnen damals." fragt der Signore jetzt den Krämer. "Sie waren noch ein kleiner Junge!"
    "Mein Vater ließ mich nur ungern mit den beiden Männern gehen. Aber Kalfater hat ihm gutes Geld bezahlt und deshalb durfte ich die beiden schließlich begleiten. Vielleicht war mir ein bisschen seltsam zumute, als mir mein Vater ans Herz legte, mich 'vor den Nebeln' in Acht zu nehmen ... und zugleich hat das wohl meinen Abenteuerhunger angestachelt. Viel erlebt man hier als Kind nämlich nicht."
    "Kann ich mir vorstellen." Michel ist Pariser, Städter ... und er versteht kaum, dass es Menschen gibt, die in solch einem Dorf leben wollen.
    "Oh ... mir fällt eben noch eine erstaunliche Kleinigkeit ein." sagt der Krämer. "Ich selbst kann meinen Stammbaum –wie gesagt- auf die Tu Gents zurückführen ... aber das konnten auch Nagor und die Fera."
    "Aha ... damit haben also alle Beteiligten irgendwie mit dieser alten Familie zu tun. – Alexej, haben Sie das alles aufgeschrieben?"
    "Ja, Chef!"
    "Diese Lucy Fera ... wer war sie eigentlich? Die im Dorf sagten, dass sie irgendwo alleine in einer Hütte lebt."
    "Ja, Mr. Baldwin." bestätigte der Krämer. "Sie hat sich ganz alleine eine Behausung gebaut, nachdem sie wieder zurück ins Dorf gekommen ist."
    "Zurück?" fragt X.
    "Das ist eine längere Geschichte. Die Fera wurde als Säugling gefunden – ein Bündel vor dem Altar. Niemand wusste, woher ...!"
    "Ich dachte, sie konnte ihren Stammbaum auf die Tu Gents zurückführen ... wie Nagor auch?" unterbricht hier X.
    "Das ist auch so. Lucy

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