Feueraugen II. Drei Städte
einigen Wachen, den 'werten Gast in seine Gemächer' zu bringen. Monstrum hängt röchelnd in dem Stuhl ... seine Brust ist blutbesudelt.
"Jetzt sind wir dran!" Michels Befürchtung äußert sich in einem kaum vernehmbaren Klagelaut.
"Na und? Emma, umarmen sie diesen Waschlappen, er kann's vertragen. Bleibt hinter mir und versucht ein bisschen zuversichtlicher auszusehen. Wir müssen diesem Fettwanst Kontra geben und überzeugend auftreten."
"Rodolphe hat recht!" findet Zeramov. "Wir müssen so selbstsicher sein und so klar verschieden von den Rebellen, dass uns Proz eventuell noch einlädt, an seiner Tafel Platz zu nehmen."
"Sie sind wohl nicht gescheit!" empört sich Dr. Glücklich.
"Wenn Sie einen besseren Vorschlag haben, Doktor, dann nur zu! - Mir wäre eine Alternative sehr lieb!" kontert Zeramov.
Eben hat man den General aus dem Saal getragen und den Stuhl abgebaut. Meister Scrublow darf sich neben den Kanzler an die Tafel begeben und an den nächsten 'Späßen' teilhaben.
Kanzler Proz richtet sich nun an den General Nonzenz, der unweit der Gefangenen steht und übers ganze Gesicht strahlt.
"Mein lieber Nonzenz ... komm doch mal her und berichte uns, wie die Gefangennahme - oder vielmehr: die Einladung - ... ich ..." Proz verhaspelt sich und wird dabei rasend. "Ich habe Einladung gesagt, nicht Gefangennahme, verdammt noch mal!" kreischt er. "Und Du Sumpfkopf, komm' endlich her!" Zum Ausgleich drischt er einem der Tafelgäste seinen Silberstock über den Kopf und seine Wut, sich um einen scherzhaften Ausspruch gebracht zu haben, ist so groß, dass er auch Nonzenz mit einer Lawine von Schimpfwörtern bedeckt, bevor er ihn zu Wort kommen lässt.
"Ich habe die Rebellen mit meinen Leuten im Morgengrauen überrascht und dabei keinen einzigen Mann verloren!" Nonzenz gewinnt seine Überzeugung, eine große Tat vollbracht zu haben, zurück.
"Dann zeig' uns Deinen Fang! - Los, her mit diesen Rebellen. Ich will sie sehen!"
Sofort treiben die Soldaten die Rebellen in das offene Halbrund der Festtafel. Zwei der Rebellen kommen dabei dicht vor dem Platz des Kanzlers zu stehen. Hinter ihnen wehrt sich die Baldwinsche Truppe gegen das Gedränge von hinten. Von der Kleidung her heben sich die Baldwinschen schon auffällig von den Rebellen ab. Bis auf Rodolphe, Emma und Michel tragen sie alle wieder ihre bodenlangen Pelzmäntel!
"Heh, was soll das?" schreit der Kanzler die beiden Unglücklichen an, die jetzt das Gleichgewicht verlieren und auf die Tafel fallen. Der eine reißt dabei eine Schale mit exotischen Früchten zu Boden.
"Zurück mit euch Halunken!" brüllt Proz und sofort treiben die Soldaten die Herde ein paar Meter von der Tafel weg.
"Bis dahin!" befiehlt der Kanzler und deutet auf eine markante Musterung im Marmor des Bodens. Fünf Meter von der Tafelmitte entfernt kommen jetzt die Baldwinschen mit den beiden Rebellen zum Stehen.
"Diese beiden Burschen da ... her zu mir!" Proz zeigt auf die zwei Rebellen, die auch gleich von vier Soldaten gepackt werden.
"Sie sind noch ganz jung!" ruft eine unansehnliche Alte, die im Schneidersitz Platz zwischen gegrilltem Geflügel gefunden hat.
"Zwanzig Jahre und schon tot. Wie schade!" spöttelt der elegante Herr.
"Geistreich heute, wie, mein lieber Präsident?" Proz lacht grunzend.
"Das ist der Präsident?" Baldwin will es einfach nicht glauben.
"Früher war er Tanzlehrer, dann Mädchenhändler und seither hat er zwei Tyrannen den Strohmann abgegeben. Hier herrscht augenblicklich nur Proz ... Embarraz ist eine Marionette!" erklärt ihnen ein Rebell, der sich zwischen X und Dalia gedrängt hat, um besser sehen zu können. "Hätt' ich nur ein Messer! Ich würd' mich vorschleichen und diesem fetten Schwein den Bauch aufschlitzen!" fügt er noch hinzu.
Die Bestrafung für die beiden Rebellen ist schnell bestimmt. Der Präsident hat seinen Wunsch nach einem 'warmen Getränk' geäußert und Proz ist damit einverstanden.
Alle an der Tafel wissen, was es bedeutet, wenn Proz befiehlt, dass man 'etwas Wärmendes' besorgen solle. Je vier Soldaten halten die beiden Rebellen fest, ein Diener eilt mit einer silbernen Karaffe herbei und schon schwingt ein weiterer Soldat sein Schwert.
Wie der erste Rebell geköpft ist, begreifen auch die Baldwinschen. Ein Blutstrom ergießt sich in die Karaffe.
"Aber ... das ist ja ..." Marlène wird übel und sie wendet sich ab. Mit Grauen und Ekel verfolgen nun einige, die den Anblick ertragen, wie das Blut der beiden Rebellen in
Weitere Kostenlose Bücher