Feuerbluete 01 - Feuerbluete
jemand«, flüsterte Alena ihr zu. »Ein Mann.«
Rena schrak auf. »Wie sieht er aus?«
»Blond. Groß. Erd-Gilde.«
»Hm. Komisch. Der ist uns eben entgegengekommen. Er muss umgedreht haben.«
Rena bog in eine weniger belebte Gasse ein und ging schneller. Sie waren jetzt im Grünen Bezirk. Es war eine nette Gegend, hier fühlte sie sich sofort zu Hause.
»Vielleicht ein Dieb«, knurrte Cchraskar mit glänzenden Augen. Für ihn ist alles hier neu und aufregend - sogar die Verbrecher, dachte Rena amüsiert.
»Unwahrscheinlich. Diebe sind geschickter und vor allem unauffälliger«, flüsterte Tjeri zurück.
Sie hatten ihren Verfolger nicht abgeschüttelt. Hinter ihnen erklangen Schritte. Misstrauisch blickte sich Alena um. Der junge Mann war nur noch drei Menschenlängen entfernt.
So oder so - sie würden gleich herausfinden, was er von ihnen wollte.
Kerrik und Lilas
»Halt!« Alena vertrat ihm den Weg, zog ihr Smaragdschwert. Doch der junge Mann ließ sich nicht einschüchtern. Er achtete kaum auf Alena. Stattdessen starrte er Rena an wie eine Erscheinung.
»Meisterin Rena?«, fragte er ungläubig. »Seid Ihr das?«
Rena war sicher, dass sie ihn nicht kannte. Wahrscheinlich war er einer von denen, die sie wegen ihrer großen Reise zu den Gildenräten und den Verhandlungen mit den Halbmenschen bewunderten. »Ja, die bin ich«, sagte sie - und war völlig überrascht, als der Fremde auf sie zueilte und ihre Hand mit beiden Händen ergriff.
»Vielleicht erinnert Ihr Euch nicht an mich«, sagte der junge Mann verlegen. »Ich war nur ein Junge damals, erst zehn. Ich habe Euch in den Lixantha-Dschungel geführt, damals haben ich und mein Vater am Waldrand gelebt...«
»Kerrik! Du bist Kerrik!« Jetzt war es an Rena, ihn anzustarren. Natürlich erinnerte sie sich an ihn. Damals hatte sie den Auftrag gehabt, Kontakt mit den Halbmenschen aufzunehmen, die nach Ausschreitungen in den Dörfern in den berüchtigten Lixantha-Dschungel geflüchtet waren. Nur durch Zufall hatte Rena den Jungen und seinen Vater gefunden, die einsam am Rande des Dschungels lebten und zu den wenigen Menschen gehörten, die den Wald nicht fürchteten. Wenn der Junge sie damals nicht in den Dschungel geführt und ihr vieles gezeigt hätte, wäre Rena schnell im Magen irgendeines seltsamen Raubtiers gelandet.
Jetzt strahlte der junge Mann. »Ja! Ich bin’s. Ich ... als ich Euch gesehen habe, dachte ich erst, ich träume ...« Er zog einen kleinen Gegenstand hervor, den er um den Hals trug. Einen schimmernden Kristall. »Wisst Ihr noch, dass Ihr mir damals den Wasserdiamanten geschenkt habt?«
»Sag bloß, du hast ihn all die Zeit getragen!«
Kerrik nickte. »Für Euch war das damals nur eine nette Begegnung ... aber für mich war sie sehr wichtig. Sie hat mein Leben verändert. Als ich Euch zugehört habe - Euch, Meisterin Alix und diesem anderen Schmied -, wurde mir klar, dass es noch eine andere Welt gibt, eine größere Welt. Ein paar Winter später, als ich alt genug war, bin ich weggezogen vom Dschungel, in die Stadt.« Er lächelte. »Außerdem ist der Diamant ein schönes Andenken an den Tag, an dem ich es zum ersten und einzigen Mal geschafft habe, ein Salisar mit der Schleuder zu erlegen.«
Rena lächelte. »Ich hätte nie gedacht, dass ich dich wiedersehe ...« Und sie hätte auch nie gedacht, dass aus dem dünnen blonden Jungen ein so stattlicher Mann werden könnte. Ein Waldläufer wie aus einer der alten Legenden ihrer Gilde. Wahrscheinlich konnte er ein Salisar inzwischen mit bloßen Händen erledigen. Und seinen Dialekt hatte er sich auch abgewöhnt.
Neugierig musterte Alena den jungen Mann. Wieso hatte er eben keine Angst gehabt? Sie war bereit gewesen ihn zu töten, als er so auf Rena zugestürzt war. Aber wenn er im Lixantha-Dschungel aufgewachsen war, dann hatte er sich bestimmt so oft mit grässlichen Monstern herumgeschlagen, dass ein Mädchen mit einem Schwert ihn nicht besonders erschreckte.
Kerrik gefiel ihr. Seine Haare leuchteten in der Sonne wie poliertes Messing und sein gebräuntes Gesicht war stark und klar. Er wirkte, als hätte er schon viel gesehen und erlebt. Irgendwie fand sie es spannend, dass er der Erd-Gilde angehörte, das machte ihn fremd und exotisch. Sie ärgerte sich darüber, dass er sie jetzt ignorierte. Es wäre schön gewesen, noch einmal seine Augen sehen zu können. Waren sie wirklich graublau? Das war in Tassos sehr selten.
Hör auf, sagte Alena ihrem Herzen. Er ist bestimmt zehn
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