Feuerbluete 01 - Feuerbluete
Torquil-Beinen und gegrillten Nerada-Vögeln. »Hier gibt’s wenigstens was Handfestes. Ich kaufe auch gleich was für Cchraskar, dem knurrt der Magen bei Kerrik immer lauter!«
Tjeri entdeckte zwischen den Kisten und Säcken, die ein Händler gerade abgeladen hatte, ein junges Schneehörnchen. Er versuchte das kleine Wesen heranzulocken, doch es wich ängstlich vor ihm zurück. Ungläubig sahen Rena und Alena zu, wie es davonwuselte und in einer Nische verschwand. Und wo war eigentlich Tjeris Libelle? Rena sah sie nirgends. »Hm, sieht aus, als hättest du’s dir irgendwie mit den Tieren verscherzt.«
Ratlos und ein bisschen gekränkt schüttelte Tjeri den Kopf. »Komisches Vieh.« Er begann mit dem Händler um eine der Kisten mit frischem Gemüse zu feilschen, damit sie Kerrik ihren Teil zur Verpflegung beisteuern konnten. Doch als es darum ging, die Kiste heimzutragen, musste er passen, er setzte sie sofort wieder ab.
»Was ist los mit dir? Vor ein paar Tagen hättest du dieses Ding mit dem kleinen Finger gehoben!« Besorgt sah Rena ihn an.
Tjeri wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich weiß nicht... seit gestern fühle ich mich irgendwie ... seltsam.«
Rena überlief es eiskalt. »Du wirst schwächer?«
»Ja, fürchte schon«, sagte er fast entschuldigend.
Sie legte sich seinen Arm um die Schultern und Tjeri stützte sich schwer auf sie. Entsetzt spürte Rena, wie kraftlos er sich anfühlte. »Du hast den Weißen Panther gesehen, oder?«, fragte sie ihn verzweifelt. »Wieso hast du nichts gesagt?!«
»Wollte euch nicht beunruhigen. Wahrscheinlich wollte ich es nicht wahrhaben ...«
»Wo war das Vieh?« Alena schrie beinahe. »Wann hast du es gesehen?«
»Gestern Nacht. Auf dem Heimweg von diesem Freudenhaus, als ihr ein Stück vorausgegangen seid. Es hat mich einfach nur angesehen. Das hat anscheinend gereicht ...«
O nein, nicht das, nicht Tjeri! Am liebsten hätte Rena geschrien, ihren Schmerz herausgebrüllt. Aber das ging jetzt nicht. Erst einmal musste sie Tjeri helfen. Sie und Alena nahmen ihn zwischen sich, stützten ihn und schafften ihn irgendwie zu Lilas’ Haus. Es war nicht einfach, obwohl Tjeri einen halben Kopf kleiner war als Kerrik und kein überflüssiges Gramm Fett auf den Rippen hatte. Er war kaum noch bei Bewusstsein, als sie ankamen.
»Was ist los?« Lilas kam ihnen entgegen und sog erschrocken die Luft ein, als sie Tjeri sah. Sie half dabei, ihn auf eine der Schlafmatten zu betten, und eilte in ihre Kräuterkammer, um einen Heiltrank für ihn zu bereiten.
Rena saß an seinem Lager und betrachtete das blasse Gesicht ihres Gefährten. Es riss ihr das Herz heraus, ihn so zu sehen. Sie fühlte den Puls an seinem Hals - er war fadendünn. Seine Haut fühlte sich kalt an, und obwohl Alena ein Feuer angezündet hatte, stand Tjeris Atem als helle Wolke im Raum. Warum ging es so schnell abwärts mit ihm?
»Es sieht nicht gut aus, oder?«, fragte Alena erschüttert.
Rena schüttelte den Kopf. »Warum er?«, flüsterte sie. »Warum erwischt es uns - dich und mich - nicht? Wir sind es doch, die Cano töten will.«
»Vielleicht will er uns erst zerbrechen«, sagte Alena leise.
Wenig später fiel Tjeri ins Koma. In den Schlaf, aus dem es vielleicht kein Erwachen mehr gab.
Alena konnte es kaum fassen. Erst ihr Vater - und jetzt Tjeri! Wie betäubt saßen sie, Rena, Lilas und Kerrik, neben der Schlafmatte, starrten auf den reglosen Körper ihres Freundes. Wo er jetzt wohl ist, ob er träumt?, ging es Alena durch den Kopf.
Erstaunt sah sie, dass Rena aufstand, fahrig ein paar Schriftrollen zusammenpackte.
»Was ist los? Wo willst du hin?«
Renas Stimme schwankte. »Hast du die Versammlung im Silbernen Bezirk vergessen? Sie fängt bald an.«
»Aber du kannst doch jetzt nicht...«
»Ich muss. Nicht mal ich kann mir erlauben, ganz Ekaterin aufzuscheuchen und die Leute dann vergeblich warten zu lassen. Lilas, könntest du bei Tjeri bleiben?«
»Natürlich, mache ich.«
Gemeinsam eilten sie durch den Gelben Bezirk, dann konnte Alena schon die silbernen Türme erkennen, den Torbogen. Es war gar nicht einfach, bis dorthin durchzukommen. Die Brücken über den See waren voll von Leuten, die sich auf den Versammlungsplatz zubewegten. In grimmigem Schweigen drängten Rena und die anderen sich durch. Schnell merkten die Bewohner von Ekaterin, wer da kam, und machten ihnen eine Gasse frei. In der Mitte des Platzes war schon ein Podium aufgebaut worden, dahinter erhob sich ein elegantes
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