Feuerbluete 01 - Feuerbluete
Wasserdiamanten und sah im schwachen grünen Licht, das durch den Pflanzenvorhang fiel, sehr vornehm aus.
»Wo willst du hin?«, fragte Alena atemlos.
»Als ich das Vermitteln gelernt habe, hat mir mein Lehrmeister etwas Wichtiges beigebracht«, sagte Rena. »Wenn man einen Konflikt mit jemandem hat, dann muss man zuallererst mit demjenigen darüber sprechen. Noch bevor man sich bei anderen beschwert.«
»Du willst zu Cano?!«
»Gerade haben wir erfahren, dass der Heiler vom Berge ganz in der Nähe ist«, berichtete Kerrik. »Er hatte eine Kundgebung in einem Dorf, das nur eine halbe Tagesreise entfernt ist.«
»Ich komme mit!«
»Nein«, wehrte Rena ab. »Das ist zu gefährlich. Außerdem brauche ich dich hier. Jemand muss weiter nach Keldo suchen. Kerrik und Lilas bleiben auch in Ekaterin. Ich werde allein gehen.«
Zu gefährlich?! Alena schnaubte. Sie war dafür ausgebildet geworden, mit Gefahr umzugehen! Aber wenn sie darüber nachdachte, hatte Rena Recht. Nach der Katastrophe mit der Versammlung sah es wieder so aus, als sei Keldo ihre einzige Hoffnung. Außerdem gab es - so viel wusste sie inzwischen - viele Gefahren, gegen die man sich nicht mit einem Schwert wehren konnte.
»Pass auf dich auf«, sagte Alena leise und Rena nickte.
Es wurde wieder eine lange Nacht. Alena streifte durch die ganze Stadt und sprach mit jedem, den sie zu fassen bekommen konnte. Sie wagte sich bis zum Schwarzen Bezirk, der Siedlung der Gildenlosen. Es gab kaum Lichter hier und der Geruch nach Abfall und menschlichen Ausscheidungen ließ sie würgen. Aber sie musste noch einmal mit den Leuten sprechen. Schließlich führte ihre einzige Spur hierher.
Doch in dieser Nacht duldete Cchraskar nicht, dass sie den Bezirk betrat. Sein Fell war gesträubt, als er am Rand der Siedlung in alle Richtungen witterte. »Der Weisssse Panther ist hierr«, fauchte er und seine Fangzähne blitzten im Licht des dritten Mondes.
»Was soll’s - in meinen Träumen ist er auch«, sagte Alena trotzig. Aber sie kehrte mit ihm um.
Als sie auf dem Rückweg hochblickte, sah sie den Palast der Trauer über der Stadt thronen. Er schimmerte im Mondlicht, nachts sah er fast schön aus. Aber die gewölbten Säulen, die seine Außenmauern hielten, wirkten wie Spinnenbeine. Schaudernd wandte sich Alena ab.
Am nächsten Morgen dachte sie zum ersten Mal daran, sich das Gesicht mit Creme einzureiben. Kerrik sollte sie schön finden. Konzentriert zog sie sich die Umrisse der Augen mit Kohlestift nach, rieb noch ein wenig Lidschatten dazu und tupfte sich Duftwasser auf die Handgelenke.
Beleidigt merkte Alena, dass Rena und Lilas sich trotz ihrer düsteren Stimmung das Lachen verbeißen mussten, als sie sich an den Frühstückstisch setzte. Kerrik rumorte noch in der Küche herum. »Was beim Feuergeist ist los?«, fragte Alena bissig.
»Man reibt den Lidschatten auf die Augen, nicht darunter«, sagte Lilas.
»So siehst du aus, als hättest du drei Nächte nicht geschlafen«, fügte Rena hinzu.
»Stimmt ja auch«, sagte Alena und rubbelte sich mit den Fingern im Gesicht herum, um das Zeug abzukriegen. Sie zögerte, entschied sich dann die Wahrheit zu sagen. Irgendwann musste sie jemandem davon erzählen. »Ich habe Albträume. Ein weißer Panther greift mich an und ich schaffe es nicht, ihn zu besiegen.«
Erschrocken sahen sich Rena und Lilas an. »Der Weiße Panther, der die Krankheit bringt?«
»Ja, genau der. Aber mich hat er bisher nicht krank gemacht ... auch wenn er versucht mich zu töten, glaube ich. Ich habe ihn ja auch nur im Traum gesehen.«
Lilas lachte sie nicht aus, sondern dachte ernst nach. »Vielleicht solltest du nicht gegen ihn kämpfen. Das hast du ja schon versucht und es ging nicht, oder?«
»Aber was soll ich sonst machen? Wenn ich mich nicht wehre, bringt er mich um.«
Lilas seufzte. »Ich wünschte, du würdest mich mal deinen Geist sondieren lassen.«
»Ah ... lieber nicht!« Alena war entsetzt. Das hätte ihr gerade noch gefehlt. Sie dachte so oft an Kerrik, dass es sich wahrscheinlich schon in ihrem Kopf eingebrannt hatte.
»Gut, dann sage ich dir einfach so, was ich denke. Du kämpfst innerlich, Alena. Du kämpfst die ganze Zeit gegen etwas an. Wenn du es schaffen könntest, eine Weile aufzuhören, dann könntest du eine Kraft einsetzen, gegen die kein Panther auf ganz Daresh ankommt.«
Nach dem Frühstück ging Alena hinaus, setzte sich auf den schmalen Sims vor dem Haus und blickte durch den grünen Vorhang nach
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