Feuerbluete 01 - Feuerbluete
verschwinde!«
Im Traum hatte das funktioniert. Doch noch während der Panther zurückwich, bemerkte Alena aus den Augenwinkeln, dass Cano sich bewegte, dem Dämon wieder ein Zeichen gab. Unwillkürlich krampfte sich ihre Hand um den Griff ihres Schwertes. Was hatte er vor?
Auf einmal war nicht mehr ein Panther da. Sondern fünf, sieben, zehn. Sie waren überall. Sie kauerten auf den Hausdächern, schlichen mit peitschendem Schwanz die Straße entlang.
Verzweifelt drehte sich Alena um die eigene Achse, versuchte jedes der Raubtiere im Auge und geistig im Griff zu behalten. Doch was mit einem der Dämonen funktioniert hatte, war mit zehn unmöglich. Rena und Tjeri waren schon eingekreist, zwei Panther belauerten sie, die gelben Augen gierig. Und um Alena schlichen gleich drei herum.
Alena spürte, wie ihr die Kontrolle entglitt. Kitzelnd rannen Schweißtropfen über ihre Stirn. Ich kann nicht, ich kann nicht!, schrie es in ihr. Am liebsten hätte Alena ihre Wut und Hilflosigkeit herausgebrüllt. Doch dann fiel ihr Blick auf Cano. Interessiert, mit distanzierter Neugier, beobachtete er, wie sie sich bewährte.
Du Mistkerl, dachte Alena. Du Baumratte. Auf einmal war ihre Nervosität weg, einfach so. Zurück blieb nur die kühle Ruhe, die sie während eines Schwertkampfs erfüllte. Sie hörte auf zu denken. Sie stellte sich vor, im Zentrum eines Feuerwirbels zu stehen, der alle Eisdämonen in seinen Bann zog.
Die Panther reagierten sofort. Sie hielten inne, blickten auf. Wirkten unruhig.
Cano runzelte die Stirn.
Doch bevor er dazu kam, einen neuen Befehl zu geben, gab es einen Aufruhr unter seinen Leuten. Ganz langsam, um nicht aus ihrer Konzentration gerissen zu werden, drehte Alena den Kopf um herauszufinden, was dort geschah. Was sie sah, erschütterte sie. Vier Männer zerrten Kerrik und einen Iltismenschen mit sich. Obwohl sich beide heftig wehrten, kamen sie nicht frei. Alenas Herz pochte so heftig, dass es fast wehtat. Kerrik. Sie hatten Kerrik - und Cchraskar. Jetzt kämpfte sie wirklich um alles, was sie noch zu verlieren hatte.
Canos Leute beförderten ihre beiden Freunde mitten unter die Eisdämonen. Einer der Panther holte mit der Pranke aus, zog mit den Krallen blutige Spuren über Kerriks Arm. Kerrik geriet nicht in Panik. Er presste die gesunde Hand auf die Wunde und wich langsam zurück, wie es bei einem normalen Raubtier sinnvoll gewesen wäre. Der Panther folgte ihm.
Alena kämpfte darum, wieder die Herrschaft über ihre wild durcheinander schießenden Gedanken zu erlangen. Sie hatte nur eine Chance. Wenn sie die nicht nutzte, war Kerrik in zehn Atemzügen tot.
Alena holte tief Atem, schloss kurz die Augen. Sie zwang sich, nicht an Kerrik zu denken. An nichts zu denken. Ihr Herz raste, wollte sich nicht beruhigen lassen. Aber noch einmal schaffte sie es, ihre Gedanken zu bündeln. Sofort ließen die Panther von ihren Opfern ab und wandten sich ihr fauchend zu. Sie bewegten sich im Einklang, perfekt aufeinander abgestimmt - jetzt sah man, dass sie ein einziges Wesen waren, dass ein gemeinsamer Wille sie bestimmte.
»Gib auf!«, schleuderte Alena dem Eisdämon entgegen. »Du verlierst doch sowieso!«
Die Männer des Propheten bogen sich vor Lachen. Doch Cano lachte nicht mit ihnen.
»Das reicht jetzt«, sagte er. Er bewegte den Arm in einem Halbkreis.
Die Raubtiere rannten auseinander, in Windeseile verteilten sie sich in der Umgebung. Sie erklommen Gartenhäuser, liefen mühelos die steilen Seitenwände der Pyramiden hinauf und ließen sich auf den Spitzen nieder. Dann öffneten sie ihre Rachen und stießen ein tiefes, dröhnendes Brüllen aus. Das Geräusch verhallte nicht, sondern wurde höher und höher, bis es so schrill klang wie Fingernägel auf einer Schieferplatte. Starr vor Entsetzen sah Alena, wie der Ton Gestalt annahm. Es war wie ein Flimmern in der Luft, das sich zu einer fast unsichtbaren Schockwelle formte. Einen Atemzug später traf die Welle sie und fegte sie von den Füßen. Es waren pure Kälte und reiner Schmerz, die da auf sie zufluteten. Ein unerträglich eisiger Hauch, der in die Seele schnitt wie ein Messer. Alena fand sich zusammengekrümmt auf dem Boden wieder, ihr ganzer Körper fühlte sich taub an.
Cano war auf sie zugegangen, blickte auf sie herunter. Er lächelte, streckte die Hand aus, wie um ihr aufzuhelfen. Doch inzwischen wusste Alena, was dieses Lächeln bedeutete. Irgendwie schaffte sie es, auf die Füße zu kommen und wegzustolpern. Feuer, dachte sie
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