Feuereifer
Meadows verlegt hatte.
William Bysen, dessen Spitzname Buffalo Bill lautete, war inzwischen dreiundachtzigjahre alt, kam aber immer noch täglich in die Firma und überwachte alles von der Wattzahl der Glühlampen in den Angestelltentoiletten bis zu den Verträgen mit großen Zulieferern. Seine vier Söhne waren allesamt im Unternehmen tätig, seine Frau May Irene galt als Stütze der Gemeinde, war in der Wohltätigkeitsarbeit und der Kirche tätig. May Irene und Buffalo Bill gehörten den Evangelikaien an; jeden Morgen wurde im Firmensitz als Erstes eine Gebetsstunde abgehalten, zweimal pro Woche kam ein Pfarrer und hielt einen Gottesdienst ab, und das Unternehmen unterstützte eine Reihe von Missionen in Übersee.
Von den Mädchen aus meiner Mannschaft waren auch einige evangelikale Christen. Ich hoffte, dass die Firmenleitung sich vielleicht über den Glauben bewegen ließ, Gutes für South Chicago zu tun.
Als ich Gang W erreicht hatte, betete ich jedenfalls nur noch darum, nie wieder im Leben etwas kaufen zu müssen. Aus dem Gang trat ich in einen zugigen Korridor, der sich über die gesamte Länge des Gebäudes erstreckte. Am anderen Ende sah ich die Umrisse von diversen Rauchern, die sich in der offenen Tür drängten, offenbar bedürftig genug, um sich Regen und Kälte auszusetzen.
Ich kam an einer offenen Tür vorbei und spähte in den Raum, der eine Kantine zu sein schien. An der Wand standen ein paar Automaten, an zerkratzten Holztischen hockten ein paar müde Gestalten. Einige verspeisten einen Eintopf aus dem Automaten oder Kekse, andere waren eingeschlafen; ihre roten Kittel hingen auf den schmutzigen Boden.
Ich wanderte weiter und inspizierte die anderen Räume. Als Nächstes entdeckte ich einen Kopierraum, in dem zwei große Drucker stapelweise Lagerbestände ausspuckten. Auch eine Faxmaschine in der Ecke bemühte sich, die papierlose Gesellschaft ad absurdum zu führen. Ich starrte wie gebannt auf die Papierhaufen, und da traf auch schon eine Kolonne Gabelstapler ein, um den Ausstoß abzutransportieren. Als sie davonsausten, erwachte ich aus dem Bann, blinzelte und zog mich wieder in den Korridor zurück.
Hinter den nächsten beiden Türen befanden sich winzige Büros, in denen Menschen so emsig mit Computern und Aktenordnern beschäftigt waren, dass sie nicht mal aufblickten, als ich nach Grobian fragte, sondern nur den Kopf schüttelten und mit ihrer Tätigkeit fortfuhren. An der Decke bemerkte ich kleine Videokameras; vielleicht wurden die Lohnschecks zurückgehalten, wenn man die Angestellten dabei ertappte, dass sie außerhalb ihrer Pausen von der Arbeit aufblickten.
Ein Stück weiter hinten lungerten fünf Männer vor einer geschlossenen Tür herum. Einige tranken etwas aus Papptassen. Trotz der spionierenden Kameras und der unübersehbaren Rauchverbotsschilder rauchten zwei von ihnen heimlich. Sie hielten die Kippen in der halbgeschlossenen Faust und schnippten die Asche in leere Papptassen. Die Männer trugen abgewetzte Jeans und schwere Arbeitsstiefel, das Standard-Outfit von müden Männern, die für zu wenig Kohle zu viel arbeiten müssen. Fast alle trugen alte Bomberjacken oder Fleecewesten, die für alles Mögliche warben, von Harley-Davidson bis New Mary's Wake-Up Lounge.
An der Tür hinter ihnen befand sich ein Schild mit Grobians Namen. Ich blieb stehen und zog eine Augenbraue hoch. »Ist der bedeutende Mann da drin?« Der Typ mit der Harleyjacke lachte. »Bedeutender Mann? Ganz recht, Lady. Ist zu bedeutend, dass er unsere Aufträge abzeichnet, ohne die wir nicht losfahren können.« »Weil er meint, er sei schon unterwegs nach Rolling Meadows.« Einer der Raucher hustete und spuckte in seine Papptasse.
Die Wake-Up-Lounge-Jacke grinste böse. »Stimmt ja vielleicht. Ist die Bettlakenkönigin nicht... hey, wofür war denn das, Mann?« Einer der anderen Raucher hatte ihm ans Schienbein getreten und wies mit dem Kinn auf mich.
»Keine Angst, ich bin nicht von der schwatzhaften Sorte, und außerdem arbeite ich nicht für die Firma«, sagte ich. »Ich hab einen Termin beim wichtigen Mann, und normalerweise würd ich jetzt einfach reinmarschieren, aber da ich ihn um einen Gefallen bitten will, werd ich lieber brav anstehen.«
Das brachte mir einen Lacher ein, und die Knaben machten Platz für mich, damit ich mich auch an die Wand lehnen konnte. Ich hörte zu, als sie über ihre anstehenden Touren redeten. Der Typ mit der Harley-Jacke sollte nach El Paso fahren, die anderen
Weitere Kostenlose Bücher