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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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fügte sie dem Enteiserberg hinzu.
    Ein zweiter Gabelstapler kam angesaust und wurde von einem Mann, der die identische rote Weste trug wie die Frau und immer wieder auf einen Computerausdruck blickte, mit Besen beladen.
    Als ich einen erneuten Ansatz machen wollte, mich fortzubewegen, kam jemand von der Wachmannschaft angelaufen. Es handelte sich um eine massige schwarze Frau, an deren Weste
    Reflektoren glitzerten. Sie trug einen Schutzhelm mit der Aufschrift »Sei smart, kauf bei By-Smart« und einen Gürtel, an dem sämtliche Utensilien eines Ordnungshüters baumelten, inklusive einer Betäubungspistole. Sie musste ziemlich schreien, um den Krach der Förderbänder und Laster zu übertönen, und erkundigte sich, was ich hier wohl zu suchen hätte.
    Ich gab wieder meine Erklärung zum Besten. Sie pflückte ein Handy von ihrem Gürtel und ließ sich meine Info bestätigen. Danach versah sie mich mit einem Anstecker und Anweisungen zu Patrick Grobians Büro: Gang S entlanggehen, bei W links abbiegen, durchgehen bis zum Ende, dort würde ich Büros, Toiletten, Kantine und so fort finden.
    Erst jetzt fielen mir die riesigen roten Zahlen auf, die über dem Eingang zu jedem Gang standen; sie waren so groß, dass ich sie übersehen hatte. Auch die Förderbänder über den Gängen registrierte ich erst jetzt; von dort oben wurden die Waren über Rutschen zu den Ladestationen hinuntergeschafft. An Wänden und Regalen verkündeten Schilder »Rauchen strengstens verboten« und »Achten Sie auf Sicherheit am Arbeitsplatz«. Da ich auf Gang S blickte, bog ich bei den Schaufeln links ab und ging sechs Gänge weiter, wobei ich an einem Gebirge aus Mikrowellen und einem Wald aus künstlichen Weihnachtsbäumen vorbeikam. Im Gang S wanderte ich zwischen Weihnachtsdeko hindurch: Lawinen von Glocken, Lichterketten, Servietten, Plastikengeln, Madonnen mit rosa Gesichtern und käseweißen Jesuskindern im Arm. Mir wurde zusehends schwindlig zwischen diesen endlosen Warenbergen, den rasselnden Förderbändern über meinem Kopf, den wild umhersausenden Gabelstaplern. Es gab Menschen hier in diesem Lagerhaus, aber auch sie wirkten wie eine Art Maschinen. Ich hielt mich an einem Regal fest, damit mir nicht schwarz vor Augen wurde. Bei Patrick Grobian konnte ich nicht schwankend antreten; ich wollte ihm schließlich Geld für die Basketballmannschaft der Bertha Palmer Highschool entlocken und sollte lieber einen dynamischen, professionellen Eindruck machen. Als ich drei Wochen vorher die stellvertretende Direktorin der Schule kennen gelernt hatte, die für die Projekte zuständig war, wurde mir klar, dass ich selbst einen Ersatz für Mary Ann suchen musste, wenn ich nicht bis an mein Lebensende als Trainerin antreten wollte. Natalie Gault war Mitte vierzig, klein, untersetzt und sich ihrer Autorität höchst bewusst. Sie saß zwischen Bergen von Arbeitspapier. Mädchen-Basketball war für sie etwa so bedeutsam wie die Anschaffung einer neuen Kaffeemaschine fürs Lehrerzimmer.
    »Ich kann nur bis Jahresende für Mary Ann einspringen«, verkündete ich, als sie mir für meinen schnellen Einsatz dankte. »Wenn im Januar die Saison anfängt, kann ich nicht mehr hier runterkommen. Bis dahin will ich dafür sorgen, dass die Mädchen in Form bleiben, aber sie brauchen eine ausgebildete Trainerin, und das bin ich nicht.« »Sie brauchen in erster Linie Erwachsene, die Interesse an ihnen bekunden, Ms. Sharaski.« Gault lächelte mich unverbindlich an. »Niemand erwartet von ihnen, dass sie tatsächlich Spiele gewinnen.«
    »Warshawski. Und die Mädchen wollen durchaus gewinnen -sie spielen nicht, um ihre Fairness unter Beweis zu stellen. Die haben sie ohnehin nicht drauf. Mit dem richtigen Training könnten aus drei oder vier von ihnen erstklassige Basketballerinnen werden -sie verdienen mehr Einsatz und Qualifikation, als sie von mir kriegen können. Was unternimmt die Schule, um eine neue Trainerin zu finden?« »Für die Gesundheit von Mary Ann McFarlane beten«, antwortete Gault. »Ich weiß, dass Sie hier zur Schule gegangen sind. Damals konnte die Schule noch jedem musikinteressierten Kind ein Instrument zur Verfügung stellen. Wir können seit achtzehn Jahren keine Musik mehr anbieten, abgesehen von dem Band-Club, den einer der Literaturlehrer betreibt. Kunst gibt es auch nicht mehr, wir sagen den Schülern stattdessen, sie sollen downtown kostenlose Angebote nutzen - zu denen man eine Anfahrt von zwei Stunden hat. Wir können uns keine

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