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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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erkennen, wo ich war: auf einem der riesigen Hügel, wo die Abfälle von Chicago landen. Hinter dem Truck sah ich eine Schlange von Mülllastern näher kommen wie fleißige Käfer. Jeden Tag werden zehntausend Tonnen Müll hier abgekippt und mit Erde bedeckt. Die Lastwagen sind rund um die Uhr im Einsatz und schaffen unseren Dreck weg.
    Mir war übel vor Angst. Grobian setzte den Truck zurück und wendete ihn unbeholfen in einem großen Bogen. Sobald er kein Hindernis mehr darstellte, würde die Käferschlange hier heraufkriechen und ihre Ladung auf mich schütten. Ich drückte verzweifelt meinen linken Fuß gegen den rechten, drehte den rechten wie wild im Schuh, stemmte mich mit dem Gewicht dagegen, das Gesicht im Dreck. Ich durfte keine Zeit vergeuden, indem ich dem By-Smart-Truck zuschaute. Ein stechender Schmerz schoss mir den Rücken hinauf, und ich schrie auf.
    Aber ich hatte es geschafft, meinen rechten Fuß aus dem Schuh zu winden und danach durch die Fessel. Zog die Knie unter mich und rappelte mich hoch. Ich war frei, ich konnte auf und ab springen, die Fahrer würden mich sehen. Meine Beine waren wacklig, meine Arme noch immer hinter dem Rücken festgebunden, so dass meine Schultern sich anfühlten, als würden sie gleich aus den Gelenken springen, aber mir war nach Singen und Tanzen und Radschlagen zumute.
    Die Müllwagen kamen nicht mehr voran, weil der By-Smart-Laster noch immer die Zufahrt blockierte. Ich hörte auf zu hopsen. Spar deine Kräfte, Warshawski, du brauchst sie noch. Der By-Smart-Truck fuhr weiter im Kreis, bog nicht auf die Straße ein. Der vordere Mülllaster begann zu hupen. Es hatte den Anschein, als hätte Grobian das Fahren verlernt. Oder wollte William beweisen, dass er keine nutzlose Lusche war, und versuchte, selbst zu lenken? Die Zugmaschine fuhr einen zu weiten Bogen, wodurch der Auflieger über den Abhang geriet, einen Moment im Leeren hing und abstürzte. Die Zugmaschine kippte nach hinten, verharrte eine Sekunde auf den Rädern und fiel dann zur Seite.

46
    Siehe da - der entwendete Füller
    Diese Nacht endete für mich wie bereits zu viele in diesem Monat: in einem Krankenhausbett, mit dem Gesicht von Conrad Rawlings über mir. »Was immer du zum Frühstück gegessen hast, Ms. W., das pfeife ich mir künftig auch ein - theoretisch müsstest du tot sein.«
    Ich blinzelte ihn schläfrig an, völlig benommen von Schmerzmitteln. »Conrad? Was machst du denn hier?«
    »Du hast die Schwester in der Notaufnahme gezwungen, mich anzurufen. Weißt du das nicht mehr? Du hast offenbar Tobsuchtsanfälle gekriegt und verlangt, dass sie mich herholen, bevor sie dich zwecks Behandlung betäuben.«
    Ich bewegte den Kopf hin und her und versuchte, mich an die Ereignisse der Nacht zu erinnern, aber das tat weh. Als ich nach meinem Kopf tastete, spürte ich ein Pflaster. »Ich weiß nichts mehr. Und was ist los mit mir? Was ist das auf meinem Kopf?« Er grinste, und sein Goldzahn glitzerte im Licht der Deckenstrahler. »Ms. W., du siehst aus wie der Chef-Zombie in Die Nacht der lebenden Toten. Jemand hat dir in den Kopf geschossen, was ich durchaus begrüßen würde, falls du dadurch vernünftiger würdest.« »Oh. Im Lagerhaus, bevor Grobian mich niedergeschlagen hat. Da hat er auf mich geschossen. Ich hab es gar nicht gespürt, hab nur gemerkt, wie mir das Blut übers Gesicht lief. Wo ist William Bysen?«
    »Wir haben sie alle sozusagen in Verwahrung, wobei ich nicht weiß, wie lange ich sie behalten kann, weil die Bysens natürlich jetzt ihr juristisches Geschütz auffahren. Als ich hier ankam, versuchten die beiden grade, dem Dienst habenden Kollegen zu erzählen, dass du einen der By-Smart-Trucks gekapert hättest, worauf sie mit dir gekämpft hätten und der Laster umkippte.
    Die Leute von der Feuerwehr, die euch drei hierher schafften, sagten daraufhin, dass du an Händen und Füßen gefesselt warst, und Grobian meinte, das hätten sie gemacht, damit du sie nicht überwältigst. Möchtest du dazu was sagen?« Ich schloss die Augen; das Licht aus den Strahlern war schwer zu ertragen. »Wir leben in einer Welt, in der die Leute offenbar bereit sind, jede erdenkliche Lüge zu glauben, sofern jemand sie erzählt, der angeblich auf Familienwerte achtet. Die Bysens reden so viel darüber, dass ihnen die Staatsanwälte und Richter die Geschichte wohl auch abkaufen.«
    »Hey, sei nicht so zynisch, Ms. W., ich bin auch noch da. Und die Müllmänner können beweisen, dass diese Geschichte nicht

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