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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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hinhaut.« Ich lächelte ihn belämmert an. »Das ist nett von dir, Conrad, danke.« Die Schmerzmittel pflügten mich immer wieder unter, aber wenn ich auftauchte, erzählte ich Conrad von Billy und Josie und den anderen Vorkommnissen der Nacht, sofern ich mich noch erinnern konnte, und er berichtete mir von meiner Rettung. Als der By-Smart-Truck umkippte, waren die Müllmänner offenbar aus ihren Lastern gesprungen und zum Unfallort geeilt - sicherlich nicht nur, um zu helfen, sondern auch der Sensation wegen. Dabei hatte einer mich entdeckt, wie ich jämmerlich auf dem Müllberg rumhopste. Sie hatten den Notruf gewählt, bekamen aber keinen Krankenwagen, sondern nur die Feuerwehr. Weshalb die Feuerwehrleute als Erstes Grobian und William aus der Zugmaschine befreiten und uns dann alle drei ins Krankenhaus verfrachteten.
    Bruchstückhafte Erinnerungen kehrten zurück: wie wir mit einem Affenzahn die Stony Island Avenue entlangrasten und ich aufwachte, weil ich durchgeschüttelt wurde und Schmerzen hatte, und dann sah ich verschwommen Grobian und William vor mir, die sich anschrien und gegenseitig die Schuld an dem Schlamassel gaben. Vermutlich hatten sie erst angesichts der Polizei im Krankenhaus beschlossen, sich zusammenzutun und die Schuld auf mich zu schieben. Ich bemühte mich, wach zu bleiben, um Conrads Geschichte folgen zu können, aber den Medikamenten gelang es auch nicht, die Schmerzen in meinen Schultern, den Nieren und dem gesamten Rest meines Körpers zu unterdrücken. Ich fühlte mich von Kopf bis Fuß wie eine einzige Wunde, und nach einer Weile gab ich es auf und schlief einfach ein.
    Als ich wieder aufwachte, war Conrad verschwunden, aber dafür saßen Lotty und Morrell an meinem Bett. Das Krankenhaus wollte mich entlassen, und Lotty war gekommen, um mich zu sich zu nehmen.
    »Es ist kriminell, dich jetzt zu entlassen, was ich dem Klinikchef auch gesagt habe, aber die Erbsenzähler mit ihrem Sparsystem legen fest, wie lange jemand sich hier aufhalten darf, und für deinen misshandelten Körper haben sie zwölf Stunden errechnet.« Lottys schwarze Augen funkelten vor Wut, wobei mir bewusst war, dass sie sich nicht nur meinetwegen aufregte, sondern auch weil ein Krankenhaus eher auf seine Buchhaltung hörte als auf eine bedeutende Chirurgin.
    Nach seiner eigenen Verletzungsgeschichte wusste Morrell bestens, welche Art von Kleidung man einem malträtierten Körper zumuten konnte. Er hatte in einer Edelboutique in der Oak Street einen Hausanzug aus Kaschmir für mich erstanden, der sich so weich anfühlte wie das Fell eines Kätzchens. Ferner Stiefel mit Fleece-Futter, damit ich nicht mit Schuhen und Strümpfen herumfuhrwerken musste. Als ich mich zittrig und im Schneckentempo ankleidete, stellte ich fest, dass meine Haut viel Ähnlichkeit mit reifen Auberginen aufwies, da sie an den meisten Stellen violett verfärbt war. Beim Rausgehen reichte mir die Krankenschwester eine Tüte mit dreckverkrusteten Kleidern, und ich empfand noch mehr Dankbarkeit für Morrell, weil er mir durch seinen Einkauf die Betrachtung dieser Sachen erspart hatte. Morrell half mir in den Rollstuhl und legte mir seinen Stock auf den Schoß, damit er mich den Flur entlangschieben konnte. Lotty marschierte neben uns her wie ein bissiger Terrier; ihr Fell schien sich jedes Mal zu sträuben, wenn sie mit jemandem über meine Entlassung sprechen musste.
    Allerdings konnte nicht einmal mein Zustand sie davon abhalten, die Straßen als eine Formel-Eins-Strecke zu betrachten, aber ich war viel zu benebelt, um mich wirklich aufzuregen, als sie an der 71st Street fast mit einem Lastwagen zusammenstieß.
    Morrell begleitete uns zu ihrer Wohnung und wollte sich von dort aus ein Taxi nach Evanston nehmen. Als wir im Aufzug hochfuhren, berichtete er, das britische Konsulat habe endlich Marcenas Eltern in Indien ausfindig gemacht, die heute Abend in Chicago eintreffen und bei ihm wohnen würden.
    »Gut«, sagte ich so interessiert, wie es mir in meinem Zustand möglich war. »Was ist mit Don?«
    »Zieht vorerst um auf die Wohnzimmercouch, aber er fliegt am Sonntag nach New York zurück.« Er strich vorsichtig mit dem Finger an meinem Verband entlang. »Könntest du versuchen, ein paar Tage nicht in den Krieg zu ziehen, Hippolyte? Am Montag bekommt Marcena ihre erste Hauttransplantation, und ich wäre dankbar, wenn ich mich nicht auch noch um dich sorgen müsste.«
    »Victoria geht nirgendwohin«, verkündete Lotty entschieden. »Ich werde dem

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