Feuereifer
einen Hausmeister gibt, der Lohn kassiert. April, Celine, Josie und Theresa werden ihre Teamfähigkeit trainieren, indem sie gemeinsam den Schmutz entfernen. Morgen wollen wir den Raum dann zum Üben benutzen.«
Ms. Gault sah mich mit demselben Blick an, der mir schon von der Schulleiterin zuteil wurde, als ich selbst noch Schülerin war. Ich merkte, dass ich plötzlich so kleinlaut wurde wie damals, und ich musste mich wahrhaftig anstrengen, meine aalglatte Rede zu Ende zu bringen.
Gault betrachtete mich lange genug, um mir zu vermitteln, dass sie mich durchschaut hatte - das Blut an Celines Bein und Aprils Gesicht sprachen eine deutliche Sprache -, sagte aber zu guter Letzt, dass sie mit dem Trainer der Jungenmannschaft reden wolle; wenn wir die Sporthalle saubermachten, sollten wir sie auch als Erstes benutzen dürfen. Sie wolle dem Hausmeister sagen, er solle mehr Mopps und eine neue Flasche Reiniger rüberbringen, fügte sie hinzu.
Teamgeist durch Putzen zu stärken erwies sich als sinnvolle Strategie: Gegen Ende des Nachmittags waren sich die vier Übeltäterinnen einig - in ihrer Wut auf mich. Als ich sie endlich ziehen ließ, war es schon nach sechs. Die Mädchen konnten kaum noch kriechen vor Erschöpfung, und ihre Trikots waren nass und schmutzig, aber der Fußboden glänzte, wie er es nicht mehr getan hatte, seit... nun, seit einem Tag vor siebenundzwanzigjahren, als ich ihn mit anderen Mädchen aus meiner Mannschaft putzen musste. Nach einer viel schlimmeren Sache als einer Gangrangelei. Dieses Ereignis hatte ich ziemlich erfolgreich verdrängt - und wollte nicht mal jetzt dran denken.
Ich ging mit den Mädchen in den Umkleideraum, als sie sich umzogen. In den Duschen und Schränken gab es schimmlige Stellen, einige Toiletten hatten keinen Sitz mehr, in anderen lagen blutige Binden und Tampons. Vielleicht konnte ich Ms. Gault dazu veranlassen, dem Hausmeister einzuheizen, damit er hier sauber machte, nachdem die Mädchen nun die Halle auf Vordermann gebracht hatten. Ich hielt mir die Nase zu und rief Josie zu, ich würde im Geräteraum auf sie warten.
7
Dicht an dicht
Josie wohnte mit ihrer Mutter - sowie ihrer älteren Schwester, ihren beiden Brüdern und dem Kind der Schwester - in einem alten Wohnblock an der Escanaba. Auf der Fahrt dorthin bat mich Josie, ihrer Mutter nichts von der Strafe zu erzählen. »Ma meint, ich soll studieren und so, und wenn sie hört, dass ich Stress hatte im Basketball, darf ich vielleicht nicht mehr spielen.« »Möchtest du denn studieren, Josie?«
Ich hielt hinter einem ziemlich neuen Pick-up, der vor dem Gebäude geparkt war. Auf der Ladefläche standen vier Lautsprecher, aus denen so laute Musik dröhnte, dass der Wagen vibrierte. Ich musste mich zu Josie rüberbeugen, um ihre Antwort zu verstehen. »Ich denk schon. Ich meine, ich will nicht mein Leben lang so schuften wie Ma, und wenn ich studiere, kann ich vielleicht Lehrerin oder Trainerin werden oder so.« Sie zupfte an einer Nagelhaut herum und starrte auf ihre Knie, dann platzte sie heraus: »Ich meine, ich weiß ja nicht, wie es ist an der Uni. Ob sie da alle eingebildet sind und mich nicht mögen, weil ich Latina bin und hier unten groß geworden bin. Ich hab ein paar von diesen reichen Kids in der Kirche kennen gelernt, und die Familien von denen wollen nichts mit mir zu tun haben, wegen der Gegend, aus der ich komm. Ich hoff nur, dass es an der Uni nicht so ist.«
Billy the Kid hatte etwas von einem Austauschprogramm der Kirchen erzählt. Sein Chor hatte mit dem Chor aus Josies Pentecostal Church gesungen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass reiche Familien wie die Bysens keinen Wert darauf legten, dass ihre Kinder sich mit Mädchen aus South Chicago anfreundeten.
»Ich bin auch hier aufgewachsen, Josie«, sagte ich. »Meine Mutter war eine mittellose Immigrantin, aber ich habe trotzdem an der University of Chicago studiert. Klar gab es da Idioten, die sich für besser hielten, weil sie mit viel Geld aufgewachsen waren. Aber für die meisten Studenten und Professoren da zählte nur, was für ein Mensch ich war. Nur - wenn du studieren willst, musst du ordentlich was für die Schule tun und fleißig trainieren. Das weißt du, oder?« Josie zog eine Schulter hoch und nickte, aber der vertrauliche Moment war vorüber; sie schnallte sich ab und stieg aus. Als ich mit ihr zur Haustür ging, sah ich fünf junge Typen, die an dem Pick-up lehnten und Joints rauchten. Einer von ihnen war der Knabe, der immer
Weitere Kostenlose Bücher