Feuereifer
Pameter aufstellen dafür.« »Parameter«, korrigierte ich. »Ja, genau das machen wir.«
»Um neun bist du wieder hier«, sagte ihre Mutter warnend. »Sonst schick ich deine Brüder.«
»Aber, Ma, wir fangen doch erst so spät an, weil das Training so lange gedauert hat«, protestierte Josie.
»Dann arbeite eben schneller«, erwiderte ihre Mutter bestimmt. »Und was ist mit Abendessen? Du kannst dich ja nicht bei Mrs. Czernin durchfuttern.«
»April hat am Donnerstag noch eine extra Pizza mitgenommen, als Mr. Czernin uns mit der Reporterin zum Essen eingeladen hat. Sie hat sie für uns beide aufgehoben.« Josie wartete keine weiteren Einwände ab, sondern machte sich aus dem Staub. Zu den Bässen gesellte sich kurz darauf ein weiterer Knall, als Josie die Wohnungstür zuschmetterte.
»Wer ist diese Reporterin?«, erkundigte sich Rose Dorrado und testete die Milch an ihrem Handgelenk. »Josie hat am Donnerstag irgendwas erzählt, aber ich weiß es nicht mehr.«
Ich erklärte Marcena Loves Hintergrund und ihr Projekt mit der Mannschaft. »Josie ist ein gutes Mädchen, sie hilft mir viel mit der kleinen Maria Ines, sie sollte manchmal auch was Hübsches haben«, seufzte Rosie Dorrado. »Kommt sie zurecht in der Mannschaft? Meinen Sie, sie kann vielleicht mit Basketball ein Stipendium für die Uni kriegen? Sie soll eine Ausbildung haben, nicht enden wie ihre Schwester... « Sie verstummte und tätschelte die Kleine, als wolle sie ihr sagen, dass sie nicht schuld sei an ihren Sorgen.
»Josie ist eifrig bei der Sache, und sie spielt gut«, sagte ich und verzichtete darauf, Ms. Dorrado darauf hinzuweisen, dass es ziemlich aussichtslos war, es von einer Schule wie der Bertha Palmer in ein Uniteam zu schaffen. »Sie sagte, Sie wollten über irgendein Problem mit mir sprechen.«
»Bitte, was wollen Sie trinken? Dann spricht es sich leichter.« Da ich mich zwischen Pulverkaffee und orangem Kool-Aid entscheiden sollte, wollte ich gerade beides ausschlagen, als mir noch rechtzeitig einfiel, wie wichtig die Rituale der Gastfreundlichkeit in South Chicago genommen wurden. Romeo Czernin hatte durchaus Recht: Ich war zu lange nicht mehr hier gewesen, wenn ich naserümpfend Pulverkaffee ablehnte. Bei meiner Mutter gab es so etwas zwar nicht - sie hätte eher auf andere Dinge verzichtet als auf ihren italienischen Kaffee, den sie in einem Supermarkt in der Taylor Street zu kaufen pflegte -, aber während meiner Kindheit in der Houston gehörte der Pulverkaffee auf jeden Fall zu den Grundnahrungsmitteln. Rose Dorrado klemmte sich das Baby auf die Schulter und goss etwas von dem heißen Wasser, in dem sie die Milchflasche gewärmt hatte, in zwei Plastikbecher. Ich trug beide ins Wohnzimmer, wo sich Julia, mittlerweile mit Jeans bekleidet, wieder vor der Telenovela niedergelassen hatte. Die zwei jüngeren Brüder waren inzwischen auch eingetroffen und stritten sich mit Julia über den Fernsehkanal. Ihre Mutter sagte ihnen, dass sie auf das Baby aufpassen müssten, wenn sie Fußball sehen wollten, worauf die beiden eiligst wieder auf die Straße flüchteten.
Ich trank den dünnen, bitteren Kaffee, während Rose sich laut darüber sorgte, wie wohl die Zukunft ihrer Jungen ohne einen Vater aussehen würde. Ihr Bruder versuchte einzuspringen und spielte am Sonntag mit ihnen, aber er musste sich auch um seine eigene Familie kümmern.
Ich schaute auf die Uhr und versuchte, Rose Dorrado dazu zu veranlassen, mit ihrer Geschichte anzufangen. Wie sich herausstellte, handelte es sich nicht um eine private Sache. Rose arbeitete für Fly the Flag, ein kleines Unternehmen an der 88th Street, das Banner und Flaggen anfertigte.
»Wissen Sie, wenn die Kirche oder die Schule ein Banner für eine Parade oder die Sporthalle wollen - so was machen wir. Und wir bügeln sie auch, wenn das gewünscht wird. Wenn die Fahne das ganze Jahr aufgerollt war, aber zur Abschlussfeier gebraucht wird, kann nur unsere Firma die bügeln, nur unsere Maschinen sind groß genug. Ich arbeite seit neun Jahren da. Ich hab schon angefangen, bevor mein Mann mich mit den ganzen Kindern hat sitzen lassen, und jetzt bin ich Vorarbeiterin, aber ich nähe auch noch.«
Ich nickte höflich und gratulierte ihr, aber das tat sie mit einer Handbewegung ab und redete weiter. Obwohl Fly the Flag auch die US-Flagge herstellte, war dieser Teil der Produktion bis zum 11. September nicht so wichtig gewesen. Die riesigen Banner, die Schulen oder andere Institutionen an Balkone oder
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