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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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förmlich aus der Hand frisst, nachdem er vorher noch so böse auf Sie war.«
    Diese Bemerkung war meiner Laune nicht zuträglich, aber ich erwiderte nichts; der alte Mann war den ganzen Tag lang so fürsorglich gewesen, dass ich jetzt nicht gemein sein wollte zu ihm, und außerdem wäre das nur Wasser auf seine Mühle gewesen. Als ich aufblickte, grinste Morrell mich an, als habe er meine Gedanken gelesen. Ich stupste ihn in die Rippen, lehnte mich aber wieder an seine Schulter.
    Nachdem er noch ein Weilchen im Wohnzimmer herumgekramt hatte, verkündete mein Nachbar, er wolle jetzt mit den Hunden rausgehen. »Ihr beiden gehört jetzt wirklich ins Bett«, meinte er und lief dann rot an, als ihm die Doppeldeutigkeit seiner Bemerkung bewusst wurde.
    »Keine Sorge, wir müssen wirklich schlafen.« Ich dankte ihm für seine Hilfe. »Vor allem die Spaghetti - erwecken Tote zum Leben.« »Das war Claras altes Fleischklößchenrezept«, sagte er strahlend. Danach folgte eine zehnminütige Ausführung über Conrad, Anweisungen für meine Genesung sowie das Versprechen, Marcena abzufangen, damit sie uns nicht aufweckte. »Das wäre prima«, sagte ich. »Ihr beide könnt eine Strategie fürs Pferderennen erarbeiten, mit der ihr für den Rest eures Lebens ausgesorgt habt. Morrell und ich erarbeiten indessen eine Strategie zum Ausheilen unserer lädierten Körper.« Wir schliefen einmal rund um die Uhr, mit Unterbrechungen. Ich stand einmal auf und redete mit Marcena, die trotz Mr. Contreras' Abwimmelbemühungen heraufkam, um Morrell abzuholen. Morrell kam in Jeans rausgehumpelt und sagte, er wolle hierbleiben, bis ich ihn selbst heimfahren würde.
    Marcena lehnte im Türrahmen und berichtete, wie toll es mit Conrad gewesen sei. Er habe ihr versprochen, sie nächste Woche in die South Side mitzunehmen, sie würde eine kugelsichere Weste kriegen und so weiter, wie damals im Kosovo. Ich hatte das Gefühl, als stünde meine Haut in Flammen, weil Marcena soviel Energie abstrahlte - aber vielleicht lag es auch an der Eifersucht. »Konntest du ihm irgendwas Nützliches berichten von deinen nächtlichen Streifzügen?«
    Sie grinste. »So genau hab ich mich nun auch nicht umgesehen auf der Straße, Vic, aber ich wollte dir danken, dass du Bron nicht verraten hast - wenn die bei By-Smart mitkriegen, dass er mich in seinem Truck mitgenommen hat, könnte ihn das den Job kosten.«
    Ich zuckte zusammen; ich hatte April Czernin völlig vergessen. »Wann hast du zuletzt mit Bron geredet? Seit gestern? Weiß er Bescheid wegen April?« »Ach so, seine Tochter, Morrell hat es mir erzählt. Bron darf auf dem Handy keine Privatgespräche führen, weil es der Firma gehört und die alles abhören; deshalb konnte ich ihn nicht erreichen. Aber er war sowieso unterwegs nach Hause, seine Frau hat ihm bestimmt Bescheid gesagt.«
    »Du hast nicht versucht, ihn selbst zu erreichen?« Es gelang mir nicht, meinen Zorn zu verhehlen. »Obwohl du wusstest, dass seine Tochter in Lebensgefahr schwebt?« »Ich glaube nicht, dass es für ihn nützlich gewesen wäre, es aus vierter Hand zu hören -vom Krankenhaus über dich zu Morrell zu mir. Oder wenn seine Frau mit mir geredet hätte.« Sie klang leicht verächtlich, wie eine Rektorin, die unzufrieden ist mit ihrer Schülerin, aber wenigstens redete sie nun nicht mehr wie ein Wasserfall. »Kein Wunder, dass mich Sandra Czernin für den Abschaum der Menschheit hält. Ich bin diejenige, die ihn der Frau vorgestellt hat, mit der er jetzt auf Achse ist.« Ich machte ihr die Tür vor der Nase zu, musste sie aber gleich wieder öffnen, denn Peppy und Mitch waren Marcena nach oben gefolgt. Mitch - wie jedes andere männliche Wesen - wich Marcena nicht mehr von der Seite, aber Peppy wollte eingelassen werden. Ich warf einen wütenden Blick auf Mitchs verschwindendes Hinterteil und stapfte zum Telefon.
    Unter Sandras Nummer stieß ich wieder nur auf den Anrufbeantworter mit der sonderbar förmlichen Ansage; ich ging davon aus, dass wenigstens Sandra sich im Krankenhaus aufhielt. Weiß der Himmel, wo Bron steckte. Ich hinterließ eine Nachricht, erklärte, dass ich bei der Explosion von Fly the Flag verletzt worden war, und bat sie, mich wegen April zurückzurufen.
    Ich war immer noch völlig erledigt von der Narkose und dem endlosen Gespräch mit Conrad, aber Morrell fand, er habe genug geschlafen, und ließ sich mitsamt Peppy und seinem neuen Laptop auf der Couch nieder. Er arbeitete an dem Buch, für das er recherchiert

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