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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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war dreißig gewesen, als April zur Welt kam - Bron und sie hatten also nicht vorzeitig wegen eines Kindes geheiratet. Etwas anderes musste sie dazu gezwungen haben, aber ich hatte keine Freunde im Viertel mehr, die mir das erzählen konnten. War er Sandra untreu, weil sie ihn verachtete? Oder verabscheute sie ihn, weil er ihr untreu war? Was war die Henne, was das Ei bei dieser vergifteten Beziehung? Ich rappelte mich mühsam auf und rief Peppy zu mir. Mit schlabbernder rosa Zunge kam sie angerannt, grinsend vor Vergnügen. Ich strich durch ihr seidiges, goldenes Fell und versuchte, etwas von ihrer Lebensfreude in mich einfließen zu lassen, bevor ich meinen müden Leib wieder in Bewegung setzte.
    Im Büro ging ich die Anrufliste vom Vortag durch. Ein paar Klienten, mit denen ich Termine versäumt hatte. Drei Nachrichten von Mr. William, der seinen Sohn verlangte, zwei von Murray Ryerson vom Herald-Star, der wissen wollte, ob Fly the Flag eine brauchbare Story abgab. Brände sind in South Chicago an der Tagesordnung; die Meldung war nur im Lokalteil aufgetaucht, und lediglich Murray hatte mich identifiziert (ich tauchte als »Sergeant I. V. Warshacky von der Chicago Police« auf, doch davon ließ Murray sich nicht täuschen).
    Als Erstes rief ich Morrell an. Er und Mr. Contreras hatten sich etwas vom Thai zum Mittagessen kommen lassen und eine Weile Romme gespielt. Indessen war mein Nachbar verschwunden, aber Morrell konnte sich nicht mehr auf seine Arbeit konzentrieren; vielleicht hatte er sich in den letzten Tagen übernommen. Als ich erklärte, ich wolle noch eine Weile im Büro bleiben und dann Lotty einen Besuch abstatten, wenn sie da war, bekundete Morrell Interesse, sich anzuschließen; ihm fiel die Decke auf den Kopf.
    Lotty war zu Hause. Im Gegensatz zu Murray studierte sie nicht Polizeiberichte in der Zeitung und zeigte sich besorgt, als sie von meiner Verletzung erfuhr. »Natürlich kannst du vorbeikommen, Liebes. Ich wollte jetzt in die Praxis gehen, aber heute Nachmittag wieder zurück sein. So gegen halb vier?«
    Nachdem ich mir Notizen über meine Begegnung mit Sandra und Bron gemacht hatte, sprach ich kurz mit Murray: Fly the Flag gab keine große Geschichte ab, abgesehen von den verheerenden Auswirkungen im Leben von Menschen wie Rose Dorrado. Murray hörte sich ein paar Minuten meine engagierte Schilderung ihres Lebens an und unterbrach mich dann mit der Mitteilung, dass er einen Redakteur von ChicagoBeat fragen wolle, ob das nicht eine Human-Interest-Story für ihn sein könnte. »Was ist mit dem Toten in dem Gebäude?«, fragte ich. »Hat der Gerichtsmediziner ihn identifiziert? War es Frank Zamar?«
    Ich hörte, wie Murray sein Keyboard bearbeitete. »Ja, ahm, Zamar, genau. Er hatte eine Alarm- und Sprinkleranlage in dem Gebäude. Die Spezialisten von der Brandstiftung meinen, der Alarm sei losgegangen und er sei hingefahren, um nachzusehen. Auf der Rückseite der Fabrik war ein großer Raum mit einem propangasbetriebenen Trockner. Die Stoffe müssen gebrannt haben, wodurch der Gasbehälter explodierte, als Zamar dort eintraf. Es sah wohl aus, als habe er wegrennen wollen, sei aber von den Flammen erfasst worden.«
    Ich ließ das Telefon fallen. Ich hatte vor dem Gebäude herum= gelungert und Spion gespielt, und Frank Zamar war drinnen in seinen Tod gelaufen. Vor ein paar Tagen hatte ich jemanden dort beobachtet. Ich hätte diejenige sein müssen, die sich im Gebäude aufhielt. Murrays Stimme ertönte blechern von irgendwo in Höhe meiner Knie. Ich angelte den Hörer.
    »Tut mir leid, Murray. Ich war auch da, musst du wissen. Ich hätte mich im Gebäude aufhalten und es durchchecken müssen. Ich hatte ein paar Tage vorher jemand dort beobachtet, ich hätte da drin sein müssen.« Meine Stimme wurde schrill, und ich wiederholte immer wieder: »Ich hätte da drin sein müssen.« »Hey, Warshawski, nur die Ruhe, nur die Ruhe. Hätte der Typ dich überhaupt reingelassen? Du hast doch gesagt, er hat dich die Woche vorher rausgeschmissen. Wo bist du? In deinem Büro? Soll ich vorbeikommen?«
    Ich rief mich zur Ordnung und sagte zittrig: »Ich glaube, ich muss bloß mal was essen. Hab ich schon länger nicht gemacht.«
    Murray wiederholte noch mal sein Angebot, nahm mir das Versprechen ab, dass ich was essen und mich ausruhen würde, und versprach seinerseits, an einer Story über Rose und andere Arbeiterinnen bei Fly the Flag zu arbeiten. Ich begab mich zum La Llorona, einem mexikanischen Diner, dem

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