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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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neunundneunzig Cent bei By-Smart erstanden hatte - für zwei Kröten kriegt man keine frischen, knackigen Blumen. Als wir unsere Aufräumarbeiten beendet hatten, sah ich Josie scharf an. »Ich kann dir nicht versprechen, Josie, dass ich deiner Mutter gegenüber dichthalte, wenn du dich mit einem älteren Mann triffst, den sie nicht kennt oder von dem sie nichts hält.« »Sie kennt ihn, und sie mag ihn auch, aber sie kann nicht... ich kann es Ihnen nicht sagen... Sie müssen mir versprechen ...«
    »Schläfst du mit ihm?«, fragte ich sie unverblümt, als sie weiterhin herumstotterte. Sie lief rot an. »Nein, natürlich nicht!«
    Ich presste die Lippen zusammen, dachte an ihr Zuhause, den zweiten Job ihrer Mutter, von dem die Familie nun leben musste, weil es Fly the Flag nicht mehr gab, das Baby der Schwester, Pastor Andres und seine Ablehnung von Verhütungsmitteln. »Josie, ich verspreche dir, deiner Mutter vorerst nichts zu sagen, wenn du mir auch etwas versprichst.«
    »Was denn?«, fragte sie argwöhnisch.
    »Bevor du mit diesem Mann oder sonst mit irgendwem schläfst, musst du dafür sorgen, dass der Betreffende ein Kondom benutzt.«
    Jetzt färbten sich ihre Wangen dunkelrot. »Aber, Coach, ich kann doch nicht... wie können Sie nur... und die Abstinenzlady sagt, die funktionieren nicht mal richtig.«
    »Die hat dich schlecht beraten, Josie. Kondome sind nicht hundertprozentig sicher, aber meist tun sie ihren Dienst. Willst du enden wie deine Schwester Julia, die von früh bis spät Telenovelas schaut? Oder willst du auf ein Leben hinarbeiten, in dem du vorerst keine Kinder am Bein hast und nicht bei By-Smart schuften musst?« Sie sah mich mit aufgerissenen Augen so ängstlich an, als hätte ich sie vor die Wahl gestellt, ihr den Kopf abzuhacken oder mit ihrer Mutter zu sprechen. Vermutlich hatte sie sich leidenschaftliche Umarmungen und eine Hochzeitsfeier vorgestellt, alles Mögliche, das mit Sex nur am Rande zu tun hatte. Sie blickte auf die Tür, dann zu Boden, und sprintete unvermittelt die Treppe hinauf. Als der Wachmann sie aufhielt, schaute sie noch einmal zu mir runter, aber ich konnte die Angst in ihrem Blick nicht ertragen, wandte mich ab und trat hinaus in die Kälte.

19
    Der gastfreundliche Mr. Contreras
    Ich ließ mich auf der Treppe der Bond Chapel nieder, zog die Knie an die Brust und lehnte meinen schmerzenden Rücken an die roten Türen. Peppy flitzte wieder herum und stöberte Eichhörnchen auf. Vereinzelte Schneeflocken drifteten vom bleigrauen Himmel herab. Die Studenten hatten das Gelände verlassen. Ich schlug den Kragen meiner dunkelblauen Seemannsjacke hoch, aber durch den Riss an der Schulter drang kalte Luft herein.
    Hätte ich schon an diesem Montag Warnzeichen bei April bemerken müssen? Waren andere aus der Mannschaft auch gefährdet? Ich wusste nicht mal, ob die Schule die Kids untersuchen ließ, bevor sie an Wettkämpfen teilnahmen, ging aber davon aus, dass kein Geld für EKGs und Röntgenaufnahmen zur Verfügung stand, wenn man sich nicht mal Bälle und einen Trainer leisten konnte.
    Wenn Sandra mich verklagen wollte - ich würde mich damit befassen, falls es dazu kam, wollte aber ein paar Punkte notieren, solange ich sie noch parat hatte: Aprils Ohnmacht im letzten Sommer, entsprechende Vorfälle in Sandras Jugend. »Mädchen in diesem Alter werden öfter ohnmächtig«, hatte Sandra gesagt, obwohl ich mich bei ihr nicht daran erinnern konnte. Vielleicht war ihr auch in Boom-Booms Armen das Bewusstsein geschwunden ... Er hatte bestimmt nicht mit ihr geschlafen. Die Vorstellung machte mich wütend. Aber wieso stilisierte ich ihn zum Heiligen? In all den Jahren hatte ich mir eingeredet, er sei nur mit Sandra zum Abschlussball gegangen, weil er mich bestrafen wollte, aber ich hatte ihm einfach kein eigenes Leben, unabhängig von mir, zugestehen wollen. Sandra schlief mit diesem und jenem, das wusste jeder, warum also nicht mit Boom-Boom? Und er war ein Sportstar, der nicht grade ein keusches Leben führte.
    Peppy stupste mich mit der Schnauze an, sichtlich beunruhigt ob meiner Reglosigkeit. Ich stand auf und warf einen Stock für sie, so gut es ging. Sie zeigte sich zufrieden und schleppte den Stock auf den Rasen, um auf ihm herumzukauen.
    Ich merkte, dass mir die Auseinandersetzung zwischen Bron und Sandra ebenso zusetzte wie meine körperlichen Blessuren. Hatte es jemals eine Zeit gegeben, in der die beiden sich in den Armen hielten und liebevoll in die Augen blickten? Sandra

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