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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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auch schon das Wasser bis zum Hals stand - mein Büro liegt in einer Gegend, die so rasant auf edel saniert wird, dass die Mieten sich täglich zu verdoppeln scheinen. Nach zwei Schalen von Mrs. Aguilars Huhn-Tortilla-Suppe und einem kurzen Nickerchen auf der Liege im Hinterzimmer meines Büros erledigte ich meine Anrufe.
    Bei meinen ungeduldigen Klienten hinterließ ich Nachrichten, wobei ich verschwieg, dass ich deshalb zeitlich im Rückstand war, weil ich verletzt war - es macht keinen guten Eindruck, wenn man sich eine Schuss- oder Stichverletzung verpassen lässt, während man für andere Leute Probleme lösen soll. Ich sagte nur, ich hätte erste Berichte für sie, was am Abend des morgigen Tages auch so sein würde - falls ich mit meiner Schulter den ganzen Nachmittag schreiben konnte. Mr. William rief ich allerdings nicht an; was ihn auch umtrieb, die Bysens konnte ich heute nicht ertragen. Als ich in mein Wohnhaus kam, hörte ich Mitch hinter Mr. Contreras' Tür bellen, aber mein Nachbar war entweder beschäftigt oder immer noch eingeschnappt, weil ich seinen morgendlichen Rat nicht beherzigt hatte. Als er sich nicht blicken ließ, nahm ich Peppy mit nach oben.
    Morrell begrüßte mich erleichtert - sein Buch ging ihm auf die Nerven, die kleine Wohnung auch, und er hatte es satt, sich wie ein Gefangener zu fühlen, weil er die drei Treppen kaum bewältigen konnte. Wir brachen zu Lotty auf, und er humpelte langsam nach unten.
    Lotty wohnte früher in einer Zweizimmerwohnung in der Nähe ihrer Klinik, aber vor ein paar Jahren ist sie in eines der eleganten alten Häuser am Lake Shore Drive gezogen. Im Sommer ist es nahezu unmöglich, in der Nähe einen Parkplatz zu finden, aber an diesem düsteren, kalten Novembernachmittag, der schon in die Nacht überging, ergatterten wir mühelos einen.
    Lotty begrüßte uns herzlich, hielt sich aber nicht lange mit Smalltalk auf. In einem hinteren Raum mit Blick auf den Lake Michigan entfernte sie mit versierten Handgriffen den Verband von meinem Arm und schnalzte ärgerlich mit der Zunge -zum einen, weil er unter der Dusche nass geworden war, zum anderen, weil der Chirurg wohl gepfuscht hatte. Schlampige Arbeit, verkündete sie und fügte hinzu, dass wir gleich in ihre Klinik fahren würden, damit sie die Wunde anständig nähen könne; andernfalls würden Adhäsionen entstehen, die man kaum mehr entfernen könne, wenn der Heilungsprozess einsetzte.
    Wir debattierten eine Weile darüber, wer fahren sollte: Lotty fand, ich solle nicht fahren wegen des verletzten Arms, ich fand, sie solle überhaupt nicht fahren, basta. Sie benimmt sich nämlich am Steuer wie Stirling Moss beim Grand Prix, aber lediglich in puncto Tempo und ihrer Überzeugung, dass sich kein anderes Auto vor ihr befinden sollte. Morrell lachte, während wir zankten, votierte aber für Lotty - wenn mir nach der Operation nicht nach Fahren zumute war, säßen wir ohne Auto an der Klinik fest. Zu guter Letzt geriet weder die Fahrt noch das Nähen so übel, wie ich befürchtet hatte -ersteres, weil die Hauptachsen so zugestaut waren mit Leuten, die am Samstag Einkäufe machten, dass Lotty gezwungen war, Schritt zu fahren. In ihrer Klinik, die sie in einem ehemaligen Laden etwa anderthalb Kilometer westlich von meiner Wohnung eröffnet hat, in einem multikulturellen Viertel am Rand der Neubaugebiete der North Side, spritzte Lotty mir Novocain in die Schulter. Ich spürte ein leichtes Ziehen, als sie die alten Nähte aufschnitt und neue anlegte, aber entweder durch ihre Form der Narkose oder durch ihre Geschicklichkeit konnte ich den Arm danach recht gut bewegen. Dann machte Lotty es sich in einem Sessel in ihrem Büro bequem, und wir erörterten April Czernins Notlage. Lotty hörte aufmerksam zu und schüttelte bekümmert den Kopf ob der mangelnden Hilfe, die den Czernins zuteil wurde.
    »Die Versicherung übernimmt wirklich nur zehntausend Dollar von der Behandlung? Das ist erschütternd. Aber typisch heutzutage, wo viele Menschen sich zwischen Leben und Tod entscheiden müssen, weil die Versicherung nicht zahlen will. Was das Mädchen betrifft: Wir können sie nicht als Medicaid-Patientin behandeln, weil ihre Eltern versichert sind. Sobald die Buchhaltung das herausfindet, werden sie dasselbe tun wie in der Uniklinik: bei der Versicherung anrufen, wo man ihnen mitteilen wird, dass sie die Kosten für den Defibrillator nicht übernehmen. Ich kann nur empfehlen, sie in eine Studie zu integrieren, wiewohl die

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