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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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klar, weil ihre Ma und ihre Schwestern einspringen. Und wer hilft mir? Niemand.«
    »Das ist so unfair von dir!«, schrie Josie. »Ich hab dich nicht schwanger gemacht, aber weil du jetzt das Baby am Hals hast, muss ich rumschleichen wie eine Verbrecherin, wenn ich einen Jungen treffen will! Und ich helfe dir ganz oft mit Maria Ines, also bitte!«
    Ich reichte die Kleine an Julia weiter. »Spiel mit ihr und sprich mit ihr. Gib ihr eine Chance, auch wenn du dir selbst keine geben willst. Und wenn eine von euch sich entschließen sollte, mir die Wahrheit zu sagen, ruft mich an.« Ich gab beiden Mädchen eine Visitenkarte und verstaute den Frosch wieder in der Tasche. Als sie mich sprachlos anstarrten, stand ich auf und ging ins Esszimmer, um nach Rose zu suchen. Betto und Sammy verkrochen sich in die hinterste Ecke unter dem Tisch, als ich mich näherte: Ich war ja die Gestalt, die sie grillen würde, wenn sie mit ihr redeten.
    Rose lag im Zimmer der Mädchen auf Josies Bett. Ich duckte mich unter der Wäscheleine hindurch, auf der die Kleider von Maria Ines aufgereiht waren, und überlegte, ob mein Ansinnen wichtig genug war, um Rose zu wecken. Das leuchtende Rot ihrer Haare bildete einen scheußlichen Kontrast zum Rot der amerikanischen Flagge auf dem Kopfkissen; von der Wand lä chelte die Frauen-Basketballmannschaft der University of Illinois auf sie herunter. »Ich weiß, dass Sie da stehen«, sagte sie dumpf, ohne die Augen zu öffnen. »Was wollen Sie?«
    »Ich bin nur bei Fly the Flag aufgetaucht, weil Sie mich gebeten haben, dort Nachforschungen wegen der Sabotageakte anzustellen. Dann haben Sie mir gesagt, ich soll das alles vergessen. Wieso haben Sie Ihre Meinung geändert?« Ich bemühte mich um einen sanften, freundlichen Tonfall.
    »Wegen des Jobs«, sagte sie. »Ich dachte... ich weiß es nicht mal mehr. Frank - er hat es mir gesagt. Er hat mir aufgetragen, Sie wegzuschicken.«
    »Warum?«
    »Weiß ich nicht. Er sagte nur, ich könnte meinen Job verlieren, wenn hier jemand rumschnüffelt. Aber ich habe ihn ohnehin verloren. Und Frank, der war ein anständiger Mann, hat gut gezahlt, hat sich bemüht für seine Leute, und nun ist er tot. Und ich frage mich: Ist er deshalb tot, weil ich eine Detektivin in die Fabrik geholt habe?«
    »Das glauben Sie doch selbst nicht, oder, Rose? Es lag nicht an mir, dass jemand Ratten in die Heizungsrohre gestopft oder die Türschlösser verklebt hat.«
    Ich setzte mich auf Julias Bett. Es roch leicht nach Maria Ines' Windeln. Obwohl die Dorrados der Pfingstbewegung angehörten, stand auf der Pappkommode zwischen den Betten eine kleine Jungfrau von Guadeloupe. Vermutlich braucht jeder eine Mutter im Rücken, was man von Gott auch halten mag.
    Rose wandte langsam den Kopf und blickte mich an. »Aber vielleicht hatten die Angst, ich meine, wer das gemacht hat, vielleicht haben die Panik bekommen und die Fabrik angezündet, als sie eine Detektivin gesehen haben, die Fragen stellt.« Das ließ sich nicht ausschließen, auch wenn mir ganz übel wurde bei dem Gedanken. Dennoch sagte ich: »Und Sie haben keine Ahnung, wer das getan haben könnte?« Sie schüttelte so langsam den Kopf, als sei er zu schwer für eine schnellere Bewegung. »Der zweite Job, den Sie angenommen haben - können Sie damit die Kinder durchbringen?«
    »Der zweite Job?« Sie gab ein krächzendes Geräusch von sich, das wie das Lachen einer Krähe klang. »Da hab ich auch für Frank Zamar gearbeitet. Sein zweites Unternehmen, mit dem er neu angefangen hat. Jetzt - oh, Dios, Dios, morgen werde ich zu By-Smart gehen und schwere Kisten von den Lastern heben, wie all die anderen Frauen aus meiner Kirche. Ist doch auch egal. Die Arbeit wird mich schneller auslaugen, ich werde früher sterben und endlich Ruhe haben.« »Wo war diese zweite Fabrik? Warum hat er nicht bei Fly the Flag eine zusätzliche Schicht eingelegt?«, fragte ich.
    »Es war ja dort, mein anderer Job, aber bei einer Nachtschicht. Ich kam hin am Dienstagabend, als es losgehen sollte. Und das Haus war ein Trümmerhaufen. Wir trauten unseren Augen kaum. Die anderen Frauen und ich, wir standen da rum, bis ein Polizist uns nach Hause geschickt hat.«
    Josie erschien in der Tür. »Ma, Sammy und Betto haben Hunger. Was gibt es zum Mittagessen?«
    »Nichts«, war Roses Antwort. »Es ist nichts zu essen da und kein Geld, um was zu kaufen. Heute gibt es nichts zum Mittagessen.«
    Die Jungen, die hinter ihrer Schwester standen, fingen wieder zu weinen

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