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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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an, aber diesmal laut und vernehmlich. Rose schloss fest die Augen. Einen Moment lang lag sie ganz starr da, als habe sie aufgehört zu atmen, dann richtete sie sich auf.
    »Nein, mis queridos, natürlich ist etwas zu essen da, natürlich gebe ich euch zu essen.
    Solange noch Blut durch meine Adern rinnt, gebe ich euch zu essen.«

23
    Unsternbedrohte Liebende
    Als ich rauskam, hatte es aufgehört zu schneien. Schnee im November ist meist nur eine Vorwarnung für Kommendes, und heute blieb auch nicht mehr liegen als ein Zentimeter, feiner trockener Pulverschnee, der die Kinder auf dem leeren Grundstück gegenüber frustrierte, weil er sich nicht zu Schneebällen formen ließ. Ich saß mit laufendem Motor im Auto, stellte die Heizung an und machte mir ein paar Notizen, solange ich die Unterredung mit den Dorrados noch im Kopf hatte; Sinn ergab das Ganze allerdings keinen für mich.
    BILLY schrieb ich in mein Notizbuch und starrte dann auf die Großbuchstaben, weil mir nicht mehr dazu einfiel. Was war los mit dem Jungen? Am Donnerstag hatte er mir aufgetragen, seinem Vater auszurichten, er würde die Aktionäre anrufen, wenn die Familie ihn nicht zufriedenließ. War Buffalo Bill deshalb am Abend vorher bei mir aufgekreuzt? Und wenn dem so war: Was sollten die Aktionäre nicht erfahren? Meiner Meinung nach hatte die Firma allerhand Dreck am Stecken - sperrte Angestellte über Nacht ein, zahlte schlecht, unterband Gewerkschaften, ließ Familien wie die Czernins ohne vernünftige Krankenversicherung hängen -, aber darüber mussten die Aktionäre längst im Bilde sein. Was konnte so schrecklich sein, dass sie auf Abstand gehen würden?
    Ich dachte an die Morgenandacht in der Firmenzentrale. Als das Gerücht die Runde machte, dass By-Smart Gewerkschaften zulassen würde, fiel der Aktienwert. Vielleicht wollte Billy dieselbe Nachricht bestätigen. Aber das konnte nicht alles sein. Und weshalb war er von zu Hause weggelaufen? Weil er in Josie verliebt oder vom Geschäftsgebaren seiner Familie angewidert war, oder weil er sich für die South Side einsetzen wollte? Es war offensichtlich, dass er Pastor Andres bewunderte, aber weshalb paktierte er mit dem Pastor gegen seine eigene Familie?
    Womit ich bei dem Priester selbst war, dem Buffalo Bill mit Ausweisung gedroht hatte. Gewiss, der Alte warf mit Drohungen nur so um sich — gestern Abend erst wollte er die Bank dazu veranlassen, meine Hypothek zu kündigen, und überdies meine Firma zugrunde richten, wenn ich ihm nicht seinen Willen ließ. Vielleicht handelte es sich um eine Form verbaler Inkontinenz -Mildred hatte ihn auf dezente Weise immer wieder zum Schweigen gebracht.
    Andererseits verfügte die Bysen-Familie tatsächlich über eine Macht, die ich nur annähernd ermessen konnte. Wenn man ein gigantisches Unternehmen mit Filialen in aller Welt besaß, mit dem Summen erwirtschaftet wurden, die höher waren als das Bruttosozialprodukt vieler Länder, konnte man sich auch Kongressabgeordnete und Leute von der Einwanderungsbehörde zurechtbiegen. Angenommen, Pastor Andres verfügte über eine Sozialversicherungskarte - die konnten die Bysens ihm mit einem Anruf entziehen lassen. Wenn er US-Bürger war, wer weiß, vielleicht konnten sie ihm sogar diesen Status entziehen lassen. Dafür würden sie vielleicht drei Anrufe statt einem machen müssen, aber es würde mich nicht wundern, wenn es ihnen gelänge. ANDRES schrieb ich auf die nächste Seite. Seine Verbindung zu Billy war mir weniger wichtig, aber was wusste der Pastor über den Brand bei Fly the Flag? Vor zehn Tagen hatte er sich mit Frank Zamar getroffen, an dem Tag, an dem ich den Einbrecher in der Fabrik aufgestöbert hatte.
    Der Einbrecher. Uber Aprils Herzproblem und der Explosion in der Fabrik hatte ich den Einbrecher vergessen. Andres kannte ihn. Er war ein chavo banda, der bei Baustellen abstaubte, hatte Andres gesagt und ihn fortgescheucht - vielleicht, um seine Baustelle vor ihm zu schützen, vielleicht aber auch, weil er mehr über diesen chavo wusste. DEN CHAVO FINDEN, schrieb ich, und dahinter: FREDDY?? Spielte er irgendwo eine Rolle? Als ich seinen Namen an dieser Stelle sah, fragte ich mich unwillkürlich, ob er vielleicht sogar der chavo war. Aber wieso sollte ein Kleinkrimineller in Andres' Büro herumlungern und mitbekommen, wie Buffalo Bill dem Pastor drohte? Oder oder oder. Mein Hirn streikte. Trotz Hei zung waren meine Füße eiskalt, und meine Wunde pochte. Ich steckte mein Notizbuch weg.
    Ich

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