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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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so nicht an den schrecklichen Unfall erinnern, die Angst und den Schmerz – und daran, dass alles seine Schuld war.
    Machte nichts. Nun da Luna hier war, würde alles wieder in Ordnung kommen. Sie würde schon wissen, was zu tun war. Selbst wenn sie den Weg zurück nicht kannte, hätte sie einen Plan. Sie hatte immer einen Plan.
    „Luna, es ist so schön, dass du hier bist. Ich hatte schon angefangen, in Panik zu geraten. Ich weiß, ich weiß, ich gerate immer in Panik. Aber diesmal drehe ich wirklich durch. Ich brauche mir noch nicht einmal auszumalen, was als schlimmster Fall eintreten könnte, denn diese Situation schafft das schon bestens ganz allein.“
    „Wer bist du?“, fragte Luna. „Und woher kennst du meinen Namen?“
    Greif lachte. Es war nur ein Scherz. Aber es gab da einen Ernst in ihrem Gesicht, eine misstrauische Falte auf ihrer Stirn. Vielleicht erinnerte sie sich doch an das, was passiert war, und nahm es ihm übel. Bestrafte ihn ein bisschen.
    Gut, er hatte es verdient.
    Er zwang sich zu einem weiteren nervösen Kichern. „Wie bist du überhaupt hier runtergekommen?“, fragte er sie. „Bist du auch in diesem Tunnel heruntergesaugt worden? Nach dem Erdbeben?“
    „Ich weiß nicht, wovon du redest.“
    Sie wirkte so ernsthaft, dass er sich einen Augenblick lang fragte, ob diese Fledermaus vielleicht nur wie Luna aussah. Aber nein. Ihre Stimme, ihr Name, die Narben auf ihren Flügeln ... Eindeutig, sie war es.
    „Aber Luna ...“
    „Woher kennst du meinen Namen?“, wollte sie wissen.
    Konnte sie so viel von ihrem Gedächtnis verloren haben, dass sie sich überhaupt nicht an ihn erinnerte?
    „Also Luna, wir müssen uns überlegen, wie wir wieder nach Hause kommen.“
    „Ich bin hier zu Hause.“
    „Nein. Wir kommen aus den nördlichen Wäldern. Aus dem Baumhort“, sagte er ihr und hörte dabei das Zittern in seiner Stimme. „Es hat ein Erdbeben gegeben und wir sind in irgendeinen Tunnel hineingesaugt worden und hier gelandet.“
    Langsam rückte Luna von ihm ab. Sie wirkte verängstigt. „Ich kenne dich nicht“, sagte sie, „und ich weiß nicht, wovon du redest.“
    „Doch, das weißt du! “, schrie Greif. Er war so von Kummer und Frustration überwältigt, dass er anfing zu weinen. Es war nicht fair. Er befand sich an diesem komischen, verrückten Ort, wo die Bäume noch nicht einmal wussten, wie Bäume zu sein haben, und die Insekten nichts als Luft waren. Und seine beste Freundin kannte ihn nicht. Er wandte sich von ihr ab und versuchte, seine Tränen zu verbergen.
    „Warum leuchtest du?“, fragte sie ihn. Sie musste wieder zu ihm herangerückt sein, denn ihre Stimme klang sehr nah.
    Er räusperte sich. „Ich weiß es nicht.“
    „Das Leuchten ist irgendwie interessant. Es hat einen Klang“, sagte sie. „Kannst du ihn hören?“
    Er schüttelte den Kopf und drehte sich zu ihr hin. Mit geneigtem Kopf horchte sie aufmerksam. „Es klingt wie ...“ Einen Augenblick lang hatte ihr Gesicht einen abwesenden Ausdruck. „Ich weiß es nicht. Irgendetwas Vertrautes.“
    Er war froh, dass sie nicht weggeflogen, froh, dass sie nahe zu ihm herangekommen war. Er sehnte sich danach, seine Flügel und Schultern an ihre zu drängen, die beruhigende Wärme ihres Körpers nahe an seinem zu spüren.
    „Ist jetzt alles in Ordnung mit dir?“, fragte sie. ja doch. Danke.“
    „Es tut mir Leid, dass du dich verirrt hast. Wenn ich dir helfen könnte, würde ich das tun, aber ich habe noch nie von einem dieser Orte gehört, die du erwähnt hast.“
    Greif spürte, wie sich sein Fell in einem blitzartigen Furchtanfall aufstellte. Seine Klauen krallten sich tief in die Baumrinde.
    „Was ist los?“, hörte er sie wie aus weiter Entfernung fragen.
    Sie hatte keinen Geruch.
    Bevor er sich bremsen konnte, entfaltete er den rechten Flügel und berührte Luna mit seiner Spitze an der Brust. Er zuckte zurück, als hätte er sich verbrannt. Aber sie war nicht warm. Im Gegenteil.
    Sie war kälter, als irgendein lebendiges Geschöpf sein konnte.
    „Du bist ...“
    Aber Greif konnte es nicht aussprechen, denn er war plötzlich vor Angst verstummt, und im gleichen Augenblick verstand er endlich. Die Insekten, die Bäume, all diese Fledermäuse ...
    Tot.
    Und Luna auch.
    „Was ist los mit dir?“, hörte er sie fragen.
    Greif blinzelte, versuchte, seinen Blick scharf auszurichten.
    Kann nicht atmen, keine Luft, alles ist tot.
    Nach oben.
    Das war alles, was er denken konnte. Nach oben. Weg von hier. Er

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