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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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werden, aber er konnte erkennen, dass sie alle seiner Art angehörten: Vampyrum Spectrum – richtig, auch dieser Name kehrte ihm jetzt wieder ins Gedächtnis zurück. Geschlechter über Geschlechter von Toten, die sich über die Jahrtausende hier in der Pracht versammelt hatten, die Zotz für sie geschaffen hatte. Er spürte eine Aufwallung tiefer Zugehörigkeit zu ihnen, aber noch etwas mehr. Ein Gefühl der Macht über sie – aber warum?
    In der Ferne, am Ende des Platzes, erhob sich ein Berg und Goth fühlte sich unerklärlich zu ihm hingezogen. Als er sich ihm jedoch näherte, konnte er Terrassen aus leuchtendem Stein erkennen und ihm wurde plötzlich klar, dass es kein Berg, sondern noch eine Pyramide war, die höchste von allen.
    Ihren Gipfel zu erreichen war nun sein einziger Wunsch, aber er hatte sich mit dem langen Flug erschöpft, und alles, was er zuwege brachte, war eine unbeholfene Landung auf nicht mehr als halber Höhe. Er verstand jetzt, warum er die Pyramide für einen Berg gehalten hatte. Auf den Steinen der Terrassen wuchs wunderbarerweise ein Regenwald, Bäume, deren Stämme sich zu einem gewaltigen Blätterdach entfalteten. Riesenfarne sprossen überall. Schling- und Kletterpflanzen wanden sich über den Stein. Sie trugen fleischige Blüten, von denen einige auf- und zuschnappten, als suchten sie hungrig nach Luft oder nach Beute.
    Nur für einen Augenblick schien der Stein unter Goths Klauen zu beben und er torkelte aus dem Gleichgewicht. Unruhig fragte er sich, ob die Pyramide ein lebendes Wesen sei. Er schüttelte den Kopf, fühlte sich schwindlig. Er war bloß erschöpft. Die Terrassen waren breit und steil und Goth merkte, dass er es immer nur schaffte, eine einzelne Stufe hinaufzuflattern, und häufig ausruhen musste.
    Höher und höher klomm er und schließlich konnte er die Spitze der Pyramide sehen. Eine gewaltige Ausbuchtung bog sich wie ein ausgebreiteter Flügel hoch über die Pyramide, behangen mit dicken Ranken, die zu dem leuchtenden Stein hinabströmten. Tausende von Fledermäusen hingen dort, und Goth wurde von dem Gefühl überwältigt, heimgekehrt zu sein. Er sprang in die Luft, entschlossen mit einem eleganten Auftritt zu erscheinen, und schwebte zu den ruhenden Fledermäusen empor.
    „Meine Väter, meine Brüder und Schwestern, ich bin es, Goth! Ich komme zu euch!“
    Er erhielt keine Antwort außer ein paar Schnaubern und gemurmelten Worten, die er nicht verstehen konnte, aber vier große Vampyrum ließen sich von ihren Ruheplätzen fallen und umkreisten ihn. Ein Weibchen mit einer gewaltigen Fellkrone auf dem Schädel schwebte nahe an ihn heran. Voller Abneigung bemerkte Goth, dass sie noch größer war als er selbst, mit muskulösen Schultern und wilden Augen, die im Sternenlicht funkelten.
    „Goth, sagst du?“
    „Ja.“ Er starrte schockiert auf ihre Zähne. Sie waren nicht knochenweiß, sondern schwarz, so dunkel und glänzend wie Obsidian. Er blickte zu den anderen drei Vampyrum hin und sah, eingebettet in ihre Kiefer, die gleichen schwarzen, gemeißelten Hauer.
    „Großartig“, sagte das Weibchen. „Wir haben deiner Ankunft voller Erwartung entgegengesehen.“
    „Wirklich?“, fragte Goth und erlaubte sich ein Lächeln. Offenbar waren seine Instinkte in Ordnung. Er war hier tatsächlich jemand, der Ansehen genoss. „Du wirst dich dem Arbeitstrupp anschließen“, sagte das Weibchen kurz angebunden.
    „Arbeitstrupp?“
    „Fesselt ihn“, wies das Weibchen seine Begleiter an. Bevor Goth wusste, was geschah, hatten ihn die drei Vampyrum auf den Gipfel der Pyramide gestoßen und wickelten eine Ranke um seine beiden Knöchel.
    Es war keine gewöhnliche Ranke. Rinnsale von bleichem Licht strömten über ihre geflochtene Oberfläche, und sie schien sich von allein zu bewegen, knotete sich mit gespenstischer Schnelligkeit und Kraft zusammen. Empört über diese unwürdige Behandlung wehrte sich Goth auf dem Rücken liegend, aber die anderen Fledermäuse überwältigten ihn mit Leichtigkeit. Und die Ranke hielt fest. Dann zogen ihn die Vampyrum mit einer zweiten funkelnden Ranke in Zähnen und Klauen mit den Füßen zuerst hoch in die Luft zu der Menge der anderen ruhenden Fledermäuse.
    „Lasst mich frei!“, brüllte Goth.
    „Du sprichst, als ob du etwas zu sagen hättest“, spottete das Weibchen.
    „Wer bist du?“, wollte Goth wissen. Wut dröhnte wie ein Vulkan in seinen Schläfen.
    Das Weibchen stieß ihr Gesicht dicht an ihn heran. „Phönix. Oberster

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