Feuerflügel: Roman (German Edition)
ewig im Magen von Zotz herumzuschwimmen. Ein Gedanke wuchs in seinem Kopf, drohte ihm den Schädel zu spalten. Er presste die Zähne aufeinander.
„Nein“, sagte er.
Das Auge von Zotz schien sich in der Felswand zu verfinstern. Schweigen dehnte sich aus, erstarrte bösartig.
„Du wagst es, mir zu widersprechen?“, zischte Zotz direkt an Goths Ohr. „Du ziehst es vor, deine qualvolle Ewigkeit gleich jetzt anzutreten?“
„Ja!“, sagte Goth wild. „Wenn das alles ist, was mich am Ende erwartet. Es wäre eine größere Qual, deinen Tunnel zur Erde zu bohren, wieder Leben zu sehen und dann für immer niedergestreckt zu werden. Das werde ich nicht tun!“
Spalten rissen auf im Berg, ausgehend vom riesigen Auge des Cama Zotz. Steinsplitter regneten auf Goth herab. Donner spaltete die Luft.
„Du sprichst, als hättest du eine Wahl, Goth!“
„Dann verschlinge mich!“, rief Goth wild, breitete die Flügel aus. Es war ihm inzwischen egal, was mit ihm geschah. Eine merkwürdige Ruhe tropfte über ihn, füllte ihn schwarz wie die Nacht, und in diesem Augenblick kam ihm eine Idee.
„Verschlinge mich jetzt, Zotz, mein Herr“, sagte er ruhiger, „aber du wirst damit einen Diener verlieren, dessen Talente dein Reich verherrlichen und dich aus der Unterwelt befreien könnten!“
Er zuckte zusammen, wartete darauf, dass etwas Schreckliches geschah, dass Kiefer aus dem Berg schießen und ihn verschlingen würden. Der Donner verzog sich, der Berg wurde ruhig. Die Luft bebte vor Gelächter.
„Deine Anmaßung ist erstaunlich, Goth. Aber ich finde sie nicht länger anziehend. Ich fürchte, dein Stolz und deine Eitelkeit haben deine Fähigkeiten übertroffen.“
„Schick mich zurück in die Oberwelt“, sagte Goth. „Ich werde dein Sprachrohr sein. Ich werde dir neue Anhänger gewinnen, eifriger als die letzten. Ich werde auf die nächste Sonnenfinsternis warten und ich werde die Opfer darbringen und dich aus der Unterwelt erhöhen. Verzehre dich nicht jahrtausendelang hier unten und warte darauf, dass der Tunnel fertig gestellt wird. Dein Triumph steht viel näher bevor. Schick mich jetzt zurück in die Oberwelt, und mit der nächsten Sonnenfinsternis wirst du befreit!“
„Eine eindrucksvolle Rede“, gab Zotz zur Antwort. „Aber dein Plan hat einen Fehler. Wie kommst du darauf, dass ich dich in die Oberwelt zurückschicken kann?“
Goth zögerte, überrascht, aber auch fasziniert. Er hatte immer angenommen, Zotz wäre allmächtig.
„Deine Macht, Zotz, mein Herr, kennt doch sicher keine Grenzen.“
„Mein Reich ist das der Toten“, sagte Zotz. Seine Stimme bewegte sich im Wind. „Über sie habe ich absolute Macht. Aber ich habe keine Autorität gegenüber den Lebenden. Ich kann genauso wenig Leben schenken, wie ich es nehmen kann. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit für dich, die Oberwelt zurückzugewinnen. Die besteht darin, einem lebendigen Geschöpf das Leben zu stehlen.“
„Wie ist das möglich?“, fragte Goth. Er spürte, wie die Kraft und das Versprechen seines Plans versickerten. „Hier unten?“
Zotz’ Auge starrte ihn vom Berg her an, ohne Blinzeln, streng. „Es ist selten, sehr selten, aber von Zeit zu Zeit öffnet sich ein Spalt in der Erde und ein lebendiges Wesen wird in meine Welt herabgesaugt, eine Ratte, gelegentlich sogar eine Fledermaus.“ Zotz unterbrach sich. „Eine ist jetzt hier.“
„Wo?“, fragte Goth; das Wort schoss förmlich aus seinem Mund. „Erlaube, dass ich mir dieses Leben nehme!“
„Du bist sehr begierig, Goth.“
„Nur begierig, deine Befehle auszuführen, Herr.“ „Warum sollte ich dich als Sendboten wählen?“
„Es war meine Idee. Niemand sonst hat sie vorher gehabt.“
„Das stimmt“, sagte Zotz. Seine Stimme flog auf dem Wind daher. „Aber vielleicht gibt es andere, die für die Aufgabe geeigneter sind. Dein Vater zum Beispiel. Andere Könige vor dir, die mir besser dienen könnten.“
„Sie wären alle hervorragende Diener, sicher“, erwiderte Goth, „aber sie sind schon eine sehr lange Zeit hier unten gewesen und vielleicht haben sie die Oberwelt vergessen, ihre Bräuche. Vielleicht sind ihre irdischen Gelüste abgestumpft, aber ich kann Leben noch kosten. Ich kenne den Dschungel und ich kann neue Vampyrum-Kolonien finden und sie zu dir bekehren. Keiner wird sich angestrengter bemühen als ich, denn ich habe am meisten zu verlieren und am meisten wieder gutzumachen.“
„Sehr überzeugend, ja“, antwortete Zotz. „Aber
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