Feuerflügel: Roman (German Edition)
und geschlagen. Kopfüber stürzte er in die Finsternis.
Mit einem Aufspritzen landete er in einem kochenden Teich.
Und begann, vor Schmerzen zu schreien.
Es war kein Wasser, sondern Säure. Er war in Zotz’ Magen. Er brüllte vor Qual, als er fühlte, wie sein Fell und sein Fleisch auf jedem Zentimeter seines Körpers weggebrannt wurden. Vergeblich schlug er um sich, vergeblich versuchte er, sich mit den Krallen hinauszuarbeiten, aber er wurde zu schnell herumgewirbelt. Mit seinem verzweifelten Echo-Sehen erhaschte er silberne Blicke auf andere Fledermäuse, hunderte von ihnen, die sich in diesem Wirbelbad herumdrehten, gesichtslos, qualvoll schreiend. Und auch er schrie, er konnte es nicht verhindern und trug so zu dem höllischen Lärm bei.
Mit großer Geschwindigkeit wirbelte er herum und wieder herum, trotzdem war die Zeit stehen geblieben.
Er war für immer hier und doch zeitlos, denn der Schmerz war so intensiv, dass er nichts anderes wahrnehmen konnte. Dies war für immer. Immerdar war bereits eingetreten und sollte doch noch kommen. Dieser Mahlstrom aus Säure und Schaum und Lärm und Schmerz. Er wünschte sich Vergessen.
„Zotz! “, brüllte er. „Vergib mir! Lass mich dir wieder dienen!“
Gewaltsam wurde er unter die Oberfläche gezogen, Säure verbrannte ihm die Nasenlöcher und schoss ihm die Kehle hinab. Er wurde von innen und von außen zerfressen. Von einer mächtigen Strömung wurde er durch die Flüssigkeit gezogen, weg vom ewigen Zugriff des Strudels, und qualvoll durch die sich windenden Tunnel der Eingeweide von Zotz gequetscht. Der Gestank von Galle und Verwesung ließ ihn würgen, wieder und wieder.
Ein letztes Mal wurde er erstickend zusammengedrückt, dann wurde er ins Freie ausgespuckt. Keuchend traf er auf den Boden. Dankbar presste er Klauen und Gesicht in die Erde. Er war noch am Leben – nein, nicht wirklich am Leben, aber der Schmerz war vorüber. Sein Fleisch und sein Fell waren auf wunderbare Weise unversehrt.
„Ich danke dir“, hauchte er stoßweise. „Ich danke dir! “
„Bilde dir nicht ein, dass dies bereits ein Ende deines Leidens ist.“
Goth richtete sich ruckartig auf. Er hatte erwartet, Zotz würde sich über ihm auftürmen. Stattdessen erkannte er, dass er sich auf dem schmalen Sims einer Bergwand befand. Wind prallte auf sein Fell, er musste blinzeln. Weit unter ihm erstreckte sich die leere schlammverkrustete Ebene. Zotz war nirgends zu sehen. Dann bewegte sich die Felswand und Zotz’ riesiges Auge öffnete sich aus dem Gestein selber und blickte auf Goth herab.
„Ich habe dich immer begünstigt, Goth.“ Die Stimme des Gottes bebte im Fels unter Goths Krallen, pulsierte in den Spitzen seines Fells. „Aber du hast mich an deiner Treue zweifeln lassen. Du hast viel zu büßen.“
„Ich werde dir ganz sicher dienen, Zotz, mein Herr. Was ist dein Befehl?“
„Du wirst zum Schacht zurückkehren und dort arbeiten.“ Sein Auge zuckte kein einziges Mal.
„Ich werde dir ewig dienen, Zotz, mein Herr.“
Ein dunkles Lachen knautschte die Luft zusammen. „Nicht ewig, Goth. Nur tausende von Jahren, bis du einen Tunnel in die Oberwelt gegraben hast.“
Goth war so überrascht, dass er eine Weile lang nichts sagen konnte. Er hatte törichterweise angenommen, die Arbeiten im Schacht dienten nur zur Bestrafung. „Nach der Zerstörung meines Tempels ist mir klar geworden, dass der Tunnel die einzige Möglichkeit für meine Befreiung ist. Während einer Sonnenfinsternis werden wir zur Oberwelt durchbrechen, und unser Tunnel wird so riesig sein, dass er die Lebenden zu tausenden herabsaugen wird. Und wenn mir einhundert geopfert worden sind, werde ich aufsteigen und die Sonne töten. Die beiden Welten der Lebenden und der Toten werden zu einer einzigen Welt zusammenfallen, und ich werde dort herrschen.“
Goth bewunderte die Großartigkeit dieses Plans. Endlich würde Zotz über die ganze Schöpfung gebieten – und die Vampyrum Spectrum mit ihm. Vielleicht würde sein Gott ihn nach all seiner Mühe mit einer Stellung großer Macht belohnen.
„Aber du wirst an meiner Herrschaft nicht teilnehmen“, sagte Zotz, als hätte er seine Gedanken gehört. „Du hast deine Chance in der Oberwelt vertan. Wenn der Tunnel fertig ist, wirst du zu Voxzaco und den anderen kommen, die ernsthaft mein Missfallen erregt haben.“
Goth sagte nichts, versuchte, den endlosen Schrecken seines Schicksals auszuloten. Für Jahrtausende in diesem Schacht zu schuften, nur um dann
Weitere Kostenlose Bücher