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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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warum sollte ich dir erlauben, dieses Leben für dich selbst zu stehlen? Sollte es nicht besser für mich geopfert werden?“
    Goth wählte seine Worte sorgfältig.
    „Sicher wäre es ein höchstangemessenes Opfer für dich, Herr, aber viel geringer, als du es verdienst. Ein einziges Leben wird dich schließlich nicht aus der Unterwelt befreien.“
    „Das stimmt, aber auch das Opfer eines einzigen Lebens würde mir etwas Trost spenden nach so langer Abwesenheit von der Welt der Lebenden.“
    „Gerne würde ich es dir geben, Herr. Aber ist es nicht besser zu warten und mir zu erlauben, dir all die Opfer aus der Oberwelt zu bringen, die du brauchst?“
    „Willst du mit mir handeln, Goth?“
    Goth wandte den Blick ab von dem riesigen, hypnotischen Auge des Gottes. „Ja, Herr, das will ich.“ Gelächter bebte durch Fels und Luft.
    „Wie soll ich wissen, dass du das Leben nicht für dich selber nehmen würdest? Damit du noch einmal leben und dich mir widersetzen kannst?“
    „So etwas würde ich nicht tun!“
    „Dein Plan ist kühn, Goth, und ich bewundere ihn. Aber zuerst musst du deine Disziplin und Treue beweisen. Jage das lebende Junge und töte es – aber nimm nicht das Leben, das von seinem Körper aufsteigt. Das wird mir gehören, damit ich es einatmen kann. Tu dies für mich, und wenn das nächste lebende Geschöpf in mein Reich kommt, wird sein Leben dir gehören.“
    Goth presste die Zähne aufeinander. Wie lange würde das dauern? Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte?
    „Bist du bereit, deinem Gott ein solches Opfer zu bringen, Goth?“
    „Ja, Herr, ich bin bereit.“
    „Jenseits der Wüste liegt ein Wald, er heißt Oase, einer von vielen Orten, wo die gerade Gestorbenen hinkommen. Ein Junges ist durch einen Spalt gefallen und befindet sich jetzt dort. Ich habe es gespürt. Siehe.“ Goth schloss die Augen, als Zotz ein Bild vor sein inneres Auge sang: ein kleines Männchen, eine merkwürdige Mischung aus Silberflügel und Glanzflügel vielleicht. Aber das Interessanteste war der Blitz, der über seine Flügelhaut zuckte und von den Spitzen seines Fells funkelte. Goths Mund füllte sich mit Speichel. Als er noch lebte, war es Fleisch, was er begehrte. Nun war es das Leben, das das Fleisch durchströmte. Er gierte nach diesem merkwürdigen glimmenden Licht, konnte sich vorstellen, wie es ihm die Kehle hinabrann, besser als jede Nahrung. Er schluckte. Aber es sollte nicht ihm gehören. Noch nicht.
    Goth öffnete die Augen.
    „Ich kann dich zu ihm führen“, sagte Zotz, „aber erwarte sonst wenig Hilfe von mir. Ich kann die Lebenden verwirren und ängstigen, aber ich kann ihnen nicht schaden auf irgendeine Weise. Du musst derjenige sein, der das Opfer darbringt.“
    Goth nickte. Er rätselte über diese Schwäche seines Gottes. Zotz konnte nicht töten. Es musste für ihn getan werden. Zotz brauchte ihn. Goth spürte eine Anwandlung von Stolz: Er war nützlicher, als er gedacht hatte.
    „Ich werde nicht versagen, Herr.“
    „Die Lebenden schwinden schnell dahin in meinem Reich. Du musst das Junge erreichen, bevor es schwach wird und stirbt. Ich werde zusehen. Hier ist dein Weg.“
    Die Erde rumpelte, und ein Bergkamm drückte sich durch die Oberfläche herauf wie das Rückgrat im Skelett eines Tieres, das nach langem Schlaf erwacht.
    „Geh nun“, sagte Cama Zotz. „Fange das Junge und rufe mich, damit du deinem Gott ein Opfer bringen kannst.“

–11–
Gefangen
    Noch nie hatte Schatten eine so trostlose Landschaft gesehen. Er flog höher und versuchte zu erraten, wann sie von etwas anderem abgelöst werden könnte. Mit einem plötzlichen kalten Schauder fragte er sich, ob dies nicht die Unterwelt ausmachte, ob sie nicht ein Ort war, an dem man auf ewig allein war, über das Nichts flog und nach den geliebten Angehörigen rief. Noch einmal suchte er den Himmel ab und sah, dass sein Sternenkreis gleich unter dem Horizont verschwinden würde. Er hoffte, er würde wieder auftauchen. In der Oberwelt kamen die Sterne immer zurück. Aber dieser Ort war offensichtlich anders. Es gab nicht einmal einen Mond oder eine Sonne, so weit er sehen konnte.
    Er fieberte vor Erschöpfung und wusste, er musste ein wenig ausruhen. Auf der Erde entdeckte er ein paar verstreute Felsbrocken, einige davon zu großen Haufen aufgetürmt. Vielleicht konnte er sich da unten niederlassen und dabei einen guten Aussichtspunkt einnehmen, um Wache zu halten. Er konnte kaum glauben, dass er noch keinen einzigen Vampyrum

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