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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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zu. „Du weißt doch sicher Bescheid über die Überfälle. Die Kannibalen haben die Oasen angegriffen und so viele Pilger gefangen genommen, wie sie konnten.“
    Schatten schüttelte den Kopf. Er verstand nicht. Oasen? Pilger?
    „Er weiß es nicht“, murmelte der verkrüppelte Silberflügel verärgert zu den anderen. „Er ist noch nicht dahinter gekommen. Er ist kein Pilger.“
    „Was ist ein Pilger?“, fragte Schatten.
    „Wenn unsere kleine Sternschnuppe hier kein Pilger ist“, kommentierte Bartgesicht, „was tut er dann so weit entfernt von einer Oase?“
    „Also, worüber redet ihr eigentlich?“, wollte Schatten wissen.
    Java seufzte. „Ach, ich tu das nicht gern. Es gibt keine einfache Methode, dir das zu erklären, Silberflügel. Du bist tot. Wir sind tot. Wir alle.“
    Wie betäubt blickte Schatten langsam von einem zum anderen. So sahen also die Toten aus. Er hatte etwas anderes erwartet, etwas Gespenstisches, Fetzen von Weiß wie Dunst über einem herbstlichen Teich. Diese Geschöpfe jedoch hatten Körper, eine feste Form in seinem Echo-Sehen. Der Silberflügel sah noch nicht einmal so alt aus. Javas Fell wirkte vom Alter ergraut, aber sie schien noch kräftig und gesund. Dann erinnerte er sich an die Kälte ihrer Flügel um ihn herum und spürte einen mitfühlenden Schauder aus dem eigenen Knochenmark aufsteigen. Er zitterte.
    „Ich weiß, es ist ein Schock, das zu hören, nicht wahr?“, sagte Java freundlich. „Wir mussten das alle erleben, glaub mir. Mit ein bisschen Zeit findest du es nicht mehr so schrecklich. Das kannst du mir glauben.“
    „Hm, nun, ich bin in Wirklichkeit nicht tot“, sagte Schatten.
    „Verleugnung“, meinte der verkrüppelte Silberflügel gelangweilt. „Die klassische Reaktion.“
    „Das ist vollkommen normal“, erklärte Java Schatten mit besänftigender Stimme. „Du brauchst einfach etwas Zeit dafür.“
    „Nein, wirklich, ich verstehe, warum es dieses Missverständnis gibt“, erklärte Schatten. „Aber ich bin nicht tot. Es hat ein Erdbeben gegeben und ...“
    „Das ist alles sehr bewegend“, sagte der verkrüppelte Silberflügel, „aber meinst du nicht, wir könnten das etwas abkürzen?“
    „Yorick“, sagte Java und klang zum ersten Mal verärgert, „ein bisschen Geduld wird dich sicher nicht umbringen.“
    „Genau genommen hat Geduld mich umgebracht“, erwiderte Yorick wütend. „Und nachdem ich jetzt nicht mehr lebe, bin ich außergewöhnlich ungeduldig, hier wieder herauszukommen!“
    Betroffen blickte Schatten von einem zum anderen. „Also sind all die Fledermäuse draußen, hier herunter gekommen, als sie gestorben sind?“
    „Kapiert schnell“, murmelte Yorick.
    „Alle Fledermäuse aus allen Teilen der Welt kommen hierher, wenn sie sterben“, erklärte ihm Java. Schatten konnte nicht sprechen, so erschüttert war er. Diese scheußliche Unterwelt sollte der Ort sein, an den Nocturna ihre eigenen bevorzugten Geschöpfe schickte? Von Nocturna erwartete man, dass sie sich um sie kümmerte, wenn sie starben! Dass sie sie an einen wunderbaren Ort brachte!
    „Alle Fledermäuse kommen hierher“, murmelte er benommen. „Aber meine Ältesten ... die Legenden behaupten, die Unterwelt ist nur für die Vampyrum.“
    „Falsch!“, sagte der Bartgesichtige fröhlich.
    „Das kann nicht stimmen ...“
    „Es stimmt“, sagte ihm Java freundlich. „Du hast es gerade selbst gesehen.“
    Schatten schnaubte wütend. „Da steht mir wirklich das Fell zu Berge“, sagte er. „Sie erzählen dir Dinge und du sollst sie glauben, weil sie Älteste sind, und es ist nur irgendeine verstaubte alte Legende, die tausende von Jahren in der Echokammer herumgetaumelt ist ...“ Die anderen starrten ihn erstaunt an und er verstummte. „Entschuldigt, ich hasse es einfach, Dinge nicht zu wissen. Du zum Beispiel“, sagte er zu Java und zu Bartgesicht, „niemand hat mir je von Geschöpfen wie euch erzählt. Niemals.“
    „Ich bin ein Flughund“, sagte sie. „Eine Fledermaus, aber ein Obstesser von der anderen Seite des Ozeans von euch aus gesehen, glaube ich. Ich heiße Java.“
    „Schatten“, stellte er sich vor. „Aus den nördlichen Wäldern. Ihr seid alle so ... groß? Deine Art?“
    „Größer. Ich bin ein Knirps.“
    „Tatsächlich?“, sagte Schatten und spitzte überrascht die Ohren. „Das bin ich auch.“
    „Und ich bin Nemo“, sagte das Bartgesicht, „von den Küstengewässern weit im Süden. Wir sind Fischfresser.“ Nun verstand Schatten

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