Feuerflügel: Roman (German Edition)
seines Körpers riet ihm, umzudrehen und wegzufliegen. Mühsam bezwang er seine Furcht und konzentrierte sich auf Lunas Flügel, ließ sich von ihnen führen. Sie flogen direkt auf festes Wasser zu, dann bog Nemo ab, schlüpfte durch eine Öffnung und war verschwunden, und bevor Greif noch tief Luft holen konnte, war auch er im Inneren des Wasserfalls.
Wenn er schon gedacht hatte, es wäre draußen laut, so war es hier wie etwas, was in seinem Schädel lebte. Überall um ihn herum erhoben sich große, brüllende Wassersäulen. Es war fast vollkommen dunkel, das Sternenlicht war ausgelöscht bis auf den gelegentlichen Strahl, der durchdrang und funkelnd durch die Lagen Wasser und den schweren Nebel gebrochen wurde.
Sie flogen mit Schwindel erregender Geschwindigkeit, wedelten und tauchten und kletterten durch die dauernd wechselnden Eingeweide des Wasserfalls. Nemo schien ein fast übernatürliches Verständnis all dieses Wassers zu haben, wusste, wie man drum herum sehen konnte und sogar hindurch, wie man erraten konnte, wann es gleich austrocknen und wann es herabstürzen würde.
„Fast geschafft!“, hörte Greif Nemo von vorne rufen, und dann bremste Luna so scharf, dass er fast in sie hineingeflogen wäre.
„Was ist los?“, schluckte er. Dann sah er es. Sie waren in eine Sackgasse geraten. Nemo und Yorick kreisten auf engem Raum, die Fisch fressende Fledermaus starrte intensiv auf eine ununterbrochene Wasserwand.
„Kein allzu großes Problem“, murmelte Nemo. „Nach oben!“
Damit begann er einen fast senkrechten Steigflug. Keuchend folgte ihm Greif, Java und Smog waren dicht hinter ihm. Immer höher hinauf kletterten sie. Sie konnten doch nicht immer weiter nach oben fliegen! Sie würden gegen den steinernen Himmel stoßen, und was war, wenn sich da kein Spalt auftat? Sie würden nie herauskommen!
„Beeilt euch, hier!“, hörte er Nemo rufen. „Wir haben einen freien Durchgang, aber er wird nicht so bleiben.“
Vor ihnen sah Greif zwei Schwindel erregend hohe Wasserwände, zwischen denen ein schmaler Cañon bestand, nur dass sich seine Wände bewegten und langsam, aber stetig mit einem tierischen Gebrüll aufeinander zukamen. Am Ende des Cañons – und es schien eine lange Strecke entfernt – konnte Greif Sterne sehen. Himmel. Das Ende des Wasserfalls.
„Fliegt schnell!“, rief Nemo. Er schoss bereits vorneweg.
Luna folgte ihm, aber Greif zögerte einen Augenblick. Er zwang sich zu reden.
„Die Wände schließen sich, eine Art Stürzende-Wasser-Situation, aber die Geschwindigkeit scheint konstant, und ich schaffe es wahrscheinlich, wenn ich heftig flattere, und es sollte kein Problem sein, wenn ich losfliege ...“
„Los jetzt!“, drängte Smog und stieß ihn an, als er an seine Seite kam.
„Komm schon, Greif“, sagte Java. „Ich bleibe bei dir.“
Greif schlug heftig mit den Flügeln und schoss durch den steilen Cañon. Er konnte nicht einmal zwei Meter breit sein und er verengte sich.
Greif konzentrierte sich auf Luna und Yorick und Nemo vor sich und dahinter die Sterne, die am offenen Himmel funkelten. Dorthin. Er kniff die Augen zusammen, als die Gischt plötzlich dichter wurde, und blickte zu den Cañonwänden. Sie bewegten sich schneller, und er hatte noch nicht einmal die halbe Strecke geschafft. Nur noch weniger als anderthalb Meter breit.
„So schnell du kannst, Greif“, rief ihm Java zu.
„Flieg voran!“, sagte er ihr. „Deine Flügel!“ Ihre Spanne betrug über einen Meter, und bald würden die Wasserwände ihre Spitzen berühren.
„Ich bleibe bei ihm“, sagte Smog zu Java. „Flieg du vor!“ Greif war nicht scharf darauf, mit Smog allein gelassen zu werden, aber jetzt war keine Zeit, um lange zu überlegen. Java nickte und schoss über Greif hinweg auf das Ende des Cañons zu, während Nebel von ihren gewaltigen Flügeln wehte.
Die Wände waren jetzt so eng, dass Smog und Greif nicht mehr nebeneinander fliegen konnten. Der Vampyrum flog voraus, blickte häufig über den Flügel zurück, um zu überprüfen, dass Greif ihm folgte. Die Wände näherten sich jetzt nicht mehr, vielmehr stürzten sie einfach zusammen und schickten immer größere Wasserströme an sich entlang, sodass sie sich nach außen ausdehnten.
Vorne sah Greif, wie Nemo ins Freie schoss, dann Yorick und Luna, und dann auch Java, die wild zur Seite kippte, damit die Wasserwände ihr nicht die Flügel zerschmetterten. Der Lärm der Fälle war ohrenbetäubend.
„Mir geht’s gut! “,
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