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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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sind hier entwickelt worden und nicht so anpassungsfähig wie Menschen.“
    Laenea, die häufig Situationen erlebt hatte, in denen Maschinen nicht so funktioniert hatten, wie man es von ihnen erwartet hatte, verstand nur zu gut, was er meinte. Auf den neuen Welten waren die Methoden der Prä-Automation meistens ökonomischer. Maschinen mußten dort von Grund auf neu entwickelt werden, aber Menschen brauchten nur umzulernen. Evolution war eine genauso gute Analogie wie jede andere.
    „Raumfahrt ist auch Arbeit. Vielleicht nicht so anstrengend für die Muskeln, aber Arbeit ist sie auch.“
    „Man wird niemals richtig müde. Physisch oder geistig. Der Job stellt keinerlei Anforderungen.“
    „Ist Ihnen das Risiko nicht groß genug?“
    „Unkalkulierbare Risiken“, sagte er. „Wie beim Glücksspiel.“
    Seine Herkunft machte ihn zu einem strengen Richter, der am strengsten mit sich selbst war. Laenea spürte den Unterton von Selbstverachtung in seinen Worten, einen grauen Schatten auf seiner Unabhängigkeit.
    „Wir sind keine Sklaven“, sagte sie. „Sie können jederzeit aufhören.“
    „Ich wollte es ja …“ Er ließ den Satz unbeendet. „Ich dachte, es wäre anders …“
    „Ich weiß“, sagte Laenea. „Sie haben gehofft, Abenteuer zu finden, aber nach einer Weile bleibt nichts weiter übrig als ein dumpfes Gefühl von Gefahr.“
    „Ich wollte andere Welten kennenlernen. Ich wollte … darin war ich ziemlich egoistisch.“
    „Ach, hören Sie auf. Egoistisch? Niemand tut es aus irgendeinem anderen Grund.“
    „Vielleicht nicht. Aber ich hatte ein anderes Motiv. Ich weiß noch …“ Wieder unterbrach er sich und brachte den angefangenen Satz nicht zu Ende.
    „Was wissen Sie noch?“
    Er schüttelte den Kopf. „Nichts.“
    Laenea hatte gehofft, daß er aus seiner Reserve herauskommen würde, aber er verkroch sich nur noch mehr. „Wir verbringen die meiste Zeit damit, triviale Ladungen aus trivialen Gründen zu trivialen Menschen zu transportieren.“
    „Mit trivialen Ladungen wird das meiste Geld verdient. Das Geld, das man zum Leben braucht.“
    Radu schüttelte den Kopf. „Das ist nicht richtig.“
    „Es ist richtig, und es ist immer so gewesen.“
    „Auf Twilight …“
    „Warum sind Sie so unzugänglich?“ fragte Laenea. „Es muß doch schön sein, seine Heimat so zu lieben.“
    Er zuckte zusammen, als ob er fürchtete, daß sie sich über ihn lustig machte, ihn auslachte. Dann entspannten sich seine Muskeln wieder. „Ich fühle mich nach den Flügen besser, wenn ich von zu Hause träume.“
    Der glückliche Träumer. Wenn Laenea noch immer Crewmitglied gewesen wäre, hätte sie ihn beneidet. „Vermissen Sie Ihre Familie?“
    „Ich habe keine Familie. Ich vermisse sie noch – manchmal. Aber alle sind tot.“
    „Tut mir leid.“
    „Sie konnten es nicht wissen“, sagte er rasch, fast zu rasch. „Sie waren gute Menschen, mein Clan. Die Epidemie hat sie …“
    Laenea verstärkte den Druck ihres Arms um seine Schultern.
    „Ich weiß nicht, was uns alle so an Twilight bindet“, sagte Radu. „Ich denke, es ist eine Kombination von Herausforderung und Leistung. Alles ist neu. Wir versuchen, unsere Probleme ohne Gewalt zu lösen. So vieles könnte schiefgehen …“
    Er blickte sie an, und seine Augen waren so tief wie Bergseen, sein Gesicht ernsthaft in seiner Stärke, und sie stellten wortlos Fragen, die Laenea nicht verstand.
     
    Die Luft war kalt. Die Kälte fuhr in ihre Lungen und verbreitete sich in ihrer Brust, ihrem Leib, ihren Armen und Beinen. Sie stellte sich vor, daß die kleine Maschine, die sie jetzt in der Brust trug, mit ihrer metallischen Kälte alle Wärme aus ihrem Körper zog, während sie sich lautlos drehte. Laenea war plötzlich müde.
    „Was ist das?“
    Sie hob den Kopf. Sie befanden sich jetzt etwa in der Mitte der Ostflanke der Stahlinsel. Ein vages Leuchten erhellte den Nebel vor ihnen, Lichter, die rasch heller wurden. Das amorphe Glühen löste sich in mehrere Lichtpunkte auf. Laenea hörte ein lautes, metallisches Summen. Die Luft wurde plötzlich klar.
    Die hohen Gittermasten der Nebelteiler richteten sich auf und lehnten sich in einem konzentrischen Kreis auf die Lichter zu. Die langen Stahltrossen summten melodisch. Die elektrischen Felder zwischen den Türmen ließen den Nebel kondensieren. Dicke Wassertropfen fielen auf das Stahldeck. Das unregelmäßige Tropfen klang wie ein leichter Regen und wie eine rhythmische Begleitung zu der leisen Musik,

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