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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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wurde. Laenea antwortete nicht. Sie spürte eine angenehme Müdigkeit, die ihren Körper bleischwer machte.
    „Haben Sie schon gegessen?“ hörte sie Kathell sagen, wie aus weiter Ferne. Die Worte, die in eine andere Richtung gesprochen schienen, standen isoliert im Raum, beziehungslos. Laenea verlangsamte die Rotation ihres Herzens und entspannte die arteriellen Muskeln. Das Blut, das durch die erweiterten Kapillaren strömte, ließ sie erröten, und sie fühlte sich wärmer.
    „Sie wollte mit mir in … ein Restaurant gehen“, hörte sie Radu sagen.
    „Waren Sie noch nie in einem Restaurant?“ Kathells amüsiert klingende Bemerkungen waren niemals verletzend. Sie entsprangen zu offensichtlich ihrer humorvollen Art und ihrer Neigung, andere Ansichten zu akzeptieren, anstatt sie zu fürchten.
    „Es gibt keine Restaurants auf Twilight.“
    Laenea hatte das Gefühl, daß sie noch mehr sprachen, aber ihre Worte wurden von dem Murmeln vieler Stimmen übertönt und von den Geräuschen des Windes und der See. Sie fühlte nur die weichen Kissen unter ihrem Körper, roch die warme, nach Meer duftende Luft.
     
    Zeit verging. Wieviel und wie rasch, wußte Laenea nicht. Sie schlief, dankbar und ohne Furcht, tief, träumend, und spürte kaum, daß sie bewegt wurde. Sie murmelte etwas, hörte im Halbbewußtsein beruhigende Stimmen, ohne die Worte zu verstehen. Wind und Kälte strichen über ihre Haut, waren kurze Zeit später wieder verschwunden. Sie spürte eine sanfte Beschleunigung. Und dann nichts mehr.
     
    Laenea erwachte; warm, durchwärmt bis ins Zentrum ihres Körpers. Ein Traum, den sie kurz vor dem Erwachen gehabt hatte, schwamm in ihr Bewußtsein und wieder hinaus, ohne eine Erinnerung zu hinterlassen. Sie schloß die Augen und nahm sich vor, den Traum festzuhalten, wenn er noch einmal in ihr Bewußtsein treiben sollte. Sie wußte lediglich, daß sie geträumt hatte, ein Schiff während des Transits zu führen. Die Details waren aus ihrer Erinnerung geglitten. Aber sie hatten sie in einen Zustand angenehmer Erregung versetzt, die ihre Schläfrigkeit vertrieb. Die kleine Maschine in ihrer Brust summte auf Hochtouren und schien Hitze in ihren Körper abzustrahlen, obwohl das genauso unmöglich war wie die Vorstellung, daß sie ihr Blut kühlte.
    Der Raum, in dem sie lag, war abgedunkelt. Sie wußte nicht, wo sie war, nur, daß sie sich nicht im Krankenhaus befand. Die Gerüche waren anders: weder nach Antiseptika noch nach Medikamenten, sondern nach einem leichten Parfüm. Auf ihrer Haut fühlte sie nicht hartes Synthetikmaterial, sondern weiche Baumwolle. Zwischen halbgeschlossenen Lidern sah sie wabernde Reflexe an der Decke. Sie erkannte, daß sie sich in Kathells Wohnung im Ost-Stabilisator befand.
    Sie stützte sich auf die Ellenbogen. Ihre Rippen knarrten wie altes Parkett, und ein dumpfer Muskelschmerz zog von ihrer Brust bis in die Arme und Beine. Sie stieß einen kleinen Schrei aus, mehr der Überraschung als des Schmerzes. Sie hatte sich überfordert; sie brauchte Ruhe, nicht Aktivität. Langsam ließ sie sich auf das Kissen zurückgleiten, schloß die Augen und trieb in den Schlaf zurück. Sie hörte das Rascheln und Reiben zweier verschiedener Stoffe aneinander, reagierte jedoch nicht auf das Geräusch.
    „Alles in Ordnung?“
    Die Stimme hätte sie aufgeschreckt, wenn sie nicht schon wieder im Halbschlaf gewesen wäre. Sie öffnete die Augen und sah Radu vor dem Bett stehen. Seine Jacke war offen, und ein dünner Schweißfilm bedeckte Brust und Stirn. Sein Gesichtsausdruck paßte zu dem besorgten Tonfall seiner Stimme.
    Laenea lächelte. „Sie sind noch hier?“ Sie hatte angenommen, daß er seiner Wege gegangen war, um all das zu tun und zu sehen, was es hier an Interessantem gab und was alle Besucher bei ihrem ersten Trip zur Erde faszinierte.
    „Ja“, sagte er. „Natürlich.“
    „Das wäre nicht nötig gewesen …“ Aber sie wollte nicht, daß er ging.
    Er legte seine Hand auf ihre Stirn. Sie war kühl und beruhigend. „Ich glaube, Sie haben Fieber. Gibt es jemanden, den ich rufen soll?“
    Laenea überlegte einen Augenblick lang, das heißt, sie lag reglos und lauschte auf die Signale ihres Körpers. Ihr Herz rotierte viel zu schnell. Sie verlangsamte seinen Lauf und fragte sich wieder, was für Abenteuer sie wohl in ihrem Traum erlebt haben mochte. Sonst schien alles in Ordnung. Ihre Lungen waren frei, ihr Gehör scharf. Sie fuhr mit der Hand an ihre Brust und tastete über die Narbe:

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