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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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war, aufzublicken, um in seine Augen zu sehen.
    „Ich meine es ernst.“
    „Aber das ist nichts, was man fragt“, sagte Kylis. „Es ist etwas, worüber eine ganze Familie entscheidet, wenn sie es will.“ Sie wußte, daß er nicht verstehen würde, was sie sagen wollte.
    „ Ich habe mich entschieden. Es gibt nur noch mich.“ Seine Stimme war eine Spur zu laut.
    „Sind Sie nicht einsam?“ Sie hörte ihre Worte und wußte nicht, weshalb sie dies gesagt hatte. Wenn die Echse verletzt war, dann wollte sie sich an seinem Schmerz weiden. Sie konnte sich niemanden vorstellen, der mit ihm zusammenleben wollte, es sei denn, er würde sich auf unvorstellbare Weise ändern.
    „Ich hatte ein Kind …“ Er unterbrach sich, ärgerlich darüber, soviel enthüllt zu haben.
    „Ah“, sagte sie unwillkürlich. Sie hatte seine Art oberflächlicher Kontrolle über schlecht unterdrückte Gewalt schon früher erlebt. Brückenkopf bot der Echse genug zu rechtfertigende Gelegenheiten, um seiner Gewalt freien Lauf zu lassen. Anderswo würde er sich einen Weg bahnen, wann immer er sich sicher fühlte, gegenüber jedem, der verwundbar und ohne die Möglichkeit der Verteidigung war. Und diese Art von Person bat sie um ein Kind.
    „Das Gericht hatte nicht das Recht, es ihr zu geben und nicht mir.“
    Natürlich dachte er so. Kein Recht, das Kind zu beschützen? Doch das sagte sie nicht.
    „Nun?“
    Es wäre ein leichtes einzuwilligen. Sehr wahrscheinlich würde man ihr erlauben, im Innern der komfortablen, kühlen Kuppeln zu wohnen, und sicher erhielt sie gutes Essen. Sie könnte die gefährlichen Maschinen und die Peitsche der Echse vergessen. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es sein würde, die Bewegungen eines Kindes in sich zu fühlen, zu warten, bis es geboren wurde, um es dann der Echse übergeben zu müssen, damit es bei ihm aufwuchs, mit keinem anderen Vorbild, keinem anderen Lehrer, nur mit dieser fürchterlichen, verkrüppelten Person.
    „Nein“, sagte sie.
    „Du kannst es, wenn du es nur willst.“
    So viele Dinge, die sie hier über sich herausfand, hatten sie amüsiert; jetzt war es eine Bemerkung, die sie einst Gryf gegenüber gemacht hatte: Ich würde alles tun, um hier herauszukommen.
    „Lassen Sie es dabei bewenden“, sagte sie leise. „Ich will nicht.“ Sie kehrte ihm den Rücken zu.
    „Ich habe geglaubt, du seist starrköpfig und stark. Vielleicht habe ich mich geirrt. Vielleicht bist du nur dumm und verrückt wie der Rest.“
    Sie suchte nach Worten, die er verstehen würde, doch sie scheiterte an den unvereinbaren Unterschieden in ihrer Meinung über die Echse und seiner eigenen. Er würde ihren Ausführungen nicht zuhören.
    „Oder verlangst du noch mehr von mir? Was ist es?“
    Sie wollte ihm sagen, es gäbe nichts, doch dann zögerte sie. „Also gut“, sagte sie, besorgt, ihre Stimme könnte zu schrill klingen. „Sagen Sie Gryfs Leuten, sie sollen ihn freigeben. Geben Sie Jason ein Ticket, um diese Welt zu verlassen.“ Für einen Moment erlaubte sie sich beinahe selbst die Hoffnung, er glaube, ihr Angebot sei ernst gemeint. Sie war eine gute Lügnerin.
    Der Gesichtsausdruck der Echse veränderte sich. „Nein. Ich brauche sie hier, damit du tust, was ich dir sage.“
    „Das werde ich nicht tun.“
    „Wähle etwas anderes.“
    Blitzartig erinnerte Kylis sich, schon einmal so gedemütigt worden zu sein. Damals war sie noch sehr klein. Alles, nur nicht das. Alles, was du willst. Sie verscheuchte die Erinnerung.
    „Es gibt nichts anderes“, sagte sie.
    „Rede keinen Unsinn. Du kannst mich nicht dazu bringen, sie freizulassen. Ich bin kein Narr.“
    Er benötigte keinen offiziellen Grund, um sie zu quälen. Sie wußte das. Furcht vor seiner Art von Macht war eine instinktive Reaktion für Kylis. Trotzdem flüsterte sie: „Doch, Echse, das bist du!“ Halb blind, wandte sie sich um und floh.
    Sie versuchte ihm zu entkommen, doch er erreichte sie, ergriff sie und riß sie herum. „Kylis …“
    Unbeweglich und kalt betrachtete sie seine Hand. „Wenn Sie das wollen …“
    Doch selbst die Echse war nicht derart außer Kontrolle. Langsam ließ er die Hand wieder sinken.
    „Ich könnte dich quälen.“
    Ihr Blick traf den seinen, sie blinzelte nicht. „Können Sie das?“
    „Ich könnte dich unter Drogen setzen.“
    „Sieben Schichtperioden lang?“ Sie erkannte mit plötzlichem Befremden, daß sie unbewußt die Zeit von der Rechnung in Standardmonaten auf Vierzig-Tage-Perioden übertragen

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