Feuerflut
flog.
Allerdings wusste er nicht, dass Monk ein ausgezeichneter Scharfschütze war – außerdem war er stocksauer über den Angriff. Er riss das Gewehr hoch und schoss die Granate so mühelos ab, als handelte es sich um eine Tontaube. Sie traf hinter dem Blockhaus auf. Bei der Explosion wurde Dreck hochgeschleudert, eine Rauchwolke stieg auf. Ein Helm rollte hinter dem Haus hervor. Leer war er nicht. Männer schrien.
Dann Schüsse.
Es hörte sich an wie ein kurzes Feuergefecht – ein ausgesprochen einseitiges Gefecht.
Nach einer Weile trat aus dem Rauch eine Gestalt hervor.
Seichan war blutverschmiert, ihre Kleidung qualmte. Offenbar war sie in dem Moment durch eines der vorderen Fenster gehechtet, als die Handgranate explodiert war. Sie zeigte zum Parkplatz. Damit meinte sie nicht, dass es Zeit für den Abflug wäre. Ein Mann stand dort neben einem Humvee.
Mitchell Waldorf.
Der Verräter wandte sich zum Wagen um, doch Monk war ihm einen Schritt voraus. Er schoss die Reifen des Humvee platt und zwang Waldorf, sich vom Fahrzeug zu entfernen. Er wäre von unschätzbarem Wert, wenn sie ihn lebendig gefangen nehmen konnten, denn als Agent der Gilde hatte er bestimmt einiges über die Organisation zu erzählen.
Offenbar war das auch Waldorf klar.
Er setzte sich die Pistole ans Kinn.
Gray fluchte und versuchte, noch etwas schneller zu fahren. Seichan kam auf ihn zugerannt. Waldorf lächelte und rief ihnen zu: »Es ist noch nicht vorbei!«
Der Schuss hallte dröhnend wider.
Der Kopf des Mannes explodierte in einer Wolke von Gehirnmasse. Dann brach er zusammen.
Also, ich finde schon …
Waldorfs Lächeln aber ging Gray nicht aus dem Kopf. Was hatte der Scheißkerl nur gemeint?
7:19
Zehn Minuten später rasten Gray und seine Teamkollegen im zweiten Humvee, das sie an diesem Tag gestohlen hatten, über den Natchez Trace Parkway. Sie hatten ein Fahrzeug des Söldnerteams übernommen, da sie annahmen, damit weniger Schwierigkeiten zu bekommen. Außerdem konnten sie die größere Ladefläche gut gebrauchen.
Monk lag auf dem Rücksitz, bis zur Hüfte nackt, um den Bauch einen Druckverband. Das Verbandszeug hatte Gray im Kofferraum des Armeefahrzeugs gefunden. Die Angreifer hatten offenbar mit Verletzungen gerechnet. Zusätzlich hatte er Monk Morphium gespritzt.
Der Blick seines Freundes hatte sich bereits verschleiert.
Seichan, deren Schnittverletzungen er ebenfalls versorgt hatte, saß am Steuer, damit Gray das Büffelfell inspizieren konnte. Bevor sie losgefahren waren, hatte er es aus dem Grab geholt. Das Leder war spröde, ließ sich aber auseinanderfalten. Zum Vorschein kam ein buntes Schlachtengemälde, das kämpfende Indianer zeigte. Tausende Pfeile schwirrten durch die Luft, jeder einzelne sorgfältig in die Büffelhaut eintätowiert. Pueblos stürzten von Felshängen herab. Federgeschmückte, schmerzverzerrte, schreiende Gesichter.
Painter hatte gemeint, die Anasazi wären ausgelöscht worden, nachdem sie die heiligen Totems der Tawtsee’untsaw Pootseev gestohlen hätten. War dieses Gemetzel – dieser Völkermord – auf dem Büffelfell dargestellt?
Das warf eine noch bedeutsamere Frage auf.
Gray hatte sich das Büffelfell auf den Schoß gelegt. Ein Teil des Bildes fehlte. Er betastete die Stelle. Sie fühlte sich rau an.
»Lewis hat hier etwas abgeschabt«, sagte Gray.
»Weshalb?«, fragte Seichan.
»Er hat etwas in den Freiraum geschrieben.«
Gray blickte auf die säuberlichen Schriftzeichen, die einen großen Bereich in der Mitte des Bildes einnahmen. Während die anderen ihre Verletzungen versorgten, hatte er das getrocknete Blut abgewischt, mit dem das Büffelfell verschmutzt war. Das Eisen des Hämoglobins hatte das Leder verfärbt, doch die Schrift war noch lesbar.
»Aber das ergibt keinen Sinn«, sagte er. »Das sind nur zusammenhanglose Buchstaben. Entweder ist das eine Geheimschrift, oder Lewis ist verrückt geworden.«
Seichan warf einen Blick aufs Fell, dann sah sie wieder auf die Straße. »Hat Heisman nicht gemeint, Lewis und Jefferson hätten ihre Korrespondenz verschlüsselt? In einer speziellen Geheimsprache?«
»Das stimmt.«
Gray stellte sich vor, wie der sterbende Lewis in jener langen Nacht darauf gewartet hatte, dass Mrs. Grinder ihn fand. Er hatte genug Zeit gehabt, eine letzte Botschaft zu verfassen. Aber was hatte er mitteilen wollen? Vielleicht den Namen seines Mörders? Oder war dies sein Letzter Wille, sein Testament?
Gray rieb über das aufgeraute Leder. Was
Weitere Kostenlose Bücher