Feuerflut
sie lang getragen und häufig zu Zöpfen geflochten, doch es waren alle möglichen Farben vertreten, auch Blond, Kastanienbraun und flammendes Rot.
Die Tawtsee’untsaw Pootseev.
Auch hier lagen Dolche am Boden oder wurden von Knochenhänden gehalten, die meisten mit Klingen aus Stahl, teilweise aber auch aus Knochen.
So viele Tote.
Und das alles, um die Welt vor einem alchemistischen Geheimnis zu schützen.
Jetzt begriff Hank, woher dieses Wissen stammte. Vor ihm stand ein Tempel, erbaut aus Steinplatten, die mit Mörtel zusammengefügt waren. Er ragte sechs Stockwerke hoch auf, reckte sich zur Decke und füllte die Mitte des gewaltigen Hohlraums aus.
Er wusste, welches Bauwerk das war.
Oder vielmehr, nach welchem Vorbild es gestaltet war.
Selbst die Abmessungen der Fassade stimmten.
Zwanzig Ellen breit und fünfunddreißig Ellen hoch.
Wie in der Bibel verzeichnet.
Seine Gewissheit gründete jedoch nicht allein auf den Maßen. Sondern auf der Erscheinung des Tempels als Ganzem. Eine Steintreppe führte zum Portal hoch, der Eingang wurde von zwei mächtigen Säulen eingerahmt – Boas und Jachin –, doch sie waren nicht aus Messing, sondern aus Gold, genau wie die große Schale, die vor dem Tempel stand.
Der goldene Kelch war zwei Meter siebzig hoch und hatte einen Durchmesser von über fünf Metern. Das Original wurde Messingmeer oder Geschmolzenes Meer genannt. Bei dieser Kopie wirkte der Name besonders treffend. Die Schale stand mitten in einer dampfenden heißen Quelle, die aus dem Boden entsprang und sich in das Becken ergoss. Das Wasser strömte über den Schalenrand und wieder zurück, ein endloser Zyklus.
»Wo sind wir hier?«, fragte Kai. »Das sieht aus wie ein Pueblo, aber die Form stimmt nicht.«
Hank schüttelte den Kopf. »Die Form ist perfekt.«
Painter schaute sich entgeistert um.
Wer wollte jetzt noch die Wahrheit leugnen?, dachte Hank.
»Ist das hier wirklich das, was ich glaube?«, fragte Painter, der es offenbar ebenfalls begriffen hatte. »Oder jedenfalls die Pueblo-Version?«
Hank nickte triumphierend. »Das ist Salomos Tempel.«
40
1. Juni, 5:50
Yellowstone Nationalpark
MAJOR ASHLEY RYAN fühlte sich unwohl in seiner Rolle als Babysitter.
»Kommen Sie mir ja nicht in die Quere«, ermahnte Ryan den jungen Ute-Indianer. Er deutete auf einen großen Stein neben einer Ansammlung von Kiefern. »Setzen Sie sich dahin. Und passen Sie auf, dass der Hund nicht an meinem Rucksack das Bein hebt.«
Jordan gehorchte widerwillig.
Die Nationalgarde und die Indianer standen in Utah auf gespanntem Fuß – auf jeden Fall traf das auf diesen speziellen Nationalgardisten zu. Ryan erinnerte sich noch gut an das Durcheinander, das der Explosion im Gebirge vorausgegangen war. Wenn die Indianer wüssten, wo die Grenze lag, kämen sie alle bestens miteinander aus.
Ryan blickte zu Bernd und dessen Söldnern hinüber, die dreißig Meter vom Erdloch entfernt ihren Claim abgesteckt hatten. Der blonde Hüne hatte drei Männer dabei; Ryan desgleichen. Ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis, zählte man den Jungen und den Hund nicht mit.
Und das tat Ryan nicht.
Bernd sah zu ihm herüber; die Hände in die Hüfte gestemmt, musterte er seinen Gegner. Dann sah der große Blonde zum Himmel hoch. Auf einmal hörte auch Ryan das Geräusch.
Ein weiterer Hubschrauber.
Vom ständigen Knattern der Rotoren brummte ihm der Schädel und taten ihm die Zähne weh. Drei Helikopter kreisten mit Dämmkisten in der Luft. Die Piloten hatten bereits vier Kisten abgesetzt und hielten sich bereit, sie im Handumdrehen aus dem Nationalpark hinauszubefördern.
Ryan sah auf die Uhr. Noch zwanzig Minuten. Fehler durften sie sich keine mehr erlauben. Auf einmal hörte er einen weiteren Hubschrauber. Die erste Maschine flog über den Felsgrat hinweg und senkte sich ab.
Was zum Teufel hatte das zu bedeuten? War vielleicht etwas passiert?
Vom Heck des Transporthelis fielen auf einmal dicke Seile herab, an denen sich Männer herabließen. Sie trugen die gleichen schwarzen Kampfanzüge wie Bernds Leute.
Verdammter Mist.
Ryan fuhr herum und duckte sich unwillkürlich. Er hörte einen Schuss, gleichzeitig pfiff eine Kugel an seinem Kopf vorbei. Wie ein Linebacker auf einen Arm gestützt, starrte er zu Bernd hinüber. Der blonde Hüne zielte mit einer Pistole auf ihn.
Abermals knallte es.
Einer von Ryans Leuten wurde getroffen und auf den Rücken geschleudert.
Zwischen den Augen hatte er ein Loch.
Ryan rannte zu den großen
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