Feuerflut
Steinen, zu denen er den Jungen geschickt hatte. Er wollte den Zivilisten beschützen. Doch er trug auch Verantwortung für seine beiden Männer.
»In Deckung! Macht schon!«
Sie mussten sich irgendwo einigeln. Die Findlinge mussten es so lange tun, bis sie etwas Besseres fanden. Jordan war bereits hinter einem Stein verschwunden.
Die beiden Männer – Marshall und Boydson – rannten geduckt neben Ryan her.
Alle drei erreichten die Felsen und warfen sich in Deckung.
Ryan nahm das Gewehr von der Schulter und schob den Lauf in eine Lücke zwischen zwei Steinen. Er beobachtete, wie sich acht Männer aus dem ersten Hubschrauber abseilten. Dann stieß auch schon die zweite Maschine herab wie ein tödlicher Kolibri und spuckte dieselbe Anzahl Kämpfer aus.
Jetzt stand es zwanzig gegen drei.
Ein ausgesprochen ungünstiges Kräfteverhältnis.
5:51
Rafael sah auf die Uhr.
Bernd sollte die Lage inzwischen unter Kontrolle haben.
Er spitzte die Ohren, doch in dieser Tiefe war kein Gewehrfeuer zu hören. Außerdem sprudelte die heiße Quelle vor dem Tempel, ergoss sich plätschernd über den Rand des Beckens und bildete Gasblasen, die mit einem vernehmlichen Ploppen platzten.
Rafael eilte mit angehaltenem Atem daran vorbei, gefolgt von Ashanda und dem Mädchen. Seine beiden Leibwächter waren ihnen mehrere Schritte voraus und schirmten sie von den anderen ab.
Der Sigma-Geologe blickte sich zum sprudelnden goldenen Becken um. »Die Erbauer haben die geothermalen Strömungen angezapft. Offenbar befindet sich hier in der Nähe eine Dampfmaschine, die die natürliche Hydraulik des Beckens antreibt.«
Schließlich erlag auch der Geologe seiner Neugier und bestaunte den großen Tempel. Je näher man herankam, desto größer wirkte er, gestützt von goldenen Säulen, die verziert waren mit Kornähren und Maisstängeln, umrankt von blühenden Blumen.
Ob das wirklich ein Nachbau von Salomos Tempel ist?, überlegte Rafe.
Einerseits versetzte die Vorstellung ihn in Erregung, andererseits konnte er das Gefühl unmittelbar drohender Gefahr nicht abschütteln.
Als sie die Treppe zum Portal hochschritten, sagte der Professor: »Salomos Tempel – bisweilen auch Erster Tempel Jerusalems genannt – war das erste religiöse Gebäude, das auf dem Berg Zion errichtet wurde. Den rabbinischen Gelehrten zufolge hat er vier Jahrhunderte überdauert, bis er im sechsten Jahrhundert vor Christus zerstört wurde. Es gab ihn schon zu der Zeit, als die Assyrer die zehn israelitischen Stämme in alle Winde zerstreuten.«
Der alte Mann schwenkte den Arm. »Hier haben sie zu Gott gebetet. Doch der Tempel war auch ein Hort der Erkenntnis und der Wissenschaft. König Salomo wurden magische, übernatürliche Kräfte zugeschrieben. Aber was dem einen als Magie gilt, ist für den anderen Wissenschaft.«
Mit den Gedanken in der Vergangenheit eilte Kanosh die Stufen hinauf. »Vielleicht waren die Tawtsee’untsaw Pootseev Weise in Salomos Diensten und dienten als Mittler zwischen jüdischen mystischen Praktiken und ägyptischer Wissenschaft. Bis sie von den Assyrern vertrieben wurden. Nach ihrer Ankunft in der Neuen Welt haben sie sich bemüht, die Erinnerung an jenen großen Tempel der Religion und Wissenschaft wachzuhalten und haben ihn mithilfe der Bautechniken der Puebloindianer nachgebaut.«
Professor Kanosh wandte sich zum offenen Eingangstor.
»Der erste Raum sollte das Hekhal sein, der heilige Ort«, erklärte Hank.
Durch eine Vorhalle gelangten sie in die erste Kammer. Sie war leer, die Wände gesäumt von Kiefernstämmen mit kunstvoll gearbeiteten Tiertotems: Bär, Elch, Wolf, Schaf, Adler.
»In Salomos Tempel war dieser Raum mit Darstellungen von Cherubim, Blumen und Palmen geschmückt. Die hiesigen Erbauer haben offenbar Charakteristika ihrer neuen Heimat verwendet.«
»Aber der Raum ist leer«, sagte Painter und sah auf die Uhr.
»Ich weiß.« Kanosh wies zur Treppe, die zu einem mit Goldketten verhängten Durchgang hochführte. »Die größten Heiligtümer des Tempels dürften dort zu finden sein. Der Raum wurde Kodesh Hakodashim genannt oder Allerheiligstes. Darin wurde die Bundeslade aufbewahrt.«
Vom Zeitdruck getrieben, eilte Painter die Stufen hinauf. Die anderen folgten ihm. Einer der Leibwächter bot Rafe an, sich bei ihm einzuhaken. Rafe nahm das Angebot an.
Als er Ausrufe des Erstaunens vernahm, humpelte er schneller und rammte den Gehstock auf die Steinplatten, zornig über seine Behinderung. Ashanda ging neben ihm
Weitere Kostenlose Bücher