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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Schwester, Ramona, die in Los Angeles in einem Anwaltsbüro arbeitete.
    »Meine Mutter ist eine reinblütige Indianerin, eine Zapotekin. Mein Vater lernte sie kennen, als er in Oaxaca den Hauptsitz für eine japanische Firma baute. Mexikanische Architekten sind berühmt. Mein Vater war einer der ersten Bauplaner, die Hochhäuser nach dem IB – Intelligent Building – Prinzip konzipierten.«
    »Hast du deswegen begonnen, Architektur zu studieren?«
    »Ja. Mein Vater wünschte, daß ich sein Unternehmen weiterführte. Er hat ein Büro in Mexiko City, ein anderes in Los Angeles. Nach der High-School ging ich zuerst nach New York, aber dort gefiel es mir nicht. Mein Vater hatte in Paris und Barcelona studiert. Er sprach oft davon, wie die wirtschaftliche Situation eines Landes die kulturelle Entwicklung bestimmt.
    Ein Architekt hat seine künstlerische Leistung vollbracht, sobald die Pläne für sein Bauwerk ausgearbeitet sind. Aber solange das Bauwerk nicht steht, ist er nicht wirklich existent. Damit es aber dazu kommt, ist es notwendig, daß der Wohlstand erlaubt, diese Bauten zu errichten. Mein Vater ist auf seinem Gebiet bahnbrechend. Aber seine Ziele konnte er nur auf internationaler Ebene erreichen. Als ich nach Europa wollte, war er sofort einverstanden. Sprachen waren für mich nie ein Problem; ich konnte bereits Englisch, Spanisch sowie die Mundart meiner Mutter, das ›Nahuatl‹. Daß ich den Wertvorstellungen meines Vaters schließlich den Rücken kehrte, ließ sich nicht voraussagen. Es war das Erbe meiner Mutter und symptomatisch für meinen Zustand.«
    Er zeichnete, während er sprach, mit der Gabel Arabesken auf das Tischtuch aus Papier; der Wein machte seine leise Stimme noch leiser, doch selbst im Zwielicht sah ich den weichen Schimmer seiner Augen.
    »Cecilia und ich sind uns sehr ähnlich«, fuhr er fort. »Und nicht nur, was das Äußere betrifft. Was uns verbindet, ist eine besondere Mischung aus Idealismus und Skepsis, einen ebenso leisen wie hartnäckigen Hang zur Anarchie.«
    Ich hob die Brauen.
    »In jedem Fall?«
    Leichtes Grinsen.
    »Die Gelegenheit muß sich bieten.«
    Wir lachten. Er sprach weiter.
    »Cecilia und ich sind der introvertierte Teil der Familie. Man sagt, stille Wasser sind tief. Aber das wurde mir erst später bewußt. Als Rafael – mein Vater – Cecilia begegnete, studierte sie in einer Lehrerbildungsanstalt in ihrem Geburtsort Tehuantepec. Nach dem Abschluß begann sie, Unterricht zu geben. Sie hing mit Leib und Seele an ihrem Beruf. Sie wollte die Welt verändern. Die komplexen soziologischen Fragen Mexikos sah sie mit den Augen einer Utopistin. Sie glaubte, daß man im Kleinen mehr bewirkte. Ihr Leitgedanke war: ›Die Wurzeln arbeiten still unter der Erde, aber daraus wachsen Bäume.‹ Sie entfernte nicht das Kruzifix aus den Schulklassen, wie kommunistisch angehauchte Lehrer es taten, dafür kaufte sie den Kindern Buntstifte, damit sie malen konnten. Sie sprach mit den Bäuerinnen über Empfängnisverhütung und brachte ihnen bei, das Trinkwasser abzukochen. Doch sie liebte Rafael und heiratete ihn. Sie lebten achtzehn Jahre zusammen. Heute ist meine Mutter Lehrerin in einer Dorfschule aus Lehmziegeln, mit Zementboden und uralten Holzbänken.
    Aber ihre Arbeit im Dorf umfaßt verschiedene Aspekte, von denen jeder ebenso wichtig ist wie der Unterricht in Lesen und Schreiben. Sie ist Gemeindevorsteherin, Sekretärin der Kreiskommission, Psychologin, Berufsberaterin. Für sie ist Armut ein Problem, das erklärt und organisiert werden muß, wie jedes andere auch. Politik mag sie nicht, obwohl sie eine Zeitlang – zum Entsetzen Rafaels – in der kommunistischen Partei war.
    Mehr aus Provokation als aus Überzeugung, wie sie mir später gestand.
    Rafael liebt Partys in Nobelhotels, gutes Essen und gute Weine, Vernissagen und elegante Theaterpremieren. Er spielt Tennis und Golf und besitzt eine kleine Hacienda mit fünf Reitpferden. Cecilia lebt in einem Ort, der Suchiapa heißt, unweit der Grenze nach Guatemala. Sie hat keine Badewanne und keine Klimaanlage in ihrer Wohnung. Ihre Fenster sind, zum Schutz gegen Insekten, mit einem Drahtnetz bespannt. Aber sie gehört dahin, ihre Wurzeln liegen dort, am Rande des Urwaldes.«
    »Deine Eltern leben also getrennt?«
    Jetzt schmunzelte er.
    »Ja und nein. Eine Zeitlang hatte sich Cecilia Rafaels aufwendigem Lebensstil angepaßt. Wir wohnten in einem eleganten Penthouse in Acapulco. Meine Eltern gingen viel aus, empfingen

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